Rocker-Hotspot NRW: So steht es um Hells Angels und Co. in Deutschland

Bielefeld. Sie sind Teil der Organisierten Kriminalität, werden mit Drogen, Waffen und Prostitution in Verbindung gebracht und sie bekriegen sich auf offener Straße. Sogenannte Outlaw Motorcycle Gangs (OMCGs) wie die Hells Angels und Bandidos stehen immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Doch wie mächtig sind sie wirklich? nw.de hat in allen Bundesländern nachgefragt, wie es um die Rockerszene steht. Der große Überblick.In Deutschland gibt es neben den Hells Angels und Bandidos mehrere polizeilich relevante Motorradclubs, die im besonderen Fokus der Sicherheitsbehörden stehen: Gremium MC, die Outlaws und die Freeway Riders. Hinzu kommen einige, eher regional vertretene Clubs. In NRW zum Beispiel der Brothers MC (in OWL gibt es eine Abspaltung namens "Brothers Guard MC"), in Bayern der Trust MC. Das Bundeskriminalamt spricht von Hunderten Ortsgruppen und mehr als 8.000 Personen, die der Szene angehören. Insgesamt scheint die Zahl bereits seit Jahren rückläufig zu sein, was an Verboten und Auflösungen der Clubs liegen könnte. NRW bildet mit mehr als 800 Rockern einen Hotspot - denn immerhin fehlen in der Rechnung noch fast 400 Personen aus dem Umfeld der Bandidos, die im vergangenen Jahr in Westdeutschland verboten wurden. Ebenfalls Hotspot: Baden-Württemberg mit gut 1.300 Rockern. Andere Bundesländer wie Hamburg oder Hessen geben aus "ermittlungstaktischen Gründen" keine Zahlen zu Rockern raus. Keine polizeilich relevanten Rocker vermeldet übrigens Bremen: Hier wurden bereits vor einigen Jahren Gruppen der Mongols und Hells Angels verboten - seitdem ist Bremen "rockerfrei". Allerdings ist hier eine Ortsgruppe des "Born to be Wild MCs" ansässig, die zumindest in anderen Ländern als polizeilich relevant betrachtet wird.Ermittelt wird gegen Rocker immer wieder. Vor allem geht es um Gewaltdelikte, doch auch Drogen und Waffen spielen in den Ermittlungsverfahren eine übergeordnete Rolle. Ein Kommissar aus Hessen ergänzt: "Die von Mitgliedern der Rocker- und rockerähnlichen Gruppierungen begangenen Straftaten erstrecken sich auf sämtliche Deliktsbereiche des Strafgesetzbuches." Generell stellte sich auch hier Baden-Württemberg zuletzt als Brennpunkt heraus. In NRW wurde zuletzt mehrfach gegen Rocker im Rahmen der Organisierten Kriminalität ermittelt - dabei ging es neben Drogen, Waffen und Gewalt unter anderem auch um Trickbetrügereien und Autohehlerei. In den vergangenen Jahren waren die Sicherheitsbehörden besonders alarmiert: Denn immer wieder gab es Auseinandersetzungen in der Szene, Menschen starben - Medien sprechen in solchen Situationen vom "Rockerkrieg". So bekriegten sich Hells Angels und Bandidos vor allem in NRW, Norddeutschland und Berlin - und der Konflikt kocht noch immer aus verschiedenen Gründen hoch. In Westdeutschland kam es zudem zu einer Auseinandersetzung zwischen Freeway Riders und Hells Angels. In Leipzig waren es Hells Angels und die rockerähnliche Gruppierung United Tribuns, die sich bekämpften.Apropos rockerähnliche Gruppierungen: In ganz Deutschland haben sich mittlerweile verschiedene - oft nur regionale - Gruppen gebildet, die nicht unbedingt Motorrad fahren, sich aber Erscheinung (wie Kutten, Auftreten und Hierarchie) von den OMCGs angeeignet haben. Vor allem in Baden-Württemberg, Berlin und Norddeutschland sind überregional agierende Gruppierungen wie United Tribuns und Black Jackets aktiv, aber auch viele regionale Gruppen, wie die Umfrage von nw.de unter allen Landeskriminalämtern (LKA) in Deutschland ergab.Ermittler warnen: Ruhige Lage kann schnell kippen Mittlerweile, so zeigt sich, bewerten die Sicherheitsbehörden die Situation in Deutschland entspannter als noch vor wenigen Jahren, als es schon fast regelmäßig zu Verletzten oder sogar Toten bei solchen Rockerkonflikten kam. Das liege zum einen an der Pandemie und den Schutzmaßnahmen, die auch Rocker in ihrem Wirken treffe. Zum anderen aber auch am sogenannten "Kuttenverbot", das Hells Angels, Bandidos und anderen OMCGs das Tragen ihrer Clubzeichen in der Öffentlichkeit untersagt. Doch gleich mehrere LKAs sind sich einig: Die "ruhige" Lage kann sich schnell ändern. Durch das Hinzukommen von neuen Gruppierungen und Gebietsansprüchen könne es schnell wieder zu Spannungen in der Szene kommen, "dir durchaus auch öffentlichwirksam sein können", heißt es etwa aus Berlin und Sachsen-Anhalt. In Niedersachsen spricht das LKA von einem "großen Gefährdungspotenzial".Eine Sprecherin des LKA in NRW sagt: "Grundsätzlich muss weiterhin eine unverändert hohe Gewaltbereitschaft bei allen OMCGs und ihren Mitgliedern unterstellt werden." So werden auch Schusswaffen bei Auseinandersetzungen - auch im öffentlichen Raum - "rücksichtslos zur Durchsetzung der Interessen des eigenen Clubs eingesetzt. Dies geschieht teilweise unter Inkaufnahme einer Gefährdung oder Verletzung von Unbeteiligten", so die Sprecherin weiter.

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