Grüner Minister: Was Landwirte in OWL von Cem Özdemir halten

Bielefeld/Höxter. Die Landwirte der Region sind sich einig: Es ist nicht überraschend, dass das Landwirtschaftsministerium der neuen Ampel-Koalition an die Grünen gehen soll. Die Personalie Cem Özdemir als Bundeslandwirtschaftsminister habe dagegen schon etwas überrascht, sagt Antonius Tillmann, OWL-Bezirksvorsitzender und Kreisvorsitzender Höxter des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands. In der neuen Bundesregierung soll Özdemir, der bei den Grünen zu den sogenannten Realos gehört, das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung leiten. Mit der Personal-Entscheidung sind die Landwirte zufrieden, doch die Erwartungen an den ehemaligen Bundesparteivorsitzenden der Grünen sind hoch. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien werde mit Blick auf die Landwirtschaft viel versprochen, sagt Tillmann. Und daran werde er gemessen. "Das oberste Ziel muss es sein, dass Landwirtschaft und Tierhaltung in Deutschland erhalten bleiben." Schon jetzt sei die deutsche Landwirtschaft international nicht mehr wettbewerbsfähig, die Preise am Schweinemarkt derzeit katastrophal. "Wir erwarten eine Stärkung der bäuerlichen Familienbetriebe und ein gesichertes Einkommen", sagt Tillmann. Landwirte fordern Planungssicherheit Ein wichtiges Stichwort sei dabei die Planungssicherheit, die der Koalitionsvertrag der Landwirtschaft verspricht. "Wir entwickeln unsere Tierhaltung weiter", sagt der Landwirt aus Höxter. Aber durch lange Planungs- und Abschreibungszeiten gebe es große Unsicherheiten bei den Investitionen. Etwas enttäuschend findet Tillmann es daher, dass die Borchert-Kommission, ein Kompetenznetzwerk aus Politikern, Wissenschaftlern sowie Landwirtschafts- und Naturschutzverbänden, das Empfehlungen zur Nutztierhaltung erarbeitet hat, im Koalitionsvertrag nicht erwähnt wird. Das findet auch Hermann Dedert, der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Kreisverbands Herford-Bielefeld. Die Haltungsformen müssten sich verändern, und mit der Herkunftskennzeichnung greife die Politik eine Forderung der Landwirtschaft auf. Damit auch in Zukunft die Nutztiere in Deutschland geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und vermarktet werden können. "Da können wir mit einem grünen Minister vorankommen, denn nur vor Ort können wir Tierschutz garantieren", sagt Dedert. Aber es müsse für die Landwirte finanziell zu stemmen sein und der Koalitionsvertrag lasse bei der Honorierung durch Marktteilnehmer viel Interpretationsspielraum. Bedenken beim Thema Pflanzenschutz Ebenfalls Bedenken haben die Landwirte beim Thema Pflanzenschutz. In der Vergangenheit seien die Grünen oft die Partei der Verbote und Verordnungen gewesen, sagt Dedert. Er befürchtet, dass es in Zukunft mehr Schutzgebiete in Deutschland geben könnte. "Aber wir brauchen den chemischen Pflanzenschutz", sagt Tillmann. Chemische Pflanzenschutzmittel sollten daher weiterentwickelt werden. "Der Staat hat sich aus der Forschung zurückgezogen und sie der Wirtschaft überlassen." Dabei könne die Forschung zur Weiterentwicklung beitragen. Denn die Wähler wollen eine Veränderung sehen, da ist sich Tillmann sicher: "Wir können das Artensterben nicht wegdiskutieren und darum sollten wir uns fragen, was können wir besser machen?" Insgesamt herrsche im Bauernverband Aufgeschlossenheit. "Wir wollen gucken, was da geht." Die Landwirte erhoffen sich konstruktive Gespräche mit Özdemir. "Ich schätze ihn als zugänglich ein, als jemand, der zuhört", sagt Tillmann. "Den Landwirten wird eine Verantwortung zugeschrieben und der wollen wir uns auch stellen", sagt Dedert. "Wir wollen uns am Klimaschutz beteiligen und einen Beitrag zur CO2-Minderung leisten." Dabei hoffen die Landwirte auf eine gute Kooperation mit dem neuen Landwirtschaftsminister. Um so vor allem auch jungen Landwirten wieder eine Perspektive zu bieten und sowohl Tierhaltung als auch Ackerbau in Deutschland zu halten. "Denn mit jedem Familienbetrieb geht auch ein Stück Biodiversität verloren", sagt Tillmann.

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