Hohe Corona-Risiken für ungeimpfte Schwangere und damit die Säuglinge

Bielefeld. Die vierte Corona-Infektionswelle rollt über Deutschland und die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen nimmt stetig zu. Eine Gruppe, die dabei besonders in den Fokus der Mediziner rückt, sind Schwangere. In Großbritannien machen die meist ungeimpften Frauen bereits 20 Prozent der Intensiv-Patienten aus. Ein Szenario, das laut dem deutschen Arzt Christian Karagiannidis, der im Podcast "Coronavirus-Update" des NDR zu Wort kommt, auch in Deutschland zu befürchten sei. Den Medizinern in den Kliniken in Ostwestfalen ist das erhöhte Risiko um Schwangere während der Corona-Pandemie bewusst. Derzeit ist die Lage allerdings längst nicht so kritisch wie in Großbritannien. Sowohl im Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld als auch im Sankt Elisabeth Hospital in Gütersloh und in den Mühlenkreiskliniken werden aktuell noch keine schwangeren Frauen auf der Intensivstation behandelt, wie die Sprecher mitteilten. Hospitalisierungen von Schwangeren gebe es aber schon und auch Todesfälle seien aus anderen Kliniken bekannt. Sechsfach erhöhtes Risiko Offizielle Zahlen, wie viele schwangere Frauen auf den Intensivstationen liegen, kann auch das Intensivregister, das die Auslastung der Intensivbetten überwacht, nicht liefern. Eine entsprechenden Aufzeichnung sei in Arbeit, teilt ein Sprecher mit. Bisher sei die Abfrage aus rechtlichen Gründen jedoch nicht möglich. Das Risiko, mit einer Corona-Infektion auf der Intensivstation zu landen, sei für eine schwangere Frau um ein Sechsfaches höher, als bei anderen Corona-Patienten, erklärt Philipp Soergel, Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Johannes Wesling Klinikum in Minden. Dort befinden sich aktuell zwei schwangere Covid-Patientinnen in Behandlung. Bei einer von ihnen verschlechtere sich der Zustand zusehens, sodass auch sie bald intensiv behandelt werden müsse. In den vergangenen Wochen habe es bei schwangeren Corona-Patientinnen bereits Notentbindungen per Kaiserschnitt gegeben. Corona-Infektion führt zu Präeklampsie "Sowohl für die Frauen als auch für das Ungeborene ist eine Infektion mit dem Coronavirus eine heikle Angelegenheit", sagt Soergel. "Wenn die Frau an Corona erkrankt ist, kann kaum der eigene Körper ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, ein ungeborenes Baby bedeutet dann noch eine zusätzliche Belastung." Besonders häufig trete in diesem Zusammenhang die sogenannte Präeklampsie auf, eine Schwangerschaftsvergiftung. "Das Tückische ist, dass das auch bei asymptomatischen Corona-Krankheitsverläufen passieren kann." Welche langfristigen Auswirkungen eine Covid-Erkrankung während der Schwangerschaft auf die ungeborenen Kinder hat, könne niemand sicher sagen. "Wir gehen aber davon aus, dass die Kinder ein erhöhtes Herzinfarkt-, Bluthochdruck- oder Schlaganfall-Risiko haben". Das Risiko einer Fehlgeburt sei bei einer Corona-Infektion der Mutter ebenfalls um ein Vierfaches erhöht und auch Totgeburten habe es in anderen Kliniken in den vergangenen Wochen häufiger gegeben, berichtet Soergel. Impfung der Mutter schützt Säuglinge Die Impf-Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Schwangere gilt erst seit September und auch erst ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft. Das sei Grund, warum viele Schwangere noch keinen vollständigen Impfschutz haben oder gar ungeimpft sind, vermutet Soergel, der eine Corona-Schutzimpfung für schwangere Frauen empfiehlt. Der Mediziner spricht sich außerdem dafür aus, dass auch Frauen mit Kinderwunsch sowie stillende Mütter sich impfen lassen sollten. "Das geht auch direkt nach der Entbindung." So wie eine geimpfte Schwangere die gebildeten Antikörper dem Ungeborenen über die Plazenta weitergibt, funktioniere das auch über die Muttermilch. Säuglinge könnten so vor einer Infektion geschützt werden, die bei Babys zwar meistens mit schwächeren Symptomen verläuft, "aber wenn ein Neugeborenes schon nur zwei Tage weniger trinkt, kann das schlimme Folgen haben", mahnt Soergel. So wie andere Mediziner appelliert er an die Frauen, sich impfen zu lassen. "Es gibt keine Studie, die eine negative Auswirkung auf das ungeborene Kind belegt, der Impfstoff gelangt auch nicht über die Plazenta an das Kind." Und so könne eine Entwicklung wie in Großbritannien verhindert werden.

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