Start in der Charité Erste Kliniken bieten Corona-Drittimpfungen an

Berlin/Bielefeld. Ab September plant die Bundesregierung Auffrischungsimpfungen für Risikogruppen, um insbesondere alte und kranke Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. Noch ist dafür jedoch keiner der vier Corona-Impfstoffe, die in Europa eingesetzt werden, zugelassen. Zudem liegt auch noch keine Empfehlung der ständigen Impfkommission vor. Erste Kliniken in Deutschland impfen ihr Personal jedoch bereits zum dritten Mal gegen das Coronavirus. So bietet die Berliner Charité ihren über 60-jährigen Angestellten, deren Impfung mindestens sechs Monate zurückliegt, seit dem 4. August Auffrischungsimpfungen an. Auch in OWL hoffen viele Menschen auf eine Auffrischung ihres Impfschutzes, doch noch warten Kliniken sowie auch die Landesregierung in NRW ab. Auch in Krankenhäusern in der Region besteht Interesse an einer Auffrischung des Impfschutzes: &bdquo;Das ist auf jeden Fall Thema in der Belegschaft, aber wir warten zum einen die Zulassung der Impfstoffe sowie die Stiko-Empfehlung ab und zum anderen auch die Ergebnisse weiterer Studien zur Notwendigkeit einer Auffrischungsimpfung", erklärt Intensivmediziner Achim Röper, leitender Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Klinikum Bielefeld. &bdquo;Sollte es eine Empfehlung für das Gesundheitspersonal geben, wird es auch ein Angebot für die Belegschaft geben." Auch die Mühlenkreiskliniken im Kreis Minden-Lübbecke machen das Angebot für Auffrischungsimpfungen von Zulassung und Empfehlung abhängig. &bdquo;Wir wissen durch mehr als 3.000 Antikörpertests, dass die Impfungen der Mitarbeiter sehr gut gewirkt haben, da sie alle einen hohen Impfschutz aufweisen", erklärt Sprecher Christian Busse. &bdquo;Sollten weitere Tests zeigen, dass der Impfschutz abnimmt, werden wir reagieren." Besucher in Impfzentren wünschen sich Auffrischungsimpfungen Auch in den Impfzentren in OWL gibt es großes Interesse an Auffrischungsimpfungen, doch anbieten können die Teams den Booster bislang nicht. Die Stiko-Empfehlung sowie die Zulassung des Impfstoffs sind nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums Voraussetzung für Auffrischungsimpfungen im Land. Ziel sei aber, dass auch nach der Schließung der Impfzentren im September durch mobile Teams weiterhin Impfungen in Pflegeeinrichtungen und sozialen Brennpunkten möglich gemacht werden sollen. Ein Konzept dazu liegt laut Ministerium aber noch nicht vor. &bdquo;Wenn Auffrischungsimpfungen bereits vereinzelt in Kliniken oder Arztpraxen praktiziert werden, dann handelt es sich dabei um eine Off-Label-Anwendung mit Verlagerung der Haftung auf den Anwender", erklärt der ärztliche Leiter des Impfzentrums im Kreis Lippe, Ludger Böhlen. Zudem warnt der Mediziner vor dem unnötigen Schüren von Ängsten vor einem unzureichendem Impfschutz. &bdquo;Alle verfügbaren Impfstoffe schützen auch weiterhin vor schweren Neuinfektionen. Außerdem gibt es noch keine verlässliche Datenlage zum Effekt ungezielter Drittimpfungen." Der Impfschutz hält, kann jedoch nachlassen Studien aus dem Ausland zeigen, dass der Impfschutz trotz Ausbreitung der Delta-Variante hält, jedoch nachlassen kann. Eine Untersuchung der Universitätsklinik Ashdod in Israel macht deutlich, dass das Risiko für sogenannte Durchbrucherkrankungen mit Alter und Komorbidität steigt. In Israel wurden 60,5 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Im Einsatz ist der Impfstoff von Biontech/Pfizer. Durchbrucherkrankungen treten laut Studienautor Tal Brosh-Nissimov jedoch extrem selten auf. Bei 5,7 Millionen Israelis, die bereits über einen vollständigen Impfschutz verfügen, wurden lediglich 300 Durchbrucherkrankungen registriert. Doch wenn sie auftreten, können sie schwer verlaufen, vor allem bei Senioren und bei Menschen mit Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herzschwäche, Lungen- und Nierenerkrankungen und Krebs. Studie: Delta-Variante führt zu schwereren Krankheitsverläufen Zudem zeigen Daten des israelischen Gesundheitsministeriums, dass die Wirksamkeit der Impfung seit der Ausbreitung der Delta-Variante nachlässt. Demnach schützt die Impfung zu 93 Prozent vor schweren Erkrankungen, jedoch nur noch zu 64 Prozent vor einer Infektion und vor einer Erkrankung mit leichten Symptomen. Eine Analyse der amerikanischen Seuchenschutzbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Zwar schützen Impfungen trotz Ausbreitung der Delta-Variante zu 90 Prozent vor schweren Erkrankungen, doch insgesamt führt die Delta-Variante im Vergleich zu früheren Varianten zu schwereren Krankheitsverläufen. Zudem ist laut CDC der Schutz vor einer Erkrankung mit leichten Symptomen sowie vor einer Infektion gesunken. Damit steige das Risiko, dass Geimpfte das Virus genauso stark weitergeben können wie Ungeimpfte. Die Behörde vergleicht die Ansteckung mit der von Windpocken. In den USA sind 48,2 Prozent der Bevölkerung geimpft. Im Einsatz sind die Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson. "Bilder aus Bergamo wiederholen sich in Südamerika und Afrika" Mit Blick auf mögliche Auffrischungsimpfungen, die in Israel bereits seit Wochen angeboten werden, stellt sich nach Angaben der WHO jedoch auch die Frage nach der weltweiten Impfstoff-Verteilung, da viele Länder ihrer Bevölkerung entweder noch gar keine und nur sehr wenige Impfungen anbieten konnten. &bdquo;Das ist ein wichtiger humanitärer Aspekt. Erstimpfungen in ärmeren Ländern sollten Vorrang vor Premium-Drittimpfungen in wohlhabenden Ländern haben, denn die schrecklichen Bilder aus Bergamo vom Frühjahr 2020 wiederholen sich heute in den Metropolen Südamerikas und Afrikas. Nur sehen wir sie nicht."

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