Rechte Strukturen in OWL: Extremisten sammeln sich in Parteien und Vereinen

Bielefeld. Ostwestfalen-Lippe bietet verschiedenen rechten und rechtsextremen Gruppen, Parteien oder Personen ein Zuhause. Wir nehmen die Szene genauer unter die Lupe. In mehreren Teilen beleuchtet nw.de das rechte bis extrem rechte Spektrum in der Region - wie zum Beispiel gestandene Neonazis. Zumindest der aktionsorientierten rechtsextremistischen Szene in OWL werden vom NRW-Verfassungsschutz bis zu 50 Personen zugerechnet. Doch wer steckt dahinter? In der deutschen Neonazi-Szene ist sie die wohl bekannteste Frau: Ursula Haverbeck. Mehrfach wurde die Über-90-Jährige aus Vlotho (Kreis Herford) verurteilt, weil sie den Holocaust leugnete. Noch immer laufen an verschiedenen deutschen Gerichten Verfahren gegen sie. "In der Neonaziszene hat sie den Status einer Ikone", urteilt der Verfassungsschutz. Haverbeck für "Die Rechte" zur Europawahl Ebenfalls in Vlotho ansässig war der Verein Collegium Humanum, in dem sich Rechtsextreme und Holocaustleugner versammelten und vernetzten. Ursula Haverbeck saß dem Verein bis zum Verbot im Jahr 2008 vor. Einige weitere Ex-Mitglieder leben noch immer in der Region - und haben sich laut Verfassungsschutz kaum von ihrer Ideologie distanziert. Haverbeck gründete zudem auch den geschichtsrevisionistischen "Verein Gedächtnisstätte", der mittlerweile seinen Sitz von Vlotho ins thüringische Guthmannshausen verlegt hat, wo sich noch immer deutsche Holocaustleugner treffen. Gerade während ihrer Haftzeit erfuhr Haverbeck große Solidarität aus rechtsextremen Kreisen, vor allem von der Partei "Die Rechte", für die Haverbeck 2019 gar zur Europawahl antrat. In Bielefeld organisierte die Partei, deren aktueller Bundesvorsitzender der Ex-Bielefelder Sascha Krolzig ist, mehrere Demonstrationen unter dem Motto "Freiheit für Ursula". Krolzig und "Die Rechte" sind vor allem in Dortmund aktiv, auf dem sogenannten "Nazi-Kiez" im Stadtteil Dorstfeld, der allerdings immer mehr auseinander zu brechen scheint. Krolzig verbüßt aktuell eine Haftstrafe, die allerdings bald enden könnte. Überschneidungen zu Neonazi-Gruppen Zudem gibt es in NRW einige Kreisverbände der Partei, darunter in OWL. Hier tummeln sich verschiedene rechtsextreme Personen aus Ostwestfalen sowie den umliegenden Regionen - wenngleich der NRW-Verfassungsschutz aktuell (abgesehen von den Haverbeck-Demos) von wenig Aktivität spricht. Allerdings: Im vergangenen Jahr haben Mitglieder der Partei am 8. Mai - dem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges und damit der NS-Herrschaft - ein Kriegerdenkmal in Bielefeld besucht, um "nationalistische Erinnerungspolitik zu betreiben". Und verschiedene Personen aus dem Umfeld der Partei werden immer wieder bei Aufmärschen oder Demonstrationen gesichtet, wie zum Beispiel bei Demos gegen Corona-Maßnahmen. Personelle Überschneidungen gibt es bei der Partei laut NRW-Verfassungsschutz zudem zu kleineren Neonazi-Gruppen aus der Region, wie "Nationalisten Kreis Gütersloh", "Nationale Sozialisten Harsewinkel" und "Mindener Jungs", die aber 2020 und 2021 nicht öffentlich präsent gewesen seien. Auf Fotos, die von linken Kreisen in sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, sind Mitglieder der kleinen Gruppen zum Beispiel mit entsprechenden Bannern bei Neonazi-Aufmärschen zu sehen. "Division Ostwestfalen" neu auf dem Schirm Als eine weitere rechtsextreme Gruppe ist die "Division Ostwestfalen" zu nennen, die vor kurzem für Aufsehen sorgte. Denn unter den Personen, die beispielsweise bei Corona-Protesten oder einer Demonstration der rechtsextremen Partei "III. Weg" aufgefallen sind, sollen sich auch Reservisten der Bundeswehr aus Bielefeld befinden. Die Protagonisten der "Division" fallen durch entsprechende Bekleidung - meist ein schwarzer Hoodie - auf. Der "III. Weg" hatte zeitweise ebenfalls eine Ortsgruppe in der Region, bestehend aus Neonazis aus dem Raum Ostwestfalen und dem benachbarten Niedersachsen. Doch der sogenannte "Stützpunkt Hermannsland" hat sich mittlerweile wieder aufgelöst. Als weitere bekannte Neonazi-Partei ist die NPD mit einem Kreisverband in der Region vertreten, der jedoch kaum in Erscheinung tritt. Auch in sozialen Medien sind kaum Aktivitäten festzustellen. "Road Crew" fällt nicht mehr auf In OWL vernetzt war die NPD allerdings mit dem Kreisverband der Partei "Die Rechte". Gemeinsam bildeten sie laut NRW-Verfassungsschutz das Bündnis "Unser OWL". Der Zusammenschluss war bis 2016 aktiv, personelle Überschneidungen gab es auch dabei zum Beispiel zu den "Nationalisten Kreis Gütersloh". Aufgefallen sind die Mitglieder etwa durch Flugblattaktionen sowie einer "Mottofahrt gegen Einwanderung" durch westfälische Städte. Zudem wurde mindestens eine rechtsextreme Musikveranstaltung von den Mitgliedern im April 2016 in der Region organisiert. Lange Zeit eine der bekanntesten rechtsextremen Gruppen der Region dürfte die "Road Crew OWL" gewesen sein. Ursprünglich stammt die Gruppierung aus Düsseldorf und war ein Fanclub der inzwischen inaktiven Band "Barking Dogs". Ähnlich wie bei Rockern gründeten sich jedoch auch sogenannte Chapter - also Ortsgruppen - in anderen Regionen. Darunter in OWL. Genauer: Im Kreis Lippe. Die "Road Crew OWL" hatte ihr Clubhaus unter anderem im ehemaligen Bahnhofsgebäude in Lage-Ehlenbruch. Hier fanden unter anderem Rechtsrock-Konzerte sowie Treffen der hiesigen Neonazi-Szene statt. Zum Beispiel mit der rechtsextremen Hooligan-Band "Kategorie C". Interessant: Ein offenbar von der "Road Crew OWL" organisiertes Konzert mit der Band im Jahr 2009 im Clubhaus eines Rockerclubs in Bielefeld-Brake wurde von der Polizei verhindert. Vernetzt war die "Road Crew OWL" generell offenbar gut in der ostwestfälischen Rocker-Szene, vor allem mit den Freeway Riders, die mittlerweile ihr Chapter nach Bad Salzuflen verlegt haben. Die "Road Crew OWL" scheint mittlerweile aber inaktiv. Von der Bielefelder Polizei heißt es, die Gruppe sei strafrechtlich bereits länger nicht mehr in Erscheinung getreten. Weiter HDJ-Lager in Lippe? Gleiches gilt auch für den ostwestfälischen Ableger der rechtsextremen Kleinstpartei "Pro-NRW" sowie für diverse Freie Kameradschaften, die in verschiedenen Teilen Ostwestfalens in Erscheinung getreten sind. "Einige der früher diesen Gruppe zugeordneten Personen sind jedoch weiter politisch aktiv, in dem sie zum Beispiel an Versammlungen rechtsextremistischer Organisationen im Bundesgebiet teilnehmen", heißt es vom Bielefelder Staatsschutz. Neben Aktivisten in Vereinen, Parteien oder Organisationen sind verschiedene Einzelpersonen in der rechtsextremen Szene Ostwestfalen-Lippes bekannt, die teils aber auch in der Szene vernetzt sind. Darunter zum Beispiel ehemalige Funktionäre der verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) mit einem Standpunkt im Kreis Lippe. Offenbar haben aber auch weiterhin Veranstaltungen mit Kindern im Stile der HDJ im Raum OWL stattgefunden. Bundesweit gab es verschiedene Gruppen der HDJ, in denen sich zum Teil auch "Prominente" der rechten Szene tummelten. Zum Beispiel Andreas Kalbitz, der wegen seiner HDJ-Mitgliedschaft aus der AfD flog. Ein weiteres Beispiel: Im Internet kursieren Bilder von Nils A., Paderborner Gründer der Identitären Bewegung in Deutschland, im HDJ-Anzug. Die HDJ-Funktionäre aus dem Kreis Lippe sind nach wie vor in der rechtsextremen Szene aktiv, zum Teil aktiv bei den Corona-Protesten.

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