Flut-Katastrophe im Westen

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Ist OWL ausreichend vor plötzlichem Hochwasser geschützt?

Was, wenn Werre, Weser oder Else über die Ufer treten würden? Eine Bestandsaufnahme.

Mareike Köstermeyer
19.07.2021 | 20.07.2021, 12:57

Die Flut-Katastrophe hält Deutschland in Atem. Während vor Ort einige der stark betroffenen Gebiete noch immer unter Wasser stehen, starten in anderen Teilen bereits die Aufräumarbeiten. Es ist die schlimmste Flutkatastrophe in Deutschland der vergangenen 100 Jahre und lässt die Menschen fassungslos zurück.

Das Unwetter-Tief "Bernd" bewegte sich nur sehr langsam vorwärts und richtete so verheerende Schäden an. Experten sind sich sicher, auch in Ostwestfalen-Lippe wäre so eine Katastrophe möglich gewesen. Wie der Lübbecker Meteorologe Friedrich Föst sagt, die Höhentiefdruckgebiete, die für solche punktuellen Wassermassen verantwortlich sind, bleiben unvorhersehbar. Und in Zukunft könnten sich diese Wetterphänomene häufen.

OWL setzt auf Rückhaltebecken

Das ist auch den Städten und Kommunen in OWL bewusst. Schon lange gibt es im Kreis Paderborn, im Kreis Herford oder im Kreis Gütersloh ein Hochwasser-Management. Die Experten vor Ort setzten vor allem auf Rückhaltebecken entlang der großen Gewässer. Alleine im Kreis Paderborn gibt es 17 Stück - 27 stehen insgesamt in der Verantwortung des Verbands Obere Lippe, der in den Kreisen Paderborn und Soest für das Hochwasser-Management zuständig ist.

Die 27 Rückhaltebecken fassen ein Volumen von 80.000 bis 1,5 Millionen Kubikmetern und sollen überall in der Region rund um Paderborn den Hochwasserschutz gewährleisten.

Keine akute Hochwassergefahr

Auch im Kreis Herford gibt es mehrere Flüsse, die während heftiger Regenfälle zur Gefahr werden könnten. Der größte von ihnen ist die Werre, die, wie der Löhner Gewässer-Experte Ralf Ilsemann weiß, zahlreiche Zuflüsse aus Bielefeld und Lippe hat. Doch auch die Werre ist mit zahlreichen Rückhaltebecken ausgestattet, sodass man davon ausgeht, dass keine aktue Hochwassergefahr besteht.

Einig sind sich die Experten jedoch auch, dass wenn ein Wetter-Phänomen wie das in der vergangenen Woche in Teilen von NRW und in Rheinland-Pfalz, OWL heimsuchen würde, auch hier die Städten und Gemeinden nicht gänzlich verschont blieben.

Gefahr ergibt sich aus Fließgeschwindigkeit

"Orte im Flachland wie Schloß Neuhaus, wo Alme, Lippe und Pader zusammenfließen, sind inzwischen gut geschützt", sagt Volker Karthaus, der Geschäftsführer vom Wasserverband Obere Lippe. Ähnlich sieht die Topographie hinterm Wiehengebirge im Kreis Minden-Lübbecke aus. "Gefährlich könnte es aber in Mittelgebirgslagen werden, wo kleine Bäche keinen Platz haben, sich auszubreiten und zu reißenden Gewässern werden", meint Karthaus: "Diese Gefahr ergibt sich aus der Fließgeschwindigkeit und auch den Gegenständen, die dann darin mitgerissen werden. Dagegen kann man sich nicht umfassend schützen."

Einen absoluten Schutz vor einer Flut-Katastrophe gibt es also nicht. Es bleibt davon abhängig, wo genau und mit welcher Wucht extreme Regenfälle herunterkommen. Dennoch hat auch OWL in den vergangenen Jahren einiges für den Hochwasserschutz getan. Neben zahlreicher Wasserrückhaltebecken wurden außerdem Renaturierungsmaßnahmen begonnen, sodass Flüsse sich wieder ausbreiten können, wenn sie zu viel Wasser führen und es nicht zu reißenden Sturzfluten kommt.

Beinahe genauso entscheidend ist jedoch auch, ob die Warnsysteme funktionieren, wie die Erfahrungen im Ahrtal, in Erftstadt oder in Rheinland-Pfalz gezeigt haben. Der Deutsche Wetterdienst warnte drei Tage vorher vor einer extremen Unwettersituation, Dörfer und Gemeinden hätten frühzeitig evakuiert werden können. Es spielen also viele Faktoren eine Rolle, will man Katastrophen wie dieser künftig wirksam entgegentreten.