Streit um Sprachprüfungen: Schüler aus OWL klagen gegen das Land

Detmold/Münster. Um zugewanderten Schülern den Start in ihr neues Leben etwas einfacher zu machen, besteht gesetzlich die Möglichkeit, eine Prüfung in der Muttersprache als Ersatz für Englisch abzulegen. Davon haben in der Vergangenheit viele Schüler profitiert, vor allem Russlanddeutsche. In NRW wird diese Möglichkeit jedoch in internationalen Förderklassen eingeschränkt. Die Folge: Schüler erhalten trotz fehlender Vorkenntnisse und nur wenigen Unterrichtsstunden eine Note in Englisch, meistens eine 5, müssen häufig eine Klasse wiederholen und kommen nicht über einen Hauptschulabschluss hinaus. Gegen diese Praxis kämpfen aktuell allein in Detmold fünf Berufskollegsschüler vor Gericht. Drei von ihnen haben nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Minden nun vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in der Sache Recht bekommen. In Minden muss nun erneut ein Urteil gefällt werden, das Auswirkungen auf Tausende Schüler haben könnte. In dem Beschluss stellt das OVG Münster klar, dass die Klagen der drei jungen Männer aus Syrien und Guinea auf Zulassung zur sogenannten Sprachfeststellungsprüfung in ihrer Muttersprache als Ersatz für Englisch vom VG Minden zu Unrecht abgelehnt wurden. Deshalb bestehe für die Kläger auch Anspruch auf Prozesskostenhilfe, die für viele Schüler, insbesondere für Zugewanderte, die einzige Möglichkeit darstellt, um überhaupt klagen zu können. Urteil könnte vielen Schülern zu ihrem Recht verhelfen Als fehlerhaft bewertet das OVG auch die Begründung der Bezirksregierung Detmold für die Ablehnung der Anträge auf Sprachfeststellungsprüfung, auf die sich das VG in seiner Ablehnung beruft. Die Bezirksregierung hatte erklärt, dass die Schüler sprachintegriert sind, weil sie über zwei Jahre Englischunterricht hatten und deshalb nicht auf die Sprachfeststellungsprüfung als Ersatz für Englisch angewiesen sind. Tatsächlich waren die Schüler jedoch nicht sprachintegriert, weil sie lediglich ein Jahr Englischunterricht hatten. Mit dem Beschluss ist nun der Weg frei für die Klagen der Schüler vor dem VG Minden. &bdquo;Das OVG hat dem VG in seinem ausführlichen Beschluss genaue inhaltliche Vorgaben gemacht, die nun in Minden umgesetzt werden müssen", erklärt der Anwalt der Schüler, Burkhard Zurheide. &bdquo;Da jedoch nicht nur meine Mandanten daran gehindert werden, eine Sprachfeststellungsprüfung als Ersatz für Englisch abzulegen, kann das Urteil wegweisend für die derzeitige Praxis in den Schulen in NRW sein." Das Urteil könnte laut Zurheide zu einer Grundsatzentscheidung beitragen. &bdquo;Das ist wichtig, damit zugewanderten Schülern auf ihrem Bildungsweg nicht länger Steine in den Weg gelegt werden." "Schüler werden nicht über ihre Rechte informiert" Darauf hofft auch die Detmolder Flüchtlingshelferin Petra Thewes, die den Kläger aus Guinea bis zu seinem 18. Geburtstag als Vormund betreut hat. &bdquo;Wenn die gesetzliche Möglichkeit einer Sprachfeststellungsprüfung für Migranten als Ersatz für Englisch besteht, sollte sie auch von allen genutzt werden können, die sich das wünschen. Aktuell ist es aber so, dass viele Schüler in internationalen Förderklassen gar nicht über ihre Rechte informiert werden." So werden beispielsweise Antragsformulare in den Schulen nicht ausreichend verteilt, mit der Begründung angeblicher Erfolglosigkeit. Eine reine Arbeitsvermeidungsstrategie der Schulaufsicht, moniert ein Klassenlehrer, der nicht genannt werden möchte. Die Folge: Die Schüler, die Deutsch als neue Sprache lernen, und darin auch in allen anderen Fächern unterrichtet werden, erhalten zusätzlich eine Note im Fach Englisch, was automatisch dazu führt, dass sie keine Sprachfeststellungsprüfung mehr ablegen dürfen. &bdquo;Danach beginnt ein Teufelskreis, weil die Schüler innerhalb kürzester Zeit nicht nur Deutsch, sondern auch Englisch als neue Sprache lernen müssen", weiß Thewes. "Diese Praxis behindert die Integration" Die Detmolderin kann nicht nachvollziehen, warum zugewanderten Schülern der sowieso schon schwierige Weg zu einem Schulabschluss zusätzlich erschwert wird. &bdquo;Diese Praxis behindert die Integration." Für ihren Schützling hofft Thewes, dass das Urteil des VG Minden dazu führen wird, dass er die gewünschte Sprachfeststellungsprüfung in Französisch als Ersatz für Englisch noch ablegen kann. &bdquo;Er beginnt bald eine Ausbildung und auch in der Berufsschule wird Englisch wieder ein Problem." Die Bezirksregierung erklärt auf Anfrage, dass der Beschluss des OVG aktuell geprüft wird, und verweist auf die Voraussetzung für die Zulassung zur Sprachfeststellungsprüfung. Demnach können Schüler, die die Sekundarstufe I nicht von Beginn an besucht haben und nicht in das Fremdsprachenangebot der Schule eingegliedert werden konnten, an einer Sprachprüfung in ihrer Muttersprache teilnehmen, statt Englischkenntnisse nachzuweisen. Doch in der Praxis, sieht es oft anders aus.

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