Paderborner Klinik muss 1,2 Millionen Euro zahlen

Paderborn. Einen beschwerlichen und nicht selten zermürbenden Weg durch die Instanzen hatten die Eltern eines schwerstbehinderten Mädchens zu gehen. Jetzt fand er vor dem Paderborner Landgericht ein vorläufiges Ende. Nachdem die Justiz bereits 2016 festgestellt hatte, dass die unzähligen Einschränkungen der mittlerweile Zwölfjährigen auf einen Behandlungsfehler kurz nach ihrer Geburt zurückzuführen sind, legte die Kammer jetzt fest, dass das Paderborner St. Vincenz Krankenhaus rund 1,2 Millionen Euro an die Familie zahlen muss. &bdquo;Es war ein langer, harter Kampf, der jetzt hoffentlich zu Ende ist. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Ich kann daher nicht ausschließen, dass es noch weiter geht", sagte der Fachanwalt für Medizinrecht, Nikolaos Penteridis, der die Familie vertritt. Das Krankenhaus erklärte gegenüber nw.de: &bdquo;Das Schicksal des Mädchens und der Familie geht auch den Mitarbeitern und Verantwortlichen der St. Vincenz-Krankenhaus GmbH nahe. Dass sich die Rechtsstreitigkeiten dieses Falles so lang hingezogen und damit die ganze Familie schwer belastet haben, bedauern wir sehr." Schwere Handicaps hätten vermieden werden können Insgesamt drei Gutachter hatten im Laufe der Jahre festgestellt, dass die schwersten Handicaps des Mädchens hätten vermieden werden können. Kurz nach der Geburt im Jahr 2008 war zwar eine Unregelmäßigkeit an der Herzschlagader bei dem Frühchen erkannt, aber nicht weiter untersucht worden. Hier hätte ein Spezialist zurate gezogen werden müssen. Kurze Zeit später kam es zu einem Herzstillstand. Zwar gelang eine Wiederbelebung und die Ursachen, zwei Verengungen der Herzschlagader, konnten behoben werden. Doch die mangelnde Durchblutung des Gehirns hatte zu lange angehalten, so dass es zu schweren geistigen und körperlichen Behinderungen kam. Das Kind ist rund um die Uhr auf Pflege angewiesen. "Es ging nur noch um die Höhe der Zahlungen" Nach dem vergeblichen Versuch einer außergerichtlichen Einigung reichte die Familie 2012 Klage ein. 2016 entschied das Landgericht Paderborn zugunsten der Kläger. 2019 bestätigte das Oberlandesgericht Hamm dieses Urteil. Einen angekündigten Gang vor den Bundesgerichtshof zog das Krankenhaus zurück. &bdquo;Damit war die Frage der Schuld geklärt. Es ging nur noch um die Höhe der Zahlungen", erklärt Anwalt Penteridis. An dieser Stelle hätte die Versicherung des Krankenhauses bereits Abschlagszahlungen leisten sollen, verweigerte das jedoch und reagierte zunächst gar nicht auf Aufforderung des Rechtsanwalts. Dieses sogenannte &bdquo;verzögerte Regulierungsverhalten" berücksichtigte das Gericht jetzt verschärfend, so dass es in seinem Urteil noch über die zunächst geforderte Summe der Kläger hinaus ging. &bdquo;Ein Signal an alle Versicherungen", findet Penteridis. "Um Betroffene angemessen entschädigen zu können, sind Krankenhäuser gegen solche Behandlungsfehler versichert", erklärt Josef Düllings, Hauptgeschäftsführer der St. Vincenz-Krankenhaus. "Dies führt jedoch auch dazu, dass die Versicherung und die Rechtsanwälte der Versicherung das Verfahren voll umfänglich bestimmen." Man habe keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Rechtsstreit gehabt. Für die Familie sei das Urteil eine Genugtuung, verkündet der Anwalt: &bdquo;Die Eltern waren zwischenzeitlich kurz davor, aufzugeben. Sie konnten die Briefe, in denen alles in Abrede gestellt wurde, nicht mehr lesen. Jetzt ist viel Anspannung von ihnen abgefallen." "Eine Delfin-Therapie hat einen vorübergehenden Erfolg gebracht" Die Eltern, so beschreibt es Nikolaos Penteridis, setzen sich emotional und körperlich voll für die aufwendige Pflege ihrer Tochter ein. Sogar eine kostspielige Delfin-Therapie haben sie wahrgenommen. &bdquo;Die hat einen vorübergehenden Erfolg gebracht", erzählt der Anwalt. Die zu zahlende Summe setzt sich aus Schmerzensgeld (630.000 Euro), Schadenersatz (52.000 Euro) und den bisher geleisteten Pflegekosten (278.000 Euro) zusammen. Zudem kommen nach Schätzungen des Anwalts 200.000 bis 250.000 Euro Zinsen hinzu. Geld, das in den Jahren teilweise vorgestreckt wurde und dringend benötigt wird. Vonseiten des Krankenhauses kam jetzt noch eine verheißungsvolle Botschaft: "Wir wünschen der Familie aufrichtig alles Gute und dass sie nach Abschluss des Verfahrens nun Frieden finden kann", betont Josef Düllings und stellt klar: "Wir erwarten keine weiteren Rechtsschritte des Versicherers." Es könnte also tatsächlich das Ende eines zermürbenden Weges sein.

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