Wie der Verfassungsschutz jetzt gegen Querdenken vorgehen kann

Bielefeld. Der Verfassungsschutz beobachtet Teile der Querdenken-Bewegung. Es ist zudem durchaus möglich, dass auch der NRW-Verfassungsschutz ähnliche Schritte einleiten wird. Was bedeutet das für die Akteure und welche Auswirkungen hat der Schritt? Laut Innenministerium kann die Bewegung keinem der bisher bekannten Phänomenbereiche wie etwa Rechtsextremismus, Linksextremismus oder Islamismus zugeordnet werden. Daher habe der Verfassungsschutz eine neue Kategorie geschaffen – sie nennt sich "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates". Die neue Kategorisierung ermögliche sowohl eine Bearbeitung als Verdachtsfall als auch als erwiesen extremistische Bestrebung. Heimlich Informationen beschaffen Bei einem Verdachtsfall sieht der Verfassungsschutz gewichtige Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen. Damit kann das Bundesamt Betroffene unter strengen Voraussetzungen systematisch beobachten und heimlich Informationen beschaffen, etwa durch Observation oder die Anwerbung von Informanten. Die Überwachung von Telefonaten zum Beispiel muss aber genehmigt werden. Wenn sich der Verdacht für den Verfassungsschutz zur Gewissheit erhärtet, folgt die Einstufung als erwiesen extremistische Bewegung. In einigen Bundesländern steht die Querdenken-Bewegung bereits im Fokus – wie beim entsprechenden Landesamt in Baden-Württemberg. In NRW beobachtet die Behörde die Bewegung allerdings noch nicht offiziell, schreibt aber mit Blick auf NRW: "Die Protestbewegung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen vernetzt sich immer stärker und radikalisiert sich weiter." Und: "Aufgrund der zunehmenden Radikalisierung wird der Verfassungsschutz die demokratiefeindlichen und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen innerhalb dieser Bewegung beobachten. Dazu ist zum Beispiel das Verhalten der 'Corona-Rebellen Düsseldorf' und der Querdenken-Bewegung in Nordrhein-Westfalen maßgeblich." Vernetzung mit Rechtsextremen Hier gehe es aber nicht nur um die Betrachtung einzelner Gruppierungen - sondern es müssen laut Verfassungsschutz alle entsprechenden Gruppierungen in den Blick genommen werden. "Sie vernetzen sich untereinander und teilweise auch mit Rechtsextremisten und es kommen immer wieder neue Personen und Gruppen hinzu. Diese Gruppierungen eint aber, dass sie mit ihrem Verhalten den Staat und die Legitimität seiner Maßnahmen in Frage stellen." Das dürfte heißen, dass Teile der Querdenken-Bewegung auch in NRW bald unter Beobachtung stehen könnten. Eine Bestätigung dafür gibt es vom NRW-Innenministerium aber nicht. So hat der NRW-Verfassungsschutz bereits vor geraumer Zeit darauf hingewiesen, dass bei manchen Demos gegen die Corona-Demos etwa zehn Prozent der Teilnehmer rechtsextrem oder Reichsbürger sind, die laut Behörde auch versuchen, ihre Ideologie zu vermitteln und "salonfähig zu machen" – wenngleich die meisten Teilnehmer aus dem "bürgerlichen Spektrum" stammen. Querdenken auch in OWL aktiv Zudem stellen die Verfassungsschützer fest, dass im Bundesland immer häufiger Corona-Leugner den Sprachgebrauch der Rechtsextremisten nutzen. "Zum Beispiel wird die Berufung auf ein vermeintliches Widerstandsrecht teilweise verknüpft mit der Propagierung von Gewalt." Die böse Vermutung des NRW-Verfassungsschutzes: "Es muss damit gerechnet werden, dass die aktuelle Anti-Corona-Bewegung sich jederzeit auch ein anderes Vehikel suchen kann, um die ablehnende Haltung gegenüber Staat und demokratisch legitimierten Einrichtungen und Institutionen auszudrücken." Querdenken stammt ursprünglich aus Stuttgart, hat sich allerdings schnell bundesweit verbreitet. Nach eigenen Angaben der Bewegung soll es 19 Initiativen in NRW geben, darunter auch in OWL: In Herford, Minden, Porta-Westfalica und Detmold. Die NRW-Gruppen unterhalten etwa 45 Kanäle oder Gruppen auf dem Messengerdienst Telegram. Den Gruppen gehören etwa 7.000 Profile an, die Kanäle haben 3.000 Profile abonniert – Doppelmitgliedschaften sind allerdings wahrscheinlich.

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