Heftiger Wetterumschwung in OWL macht dem Körper zu schaffen

Bielefeld. In Ostwestfalen-Lippe hält der Frühling ein erstes Zwischenspiel. Vom Wochenende bis Mitte kommender Woche klettern die Temperaturen auf bis zu 20 Grad. Im Vergleich zur vergangenen Woche beträgt der Temperaturunterschied damit mancherorts bis zu 40 Grad. Quasi in Wochenfrist kann Wintermantel gegen T-Shirt getauscht werden. Doch was macht das mit den Körpern der noch frostgeschüttelten Menschen? Die körperlichen Prozesse beschreibt Hans-Werner Kottkamp, Chefarzt der zentralen Notaufnahme am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB), so: "Die körpereigene Heizung, die uns im Winter am Leben hält, muss jetzt umgestellt werden." Ist es kalt, versucht der Körper die Wärme an sich zu halten. Die kleinen Blutgefäße in Fingern, Ohren und Zehen sind dann zusammengezogen, so Kottkamp. Bei höheren Temperaturen weiten sich die Blutgefäße, um Wärmeaustausch zu ermöglichen und Überhitzung zu vermeiden. Dadurch sinkt der Blutdruck. Das Herz wird mehr gefordert. Gerade für ältere Menschen, deren Kreislauf durch Vorerkrankungen geschwächt ist, kann das zu einer großen Belastung werden, sagt der Chefarzt. Im Extremfall könne Ohnmacht die Folge sein. Kopfschmerzen und Schwindel sind weitere Symptome. Besonders betroffen seien außerdem wetterfühlige Menschen und solche, die ohnehin einen niedrigen Blutdruck haben. Die Bielefelder Hausärztin Uta Groger empfiehlt ihnen, morgens nicht zu schnell aufzustehen. Reaktionen auf das Wetter sind sehr individuell Für eine vorverlegte Frühjahrsmüdigkeit durch den gesenkten Blutdruck ist es aber laut Andreas Matzarakis, dem Leiter des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes (DWD), noch zu früh. Die stelle sich erfahrungsgemäß erst Mitte März ein. Und für Hausärztin Uta Groger ist die Rede von der Frühjahrsmüdigkeit nicht nur zu früh. Sie hält insgesamt nicht viel davon. "Im Frühjahr hat man die Frühjahrsmüdigkeit, im Sommer ist es heiß, im Herbst wird es dunkel und im Winter ist es dunkel", sagt Groger. Demnach gebe es in jeder Jahreszeit Grund, sich müde zu fühlen. Überhaupt seien die Reaktionen von Menschen auf das Wetter stets sehr individuell, sagt Medizin-Meteorologe Matzarakis. Sie hingen etwa ab vom allgemeinen Gesundheitszustand und sonstigen Belastungen wie Schlafmangel oder Stress. Zudem ziehe sich der Temperaturanstieg über Tage hin - von einem Sprung könne daher keine Rede sein. Mit großen gesundheitlichen Problemen rechne er insgesamt nicht. Deswegen erwartet auch Chefarzt Kottkamp keinen gravierenden Anstieg von Notfallpatienten, die unter den Wetterfolgen leiden. Probleme mit dem Kreislauf sollten jedoch im Zweifel mit einem Arzt besprochen werden, um Herz-Rhythmus-Störungen und andere schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen. Mit Sonnenlicht gegen depressive Verstimmungen Wichtig sei laut Hausärztin Groger jetzt, viel rauszugehen - und das ganzjährig. So lasse sich die Temperaturanpassung des Körpers trainieren und aktiv gegen das Gefühl von Müdigkeit vorgehen. Dadurch setzen sich die Menschen auch stärker dem Sonnenlicht aus. Die Folge: Glückshormone wie Serotonin werden vermehrt ausgeschüttet. Sie regen zur Aktivität an, vertreiben depressive Verstimmungen und Abgeschlagenheit. Doch so groß der neu erwachte Tatendrang auch ist: Mit seinem Körper sollte man noch etwas Nachsicht haben. "Für die Seele ist der Wetterumschwung super, der Körper hinkt noch etwas hinterher", sagt Groger. So könne sich bei Gartenarbeit und Fahrradtour der Trainingsrückstand aus den Wintermonaten bemerkbar machen. Achtung ist auch bei der Kleiderwahl geboten, sagt Kottkamp. Er empfiehlt das "Zwiebelprinzip": Zunächst mehrlagig kleiden und bei Bedarf Schicht um Schicht ausziehen, um für den Wettergenuss nicht mit einer Verkühlung zu bezahlen. Keinen großen Genuss erwartet Allergiker in den kommenden Sonnentagen. Denn laut dem Lübbecker Meteorologen Friedrich Föst sind vor allem Haselnuss- und Erlenpollen unterwegs. Regen, der die Luft sauber spülen könnte, sei derweil nicht in Sicht.

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