Gefahr durch Rocker laut BKA weiter hoch - NRW ist Brennpunkt

Bielefeld. Das Bundeskriminalamt (BKA) ist gewarnt: Im Jahr 2019 wurden den Ermittlern etwa 8.800 Mitglieder polizeilich relevanter Rockergruppierungen gemeldet, heißt es auf Anfrage von nw.de. Dazu zählen Clubs wie die Hells Angels oder die Bandidos. Die Gefahrenlage ist unverändert hoch, meint ein Experte. Bundesweit zählten die Ermittler 663 Chapter (Ortsgruppen, bei den Hells Angels heißen diese Charter). Mehr als zwei Drittel der Ortsgruppen lassen sich den großen Rockergruppen Hells Angels, Bandidos, Gremium und Outlaws sowie deren Unterstützergruppierungen (zum Beispiel Red Devils und Chicanos) zuordnen. Im Vergleich zum Jahr habe sich die Zahl der Mitglieder sowie der Chapter und Charter nur geringfügig verringert. Betrachtet man einen längeren Zeitraum, seien die Zahlen jedoch auf einem annähernd gleichbleibenden Niveau. Dementsprechend naheliegend, dass sich die Zahl auch 2020 nur geringfügig verändert. 2.000 Rocker in NRW Besonders NRW gilt als Hotspot in Sachen Rocker. Im Juli teilte das Landeskriminalamt mit, dass hier aktuell etwa 2.000 Rocker gezählt werden. Auch in OWL sind verschiedene Rockerclubs ansässig. Neben den Hells Angels (Bielefeld) auch die Freeway Riders und die Brothers (beide Kreis Lippe). Zuletzt wurde zudem im Kreis Paderborn ein sogenanntes Hangaround-Chapter der Bandidos öffentlich gemacht. Der Club zählt nicht offiziell zu den Bandidos, könnte in Zukunft jedoch zu einem Mitglied werden. Im Mehrjahresvergleich rückläufig hingegen ist die Zahl in Sachen Rockerkriminalität. 2019 wurden mehr als 200 Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder von Hells Angels, Bandidos und Co. geführt. Dabei wurden mehr als 400 Tatverdächtige registriert. In NRW waren es in diesem Zeitraum 58 Verfahren. Experten warnen allerdings immer wieder vor einer hohen Dunkelziffer in diesem Bereich. Eine Warnung Der Leiter der Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität im BKA Stefan Michel sagt: "Das kriminelle Potenzial der Rocker- und rockerähnlichen Gruppierungen sowie die damit verbundene Gefährdungslage sind unvermindert hoch." Als rockerähnliche Gruppierungen zählen Clubs, die zwar nicht zwangsläufig Motorrad fahren, aber über die Erscheinung und die Struktur starke Gemeinsamkeiten mit Rockern aufweisen. Bekannt geworden ist vor einigen Jahren der Boxclub Osmanen Germania. Vor allem türkische Nationalisten sollen sich dort gesammelt haben. Mittlerweile ist der Club in Deutschland verboten. Über ein Fortbestehen des Clubs oder einzelner Chapter gibt es beim BKA keine Hinweise. Warum Kutten aus der Öffentlichkeit verschwinden Das Verbot der Osmanen Germania war jedoch nicht das erste innerhalb der Szene: So wurden beispielsweise mehrere Charter der Hells Angels, Chapter der Bandidos oder des Gremium sowie der gesamte Rockerclub Satudarah von der Regierung dicht gemacht. Durch solche Verbote einzelner Ortsgruppen ist es den ganzen Rockerclubs in Deutschland durch ein verschärftes Vereinsgesetz mittlerweile verboten, ihre Logos und Symbole (zum Beispiel auf der Kutte) in der Öffentlichkeit zu tragen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom "Kuttenverbot". Rocker scheinen also immer mehr von der Bildfläche verschwunden zu sein. Und auch gewalttätige Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit - wie beispielsweise der blutige "Rockerkrieg" von mit mehreren Toten vor mehreren Jahren (ungefähr von 2007 bis 2012) - sind laut Michel zurückgegangen. Allerdings sei der Rückgang vor allem auf den anhaltend hohen Verfolgungsdruck der Behörden zurückzuführen. Dass es generell ruhiger innerhalb der Szene geworden ist, bezweifeln Experten dennoch. Zuletzt warnten Ingo Wünsch, Chef des NRW-LKA, sowie Oliver Huth vom Bund deutscher Kriminalermittler gegenüber nw.de davor, dass Rocker oder Clans auch in Corona-Zeiten aktiv sind. Immer wieder wird bundesweit über Zwischenfälle oder Straftaten mit Rockerbezug berichtet. Zuletzt gab es etwa in Norddeutschland eine Großrazzia gegen einen Club. Dass sich in Deutschland aktuell eine neue Rockergruppe oder rockerähnliche Gruppierung ausbreitet, ist dem BKA nicht bekannt.

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