Die digitale Chance für die Schulen

Kreis Herford. Was bleibt nach den Gesprächen mit den Schulleitern über die beschleunigte Digitalisierung in Erinnerung: viel Atemnot, unbändige Eigeninitiative und restlose Hoffnung. Gefühlt sei in einem halben Jahr der Not-Digitalisierung während der Pandemie mehr passiert, als in den vergangenen letzten zehn Jahren. Gunnar Woltering ist ehrlich: "Wir sind landesweit 15 Jahre hinterher", sagt der Schulleiter des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in Bünde. Und Theresa Nolte aus Herford spricht von der Pandemie als "Härtefall“. &bdquo;Wir haben Kollegen, die sind ein Jahr vor der Pensionierung“, sagt die Schulleiterin der Radewig Grundschule. Einige der Kollegen hätten im vergangenen halben Jahr sozusagen ein weiteres (digitales) Referendariat durchlaufen. Doch die Frage, die sie umtreibt: Wem bringt diese rasante Entwicklung genau was? Und was bleibt?. &bdquo;Als ich im Januar an die Schule kam, war die Schule noch nicht besonders digital. Dann kam der Lockdown.“ Seitdem haben Lehrer, Schüler und Kinder eine umfassende Medienkompetenz erlernt. Nolte und Woltering stellen stellvertretend für die beteiligten Gruppen die Frage: Wie kriegen wir das alles langfristig in das Lernsystem eingebunden? Schule vor der Pandemie Die Wahrnehmung der digitalen Zustände vor der Pandemie: Schulen dümpeln irgendwo im Spannungsfeld zwischen politischen Lippenbekenntnissen (IPads für alle), hypermodernen Smartphones in den Händen der Schüler und konservativen Universitätsausbildungen der Lehramtsstudenten vor sich hin. Woltering geht mit den Zuständen hart ins Gericht. &bdquo;Die Schule hat nicht selten den Bezug zur Lebenswelt der Schüler verloren. Schüler nutzen soziale Medien umfänglich. Das bedeutet aber nicht automatisch auch eine höhere Medienkompetenz. Und in der jetzigen Ausbildung wird digitale Ausbildung, vor allem digitale Didaktik, immer noch stiefmütterlich behandelt.“ Schule in der Pandemie Die Pandemie hat einen Digitalisierungsschub veranlasst. &bdquo;Während des Lockdowns und auch danach haben wir uns mehr denn je mit dem digitalen Lernen auseinandergesetzt.“ Doch warum musste erst ein Härtefall eintreten? Weil es überall hakt, sagt Gunnar Woltering. &bdquo;Das ist halt typisch deutsch. Wir wollen nicht aus Fehlern lernen, man will lieber grundsätzlich Fehler vermeiden. So können wir aber nicht daraus lernen. Es fehlt vielen der Mut.“ Ein praktisches Beispiel. Woltering war Lehrer am Gymnasium am Waldhof in Bielefeld. Der Versuch seinen Schul-PC von Zuhause anzusteuern scheiterte immer wieder an den Sicherheitsbestimmungen. Das blieb auch in Bünde zunächst so, wo er vor gut vier Jahren anfing. Erst als die Pandemie ein massives Umdenken erforderte, waren überbordende Sicherheitsbedenken plötzlich überholt – über Nacht war der Zugriff von extern möglich. Erste Ansätze des digitalen Lernens Die Zukunft soll ein Zusammenspiel von Präsenzunterricht und inhaltlichem digitalen Lernen sein. Theresa Nolte und ihre Kollegen haben zu Beginn der Pandemie angefangen mit Videoschalten und Unterrichtsmaterial aus den Fenstern herauszugeben. Heute haben sie mit der Plattform Logineoogineoogineoogineoogineo eine Cloud für Unterrichtsmaterial, ein eigenes Lernmanagement und einen Messenger. "Das muss alles bedient werden. Die letzte Woche in den Ferien haben wir uns zusammengesetzt und gelernt wie das funktioniert. Denn die mitgegebenen Tutorials waren zum Teil völlig unverständlich. Darum haben wir kurzerhand eigene Erklärvideos gemacht." Digitalisierung ist Mehrwert Nolte sieht die aktuelle Digitalisierung als Mehrwert. "Langfristig kommen wir in andere Unterrichtsfähigkeiten. Aber klar ist - wir brauchen digitale Didaktik." Woltering ergänzt, dass man einen effektiven und sinnvollen Einsatz digitaler Medien nicht von heute auf morgen erlerne. "Auch nicht im Fach Informatik, das ab dem Schuljahr 2021/22 verpflichtend an allen Gymnasien eingeführt werden soll. Man erlernt ihn durch ständiges Anwenden und eigenes Erproben über viele Jahre. Wenn Schüler und Schülerinnen Endgeräte auf Grundlage des 4K-Modells, also Kollaboration, Kommunikation, Kreativität und Kritisches Denken nutzen, dann werden sie am Ende gestärkt und erfolgversprechend in ihr Berufsleben starten können."

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