So geht es nach der künstlichen Beatmung weiter

Kreis Lippe. Menschen unter künstlicher Beatmung: Das gehört in diesen Corona-Zeiten zu den realen Bildern aus Krankenhäusern der Welt. Für die Betroffenen ist es mitunter ein langer Weg, wieder selbstständig atmen zu lernen. Sie auf diesem schwierigen Weg zu begleiten, ist das erklärte Ziel im Weaning-Zentrum des Klinikums Lippe. Gerade hat diese Spezialeinheit erstmals eine Zertifizierung erhalten. &bdquo;Weaning" heißt auf Deutsch &bdquo;Entwöhnung", das heißt, es geht darum, behutsam das eigene Atemzentrum in Gang zu bringen. Wer auf die klassische Weise intubiert ist, steht unter Sedierung, erklärt Chefarzt Dr. Maik Brandes. &bdquo;Die Patienten, die uns zugewiesen werden, kommen in der Regel bereits beatmet bei uns an und schlafen tief." Denn der Körper hat Reflexe, mit denen er bei vollem Bewusstsein gegen den Fremdkörper ankämpfen würde. Nach Transplantationen, aber auch nach Covid-19-Erkrankungen, werden die Menschen nach Lemgo überwiesen, das ist ein &bdquo;internistischer Riesenkomplex", sagt Brandes. Luftröhrenschnitt ist die "sanfteste" Methode &bdquo;Wir versuchen, möglichst die Sedierung zu reduzieren, aber auf behutsame Weise." Das funktioniere am besten per Luftröhrenschnitt. &bdquo;Das hört sich für viele Menschen so brachial an, aber es ist tatsächlich die sanfteste Methode, jemanden wieder in die Selbstbestimmung zurück zu bringen." Denn in dem Moment, wo ein Patient extubiert wird und die Beatmung über die Luftröhre am Hals fortgesetzt wird, kann er langsam wieder anfangen, zu sprechen – und am Ende auch wieder Flüssigkeit und Nahrung zu sich nehmen. &bdquo;Wir versuchen, den Körper so viel wie möglich selbstständig machen zu lassen", erläutert Dr. Brandes. &bdquo;Dazu gehört auch, so schnell wie möglich alles rauszuziehen, was keine Miete zahlt", sagt er schmunzelnd. Das gilt beispielsweise für den Urin: &bdquo;Wenn ein Patient einen Katheter hat, haben die Pflegekräfte es natürlich leichter, als immer mit der Bettpfanne zu hantieren. Doch das nehmen wir gern in Kauf, wenn es bedeutet, dass er ein Stück Selbstbestimmtheit zurück bekommt. Je schneller die Körperfunktionen unabhängig werden, desto besser." Bei seiner Einlieferung wird jeder Patient im Klinikum buchstäblich auf Herz und Nieren geprüft, hier wird nicht per Aktenlage, sondern nach ausführlicher Diagnostik entschieden, betont Dr. Brandes. Entwöhnung kann bis zu einem Monat dauern Die künstliche Beatmung abschalten, und der Körper reagiert dann schon – so einfach funktioniert es nicht. &bdquo;Wenn jemand monatelang unter Sedierung beatmet wurde, leidet er unter massivem Muskelschwund. Wir müssen ganz langsam trainieren, um die Atempumpe wieder herzustellen, so dass das Zwerchfell wieder seine Arbeit aufnimmt, das geht nicht von jetzt auf gleich." Bei Covid 19-Patienten, die dem Klinikum Lippe von anderen Häusern zur Entwöhnung geschickt werden, könne das schon mal einen ganzen Monat dauern. Und es funktioniert auch nur, wenn die Betroffenen aktiv mitarbeiten: &bdquo;Der Patient hat ja monatelang nur da gelegen, und muss motiviert werden, wieder vom 2-D-Modus in den 3-D-Modus zurückzukehren." Das ist anstrengend und jedes Mal eine echte Herausforderung. All das bedarf intensiver Betreuung, zwei Mal am Tag werden die Muskeln passiv und aktiv von Physiotherapeuten trainiert, spezielle Atemtherapeuten kümmern sich im Lemgoer Klinikum. Entsprechend sieht hier der Personalschlüssel auch anders aus als in anderen Bereichen des Klinikums.

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