Gefährder im Blick: Was die Zentralstelle für Terrorismusbekämpfung macht

Düsseldorf. Als die Zentralstelle für Terrorismusbekämpfung in Nordrhein-Westfalen (ZenTer NRW) Anfang April 2018 eingerichtet wurde, war dies eine Reaktion auf den Fall Anis Amri. Der tunesische Terrorist hatte bei einem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 zwölf Menschen getötet und 67 verletzt. Obwohl er als islamistischer Gefährder eingestuft war und quer durch Deutschland den Ermittlungsbehörden immer wieder auffiel, war er ihnen durchs Netz geschlüpft, und der Anschlag konnte nicht verhindert werden. Zwölf Staatsanwälte rund um die Uhr erreichbar Für Terrorismus-Ermittlungen und Gefährder-Beobachtung ist jetzt zentral die Stelle zuständig, die der NRW-Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf zugeordnet ist. Mit ihrer landesweiten Zuständigkeit löste sie die bisherigen drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften in NRW ab. Zwölf Staatsanwälte sind bei ZenTer NRW tätig und rund um die Uhr erreichbar. ZenTer ist immer dann zuständig, wenn der Generalbundesanwalt in Karlsruhe nicht selbst ermittelt. Insgesamt hat die Zentralstelle bereits mehr als 900 Ermittlungsverfahren geführt. Dass die Behörde dennoch wenig bekannt sei, habe gute Gründe, so NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU): &bdquo;Diskretion ist für eine Ermittlungsbehörde, die sich auf Terrorismus spezialisiert hat, besonders wichtig." Dennoch hat ZenTer auch im Vorfeld einer Reihe spektakulärer Terrorverfahren, die später von der Bundesanwaltschaft übernommen wurden, wichtige Vorarbeit geleistet. Beispielsweise beim Zugriff auf eine tadschikische Gruppe islamistischer Terroristen, die durch die Verhaftung ihrer Mitglieder im April dieses Jahres zerschlagen wurde. Auch gegen die Mitglieder des rechtsterroristischen Gruppe S., die im Februar 2020 ausgehoben werden konnte, hatte die Zentralstelle zuvor ermittelt. 660 Gefährder im Blick ZenTer habe gegen die Ehefrau des sogenannten Kölner Rizin-Bombers ermittelt, die einen Anschlag geplant habe, gegen eine algerische Sklavenhalterin des IS und wegen des Messerattentats eines islamistischen Täters in Stolberg bei Aachen am Tag der Kommunalwahl. Auch im Fall des am Wochenende in einem Regionalzug entdeckten Sprengsatzes ermittelt ZenTer, berichtete ihr Chef, leitender Oberstaatsanwalt Mark Caspers. Seit ihrer Gründung hat die Zentralstelle rund 660 Gefährder im Blick gehabt. Als Gefährder gelten Personen, bei denen auf Grund von Anhaltspunkten damit zu rechnen ist, dass sie künftig terroristische Gewalttaten begehen. Aktuell stünden auf der Liste von ZenTer 200 Gefährder, die dem islamischen Terrorismus (IS, Taliban, Al Quaida, Boko Haram, Al Shabab und andere) zugeordnet würden, 25 der rechten Szene, einer der linken und zehn ausländischen Terrorgruppen wie der kurdischen PKK, den Tamil Tigers aus Sri Lanka oder der marxistisch-leninistischen Untergrundgruppe DHKP-C aus der Türkei. Die Zentralstelle ist für alle Ermittlungsverfahren gegen diese Gefährder zuständig. Die Bandbreite der Delikte reiche von einfachen Straftaten wie Straßenverkehrsdelikten und Ladendiebstählen über Rauschgiftkriminalität, Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz bis hin zu Kapitaldelikten wie Mord und Totschlag. ZenTer ist auch für die "Betreuung" von Gefährdern zuständig Seit 2018 wurden 480 Verfahren mit terroristischen Hintergrund geführt, die eine Hälfte davon wegen Mitgliedschaft in oder Bildung einer terroristischen Vereinigung, die andere Hälfte wegen Vorbereitung einer &bdquo;schweren staatsgefährdenden Straftat". 50 Haftbefehle habe die Stelle bislang erwirkt, berichtet Caspers. 18 konnten bislang noch nicht vollstreckt werden, weil sich die Gesuchten möglicherweise in der Krisenregion Syrien/Irak aufhalten – wenn sie denn überhaupt noch leben. Zwar gebe es vergleichbare Zentralstellen auch in anderen Bundesländern, erläuterte Biesenbach, doch nirgendwo sonst in Deutschland sei diese Zentralstelle auch für die &bdquo;Betreuung" von Gefährdern zuständig. Das Gefährder-Management sei inzwischen das größte Betätigungsfeld von ZenTer NRW.

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