Leer stehende Betten bringen Kliniken in OWL in Finanznot

Bielefeld/Berlin. Die Krankenhäuser in Deutschland haben sich im Eiltempo auf die Behandlung von Covid-19-Patienten vorbereitet. Die Kliniken haben innerhalb weniger Wochen Isolierstationen geschaffen, Intensivkapazitäten aufgestockt, Labore ausgebaut, Beatmungsgeräte gekauft und Ärzte und Pflegekräfte aus dem Ruhestand geholt, um auch eine steigende Zahl von schwer kranken Covid-19-Patienten bestmöglich behandeln zu können. Den gestiegenen Investitionen stehen jedoch sinkende Einnahmen gegenüber, denn die Krankenhäuser haben alle planbaren Operationen abgesagt. Die Folge: Durch die vielen leer stehenden Betten fällt ein Großteil der Einnahmen weg. Mitunter bringt das Kliniken trotz des Rettungsschirms der Bundesregierung in finanzielle Schwierigkeiten, auch in OWL. In zwei Wochen stehen die Gehaltszahlungen für Tausende Beschäftigte in der Kliniklandschaft in OWL an. &bdquo;Ein Teil der Krankenhäuser wird nicht in der Lage sein, die Löhne mit eigenen Mitteln zu zahlen", erklärt Georg Rüter, Geschäftsführer des Franziskus Hospitals Bielefeld, des Mathilden Hospitals Herford und des Sankt Vinzenz Hospitals Rheda-Wiedenbrück. Um genau solche Liquiditätsprobleme zu verhindern, hat die Bundesregierung einen Rettungsschirm für die Krankenhäuser in Deutschland geschaffen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte vor einem Monat, dass kein Krankenhaus wegen der Krise schließen muss. Doch offenbar kommt das Geld nicht so schnell wie erhofft, wie mehrere Kliniken in OWL bestätigen. Umrüstung einer Normalstation kostet pro Platz 130.000 Euro Die Krankenhäuser kritisieren den Rettungsschirm zudem als zu komplex und bürokratisch. Außerdem steht nach Angaben der Krankenhäuser im Kreis Paderborn noch nicht fest, ob die Einnahmeverluste durch die von der Politik geforderte Absage aller elektiven Eingriffe wie versprochen durch den Schutzschirm ausgeglichen wird. Besonders kritisch bewerten Kliniken die Finanzierungshilfen für zusätzliche Intensivplätze. Laut dem kaufmännischen Direktor des Brüderkrankenhauses St. Josef in Paderborn, Siegfried Rörig, kostet die Umrüstung einer Normalstation zu einer Intensivstation pro Platz circa 130.000 Euro. Ausgeglichen werden jedoch nur 50.000 Euro für die Beschaffung zusätzlicher Beatmungsgeräte. &bdquo;Damit werden den Krankenhäusern, die in dieser Form aufrüsten, nicht einmal 40 Prozent der tatsächlichen Kosten erstattet", moniert Rörig. Auch zusätzliche Kosten wie die Investition in einen Sicherheitsdienst, Erlösausfälle in Cafeterien, Kosten der Umstrukturierungen oder zusätzliche Schulungen werden laut Rörig finanziell nicht ausgeglichen. Ob die staatliche Finanzhilfe ausreicht, ist unklar Am Beispiel des St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn wird deutlich, welche Dimensionen die Erlösausfälle derzeit haben können. Die Klinik setzt nach Angaben von Hauptgeschäftsführer Josef Düllings monatlich 13,8 Millionen Euro um, der Erlösausfall liegt bereits jetzt bei fünf Millionen Euro. Ob die staatlichen Hilfen diese Verluste ausgleichen, ist laut Düllings völlig unklar. Diese Einschätzung teilen auch die katholische Hospitalvereinigung Weser-Egge mit vier Kliniken im Kreis Höxter sowie die Mühlenkreiskliniken (MKK) mit sechs Standorten im Kreis Minden-Lübbecke. &bdquo;Der finanzielle Ausgleich wird zwingend benötigt, um die Löhne unserer 5.000 Mitarbeiter zu bezahlen, Schutzausrüstungen zu besorgen, Arzneimittel zu erwerben und Beatmungsgeräte und Intensivplätze einzurichten. Ob der finanzielle Ausgleich am Ende kostendeckend ist, wird sich jedoch erst im Nachhinein zeigen", erklärt MKK-Sprecher Christian Busse. 560 Euro als Tagespauschale für jedes leer stehende Bett Der Bielefelder Gesundheitsökonom Wolfgang Greiner kann die Sorgen der Krankenhäuser verstehen, da die Tagespauschale von 560 Euro, die der Staat jedem Krankenhaus als Tagespauschale für jedes Bett zahlt, das aufgrund der Corona-Krise leer steht, nicht für jede Klinik auskömmlich ist. Greiner verweist aber auch auf die nötige Kontrolle bei der Verteilung der Mittel. &bdquo;Ein gewisses Maß an Kontrolle muss es auch bei einem Rettungsschirm geben, denn nicht jedes leeres Krankenhausbett ist wegen der Corona-Krise nicht belegt. Es darf keinen Anreiz für leere Betten geben." Zudem geht Greiner davon aus, dass Krankenhäuser in Zusammenarbeit mit ihren Hausbanken kurzfristige Liquiditätsprobleme überbrücken können. &bdquo;Ich weiß, dass sich Banken aktuell schwer tun, aber die Ausgleichszahlungen sind ja vom Staat garantiert. Diesen Zusammenhang sollten Banken erkennen." Bundesregierung hält weitere Zahlungen für möglich Zudem verweist Greiner auf die Ankündigung der Bundesregierung, die in dem Gesetz zum Rettungsschirm festgeschrieben hat, dass nach der Krise geprüft wird, ob die Hilfszahlungen ausreichend waren. &bdquo;Ein Nachsteuern ist also möglich. Doch auch hier muss genau geprüft werden, welche Erlösausfälle auf die Corona-Krise zurückzuführen sind." Während der Krise wird in der Krankenhauslandschaft auch die Kritik an der Finanzierung über Fallpauschalen, dem sogenannte DRG-System, lauter. &bdquo;Aktuell müssen wir uns nicht nur medizinisch vorbereiten, sondern zur Finanzierung zusätzlich hohe Anforderungen des bürokratischen Fallpauschalen-Systems erfüllen. An dieser Stelle hätten wir uns, wie von der deutschen Krankenhausgesellschaft gefordert, eine deutlich unbürokratische Lösung gewünscht", erklärt die Sprecherin der katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge, Isabell Waschkies. Gesundheitsökonom plädiert für eine Novellierung des DRG-Systems Auch Gesundheitsökonom Greiner plädiert nach der Krise für eine Novellierung. &bdquo;Das DRG-System sollte anders aufgebaut werden, damit Kliniken nicht mehr den Anreiz haben, möglichst viele Fälle zu produzieren, sondern auch für die Vorhaltung von Ressourcen finanziert werden." Die Kalkulation sollte laut Greiner auf Abteilungsebene passieren. &bdquo;Jede Abteilung sollte neben Fallpauschalen eine Grundfinanzierung erhalten, jedoch unabhängig von der Fallzahl, um Unterfinanzierungen wie in der Pädiatrie künftig zu vermeiden."

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