Isolation ist für psychisch Erkrankte besonders hart

Bielefeld. Viele Deutsche bemerken dieser Tage, wie anstrengend es sein kann, in den eigenen vier Wänden festzustecken. Denn egal ob im Homeoffice, in Isolation oder gar in Quarantäne: Zu viel Zeit zuhause kann psychisch anstrengend sein – besonders bei Menschen mit psychischen Vorerkrankungen wie einer Depression. &bdquo;Für Menschen mit einer Depression ist es sehr viel schwieriger, sich auf eine neue Situation einzustellen", sagt Ulrich Hegerl. Er ist Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. "Depressive Menschen nehmen Negatives verstärkt wahr. Eine Situation wie der Corona-Krise ist für sie natürlich besonders belastend. Dazu kommt, dass Menschen durch die viele Freizeit auch viel mehr Zeit fürs Grübeln und für negative Gedanken haben. Ihnen fehlt oft Antrieb und Hoffnung. Jedes Telefonat ist für sie eine Herausforderung. Für sie kann die Isolation drastische Folgen haben. "Meine größte Sorge ist, dass die therapeutische Versorgung von depressiven und psychisch erkrankten Menschen nicht aufrecht gehalten werden kann", sagt Hegerl. &bdquo;Sollte das eintreten, wird das unmittelbar zu einem Anstieg der Suizidrate führen." Mit Sorge beobachtet er, dass sowohl Therapeuten als auch Patienten ihre Termine aus Angst vor einer Ansteckung absagen. Dass Therapeuten zum Selbstschutz ihre Praxen schließen, scheint in OWL noch kein großes Problem zu sein. Andreas H. Abel, Vorstand des Arbeitskreises der niedergelassenen Bielefelder PsychotherapeutInnen (APP), versichert, dass die ansässigen Therapeuten vielmehr bemüht seien, die Versorgung von Patienten zu gewährleisten. Im Verein APP haben sich fast 300 Psychologische Psychotherapeuten vor allem aus Bielefeld, aber auch aus dem Rest OWLs zusammengeschlossen. Lange Wartelisten Dem Versorgungsauftrag nachzukommen, sei anspruchsvoll, da es schon vor der Coronakrise eine therapeutische Unterversorgung in der Region gegeben habe, so Abel. &bdquo;Die Wartelisten sind sehr lang. In Bielefeld dauert es zum Teil nicht Wochen, sondern Monate, bis ein Therapieplatz frei wird." Dazu kommen nun Maßnahmen zum Infektionsschutz, wie ein Zurückfahren des Normalbetriebes, damit Wartezimmer nicht zu überfüllt sind und sich Patienten dort nicht gegenseitig anstecken können. &bdquo;Außerdem habe ich in meiner Praxis die offenen Sprechstunden abgesagt, weil dort das Risiko bestand, dass sich dort infizierte Personen melden." Um dieser gesundheitlichen Herausforderung zu begegnen, gehen die Mitglieder von APP nun neue Wege. Dazu gehören Sprechstunden per Videoschalte. Bisher durften diese nur 20 Prozent der Dienstleistungen eines Therapeuten ausmachen. Doch dieses Limit wurde nun aufgehoben. &bdquo;Zudem verhandeln wir momentan mit den kassenärztlichen Vereinigung, dass auch Therapiestunden per Telefon für die Krise vorübergehend abrechenbar und damit möglich sein sollen", so Abel. Hilfsangebote Zusätzlich hat APP eine neue Hotline für die Coronakrise eingerichtet, die von Therapeuten ehrenamtlich betrieben wird. Unter der Telefonnummer (05 21) 8 97 27 52 erhalten Betroffene schnelle Informationen und Beratung zu drängenden psychischen Problemen. &bdquo;Die Hotline dient auch dazu, die Wartezeiten auf einen Therapieplatz besser zu überbrücken", sagt Abel. Die Nummer ist von Montag bis Samstag von 16 bis 18:30 Uhr besetzt. Außerhalb der Sprechzeiten kann per Mail ein Rückrufwunsch an corona-psychohilfe@app-bielefeld.de geschickt werden. Auch von der Deutschen Depressionshilfe gibt es ein Hilfsangebot für betroffene Menschen in der Isolation. Das Onlineprogramm &bdquo;iFightDepression" ist sonst nur mit ärztlicher Begleitung nutzbar. Doch seit einigen Tagen hat die Stiftung es so für Menschen zugänglich gemacht. &bdquo;Es ist ein kostenloses Selbstmanagementprogramm, das Menschen hilft, Struktur in ihren Alltag zu bringen und negatives Gedankenkreisen zu durchbrechen", sagt Hegerl. Zudem bietet die Stiftung weiter unter den Nummern (08 00) 1 11 01 11 und (08 00) 1 11 02 22 Telefonseelsorge an. Auch in Zeiten von Corona gibt es also Hilfe für die, die sie brauchen.

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