Kamp-Lintfort

Waffenschein: Rechtsextremisten marschieren gegen Bürgermeister auf

Der SPD-Politiker in Kamp-Lintfort hat einen Waffenschein beantragt, weil er sich von den Rechtsextremisten bedroht fühlt.

Rechte demonstrieren Dortmund. | © Verwendung weltweit

Lothar Schmalen
10.01.2020 | 10.01.2020, 19:45

Kamp-Lintfort. Der Fall des Bürgermeisters der am Niederrhein gelegenen Stadt Kamp-Lintfort eskaliert. Die rechtsextremistische Partei "Die Rechte" hat inzwischen für Samstag zu einer Demonstration vor dem Rathaus in Kamp-Lintfort aufgerufen - unter der Überschrift "Kein Waffenschein für Bürgermeister Christoph Landscheidt".

Der SPD-Politiker Landscheidt (61) ist seit 20 Jahren Bürgermeister von Kamp-Lintfort, der Stadt, in der im April die nächste NRW-Landesgartenschau stattfindet. Landscheidt ist bereits drei Mal wieder gewählt worden, zuletzt 2014 mit mehr als 87 Prozent der Stimmen. Weil er sich von Rechtsextremisten bedroht fühlt, hatte er einen großen Waffenschein, der ihn zum Führen von Schusswaffen berechtigt, beantragt. Landscheidt erklärte, er werde seit dem Europa-Wahlkampf im Mai 2019 massiv aus der rechten Szene bedroht. Damals habe er volksverhetzende Plakate abhängen lassen.

Der Antrag für den Waffenschein war allerdings von der zuständigen Kreispolizeibehörde in Wesel abgelehnt worden. Gegen diese Ablehnung ist Landscheidt nun, wie berichtet, vor das Verwaltungsgericht Düsseldorf gezogen. Das Gericht will am 21. Januar darüber entscheiden.

Das Stadtoberhaupt stellte klar, er wolle nicht in Zukunft „in Texas-Manier" bewaffnet durch die Straßen ziehen. „Ich habe größtes Vertrauen in die Polizei und respektiere selbstverständlich das Gewaltmonopol des Staates", betonte er in einer persönlichen Erklärung.

In der jüngsten Zeit habe es allerdings konkrete Situationen in seinem privaten und beruflichen Umfeld gegeben, in denen polizeiliche Hilfe nicht rechtzeitig erreichbar gewesen wäre und auch in Zukunft nicht erreichbar sein werde, sagte Landscheidt. Für diese außergewöhnlichen Notwehrsituationen habe er den Waffenschein beantragt, um Angriffen gegen ihn oder seine Familie nicht schutzlos ausgeliefert zu sein. Zugleich begrüßte Landscheidt die Diskussion um die Sicherheit von Kommunalpolitikern, die nicht vergleichbar zu den Kollegen auf Landes- und Bundesebene geschützt werden könnten.

Der Name des Bürgermeisters, um den es in dem Fall ging, war zunächst nicht genannt worden, ist jetzt aber durch die Anmeldung der Rechten-Demo öffentlich geworden. Angemeldet wurde die Demonstration nach Angaben einer Sprecherin der Kreispolizei Wesel von Michael Brück aus Dortmund, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der Partei "Die Rechte". Erwartet werden zu der Demo 20 bis 30 Personen.

Auch wenn viele die Selbstbewaffnung von politischen Mandatsträgern ablehnen, erfährt Bürgermeister Landscheidt inzwischen parteiübergreifende Unterstützung. So zitiert die Rheinische Post den stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden Ingo Bröhl: „Das muss alle Demokraten aufwecken und aufschrecken. Wenn die Feinde der Demokratie jetzt auch noch die Demonstrationsfreiheit ausnutzen, um diesen Bürgermeister weiter madig zu machen, gilt es geschlossen dagegenzuhalten."

Landscheidt ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

INFORMATION


Oldenburger Polizeichef wird mit dem Tod bedroht

Der Polizeipräsident von Oldenburg, Johann Kühme, wird nach seiner Kritik an AfD-Politikern mit dem Tod bedroht. Der Spitzenbeamte erhielt im November 2019 eine E-Mail, in der ein Unbekannter Kühme drohte, ihn zu erschießen, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" am Freitag berichtete. „Nicht heute, nicht morgen, denk einfach an Lübcke", hieß es demnach in der Mail unter Bezug auf den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Kühme sagte dem Magazin, er habe keine Angst: „Ich werde meine Haltung nicht ändern."

Kühme, der auch der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg angehört, hatte bei einer öffentlichen Veranstaltung gesagt: „Ich schäme mich als Deutscher dafür, wenn AfD-Politiker Muslima als Kopftuchmädchen titulieren oder die Nazis als Vogelschiss in der tausendjährigen Geschichte." So hatten sich die AfD-Spitzenpolitiker Alice Weidel und Alexander Gauland geäußert.

Dem „Spiegel" sagte Kühme weiter: „Die Morddrohung wird mich nicht davon abhalten, die Entgleisungen auch von einzelnen AfD-Politikern anzuprangern." Die Polizei nahm die Drohmail dem „Spiegel" zufolge sehr ernst. Staatsschützer hätten eine Gefährdungsanalyse für den Beamten erstellt. „Die polizeilichen Maßnahmen wurden angepasst", zitierte das Magazin die Behörde. Der Drohung waren Beschimpfungen Kühmes unter anderem auf einer Facebook-Seite der niedersächsischen AfD-Fraktion vorangegangen. (epd)