So helfen Filipinos gegen den Pflegenotstand in OWL

Berlin/Bielefeld. In Deutschland herrscht Pflegenotstand. Allein in den Krankenhäusern fehlen laut einer Verdi-Erhebung 80.000 Pflegekräfte. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wirbt deshalb gezielt um Fachkräfte aus dem Ausland. Im Juli unterzeichnete Spahn eine Absichtserklärung mit dem Kosovo. Ähnliche Abkommen sind mit Mexiko und den Philippinen geplant, um die bürokratischen Hürden für Visaverfahren, Sprachkurse und die Anerkennung von Abschlüssen zu vereinfachen. Aktuell liegt die Zahl ausländischer Pflegekräfte in Deutschland bereits bei 154.000. Auch in OWL steigt die Zahl stetig, aktuell vor allem die philippinischer Fachkräfte. Noemar Gelvoligaya ist einer von ihnen. Seit April arbeiten der 29-Jährige und zehn weitere Philippinos im Klinikum Bielefeld. In den vergangenen sechs Monaten haben sie als Hilfskrankenpfleger Patienten betreut und in ihrer Freizeit gebüffelt, um die Prüfung für die Anerkennung ihrer Abschlüsse zu bestehen. &bdquo;Das war hart, vor allem wegen der Sprachbarrieren, aber wir haben es alle geschafft", erklärt Gelvoligaya. Auf den Philippinen müssen Pfleger studieren Im Gegensatz zu Deutschland müssen Krankenpfleger auf den Philippinen studieren. &bdquo;Das Bachelorstudium dauert vier Jahre", sagt Gelvoligaya. Zudem hat die Pflege von Patienten einen anderen Schwerpunkt. &bdquo;Körperpflege oder Essen bringen sind auf den Philippinen eher die Aufgaben der Angehörigen. Der Fokus der Krankenpflege liegt im medizinisch-technischen Bereich. Das ist in Deutschland anders", erklärt die Pflegedirektorin des Klinikums, Christiane Höbig. &bdquo;Die Arbeit ist trotzdem sehr anspruchsvoll", so Gelvoligaya. Mit der Anerkennung ihrer Abschlüsse können Gelvoligaya und seine Kollegen nun auch im Klinikum als vollwertige Krankenpfleger arbeiten. Diese Garantie hatten sie bereits vor dem Flug nach Deutschland. &bdquo;Für die Visa haben alle einen Arbeitsvertrag als Hilfskrankenpfleger erhalten und die Garantie, dass dieser Vertrag bei erfolgreicher Prüfung in einen unbefristeten Vertrag als Krankenpfleger umgewandelt wird", erklärt Geschäftsführer Michael Ackermann. Neben der fachlichen Integration der neuen Kollegen unterstützt das Team des Klinikums auch bei der Integration nach Feierabend. Gelvoligaya und seine Kollegen leben in Apartments, die das Klinikum zur Verfügung stellt. &bdquo;Dabei geht es nicht um eine Isolation unserer neuen Kollegen, sondern um Starthilfe in der neuen Heimat", erklärt Höbig. Gelvoligaya hat die Starthilfe genutzt, zieht aber in der kommenden Woche bereits um. &bdquo;Wir unterstützen unsere neuen Kollegen zudem mit einem Netzwerk aus Paten", sagt Höbig. Der Verdienst in Deutschland ist höher Außerdem hat das Klinikum mit der ehemaligen Mitarbeiterin Teresita Ebreo, eine besondere Unterstützerin, denn die Bielefelderin kam 1970 selbst von den Philippinen nach Deutschland, um als Krankenpflegerin zu arbeiten. Netzwerke entstehen so auch außerhalb des Krankenhausalltags, wie zum Beispiel auf dem Fußballplatz. &bdquo;Ich spiele mit Ärzten in einer Fußball-Mannschaft des Klinikums mit", sagt Gelvoligaya. Für Ackermann ist die Zusammenarbeit mit seinen neuen Mitarbeitern ein Erfolgsmodell, das fortgesetzt wird. &bdquo;In der vergangenen Woche sind elf weitere philippinische Krankenpfleger nach Bielefeld gekommen und 2020 soll es weitere Einstellungen geben." Um Fachkräfte im Ausland anzuwerben, arbeiten Krankenhäuser häufig mit Sprachschulen zusammen, so auch das Klinikum Bielefeld oder das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen, wo ebenfalls bereits 20 philippinische Krankenpfleger arbeiten. Beide Einrichtungen arbeiten mit Agenturen zusammen, die Sprachschulen auf den Philippinen betreiben. Das Auswahlverfahren wird trotzdem von Deutschland aus gesteuert – über Vorstellungsgespräche via Skype. &bdquo;Voraussetzung sind das Sprachniveau B2 und eine abgeschlossene Berufsausbildung", erklärt Ackermann. Die Kosten für die Arbeit der Agenturen tragen die Krankenhäuser. Das gezielte Anwerben ausländischer Fachkräfte sorgt jedoch auch für Kritik. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe fordert eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um Pflegekräfte, die aus Erschöpfung in Teilzeit arbeiten oder sich aus Frust umorientiert haben, zurückzugewinnen. Außerdem warnt Geschäftsführer Franz Wagner davor, dass Deutschland in Ländern um Fachkräfte wirbt, die selbst nicht ausreichend Pflegekräfte haben, wie zum Beispiel im Kosovo oder Mexiko. Die Philippinen bilden hingegen über Bedarf aus. &bdquo;In Deutschland verdienen wir als Krankenpfleger deutlich mehr, so dass ich auch meine Familie zuhause unterstützen kann", erklärt Gelvoligaya.

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