Listerien

Keimbelastete Wurst: Fast alle Kreise in NRW von Rückruf betroffen

Im Skandal um keimbelastete Wurstwaren eines nordhessischen Herstellers wird klar: Produkte der Firma waren auch fast überall in NRW im Umlauf. Für die Behörden hat eine mühsame Arbeit begonnen.

Stark verschimmelt: Ein ehemaliger Mitarbeiter machte dieses Bild von Wilke-Salami - angeblich gesehen im Betrieb. |

06.10.2019 | 06.10.2019, 17:21

Korbach/Köln (dpa). Nach zwei Todesfällen durch keimbelastete Wurst aus einem Betrieb in Hessen sind Händler in fast allen Regionen Nordrhein-Westfalens von dem Produktrückruf betroffen. In 48 der 53 Kreise und kreisfreien Städte im Land seien Unternehmen bekannt, die Produkte des Herstellers Wilke bezogen hätten, teilte das NRW-Verbraucherschutzministerium mit.

Die örtlichen Veterinär- und Verbraucherschutzämter hätten die betroffenen Betriebe kontaktiert und überwachten nun den Produktrückruf, sagte ein Sprecher des Landesamtes für Verbraucherschutz (Lanuv). Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe teilte am Sonntag  mit, dass der europaweite Rückruf von Fleischwaren der Firma Wilke nun auch den Landkreis Harburg (südlich von Hamburg) erreicht habe. Dort seien 150 Betriebe betroffen - aber es habe sich herausgestellt, dass nicht alle Betriebe vom Zwischenhändler über den Rückruf informiert worden waren.

37 Krankheitsfälle stehen mit der Wilke-Wurst in Verdacht

In den Produkten des Herstellers Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren GmbH & Co. KG aus Twistetal waren mehrfach Listerien-Keime nachgewiesen worden. Den Behörden zufolge gibt es mittlerweile 37 Krankheitsfälle, die möglicherweise mit Wurstwaren der Firma im Zusammenhang stehen. In Südhessen hatte es zwei Todesfälle bei älteren Personen gegeben.

Wegen des Feiertags am Donnerstag hatten die Behörden in NRW teilweise Schwierigkeiten, die betroffenen Händler zu erreichen. In Köln zum Beispiel hat die Stadt erst am Freitag alle betroffenen Großhändler erreicht - drei Tage nach der Schließung des nordhessischen Betriebs. „Wegen des Feiertags wurden vom Verbraucherschutzamt nicht alle Großhändler unmittelbar erreicht", teilte die Stadt mit. Die Großhändler seien von der Stadt aufgefordert worden, „alle Abnehmer und Kunden der bereits ausgelieferten Ware zu benachrichtigen".

Trotz Produktrückruf erhalten Rehapatienten Wilke-Wurst

Die Pflicht, über einen Produktrückruf zu informieren, liege aber auch in erster Linie bei den Groß- und Zwischenhändlern selbst, erläuterte der Lanuv-Sprecher. Aufgabe der Ämter sei es lediglich, zu kontrollieren, ob dieses System auch funktioniert.

Am Freitag hatte bereits die Kölner Uniklinik Fehler nach dem Rückruf der Wilke-Wurstwaren eingeräumt. Einige Reha-Patienten hätten trotz des Rückrufs noch Wurstwaren der Firma Wilke bekommen, hatte die Klinik mitgeteilt. Ein Sprecher betonte aber: „Die in den Medien genannten, vermutlich kontaminierten Wurstsorten des Herstellers sind in der Uniklinik Köln jedoch nicht verwendet worden."

Foodwatch fordert die Veröffentlichung aller belieferten Betriebe

Derweil fordert die Organisation Foodwatch die zuständigen Behörden in Hessen ultimativ zur Veröffentlichung aller belieferten Betriebe auf. "Es kann ja nicht sein, dass es eine Liste gibt, diese aber nicht veröffentlichtwird", erklärt ein Sprecher am Sonntag. Mit einem Eil-Antrag vom Sonntag an den Landkreis Waldeck-Frankenberg, das Regierungspräsidium Darmstadt und das hessische Verbraucherschutzministerium will die Organisation eine Offenlegung binnen 48 Stunden. Verstreiche diese Frist, wolle man die Veröffentlichung über ein Gericht durchsetzen.

Die Organisation sieht Gefahr im Verzug. Es sei als äußerst wahrscheinlich zu betrachten, "dass sich vom Rückruf betroffene Produkte der Firma Wilke noch im Umlauf" befänden, heißt es in demAntrag. Nach Angaben des zuständigen Landkreises Waldeck-Frankenberg hat die Firma mittlerweile der Schnellwarnstelle beim Regierungspräsidium Darmstadt eine Liste der belieferten Betriebe zur Verfügung gestellt. Die Schnellwarnstelle habe diese europaweit an alle Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörden verteilt, heißt es auf der Website des Landkreises mit Verwaltungssitz in Korbach.
Information
Listerien

Listerien sind in der Natur häufig vorkommende Bakterien. Nur sehr wenige Menschen, die Listerien aufnehmen, erkranken an der sogenannten Listeriose. Bei gesunden Erwachsenen verläuft die Infektionskrankheit meist unauffällig oder nimmt einen harmlosen Verlauf mit grippeähnlichen Symptomen. Gefährlich ist die Infektion für abwehrgeschwächte Menschen: Neugeborene, Alte, Patienten mit chronischen Erkrankungen, Transplantierte und Schwangere. Bei ihnen und bei Ungeborenen kann Listeriose zum Tod führen.