Rechtsextreme Szene

Bürgerwehr mit Neonazis in Essen unterwegs

Woche für Woche marschieren die "Steeler Jungs" durch ihren Stadtteil. Der Verfassungsschutz hat die Gruppierung im Blick

19.09.2019 | 19.09.2019, 06:00
Einer der Steeler Jungs. - © picture alliance/Caroline Seidel/dpa
Einer der Steeler Jungs. | © picture alliance/Caroline Seidel/dpa

Düsseldorf/Essen (lnw). Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz sieht bei der Essener Gruppierung "First Class Crew - Steeler Jungs (FCC)" Verbindungen in die rechtsextreme Szene. "Einige Mitglieder weisen rechtsextremistische Bezüge auf, einige Mitglieder haben eine Migrationsbiografie", teilte der Verfassungsschutz mit.

50 bis 100 Menschen nehmen an Rundgängen teil

Die Gruppierung veranstaltet seit April 2018 regelmäßig sogenannte "Stadtspaziergänge" im Essener Stadtteil Steele. Laut Verfassungsschutz nehmen meistens zwischen 50 und 100 Menschen an den Rundgängen teil. Sie stehen nach Angaben eines Polizeisprechers unter dem Titel "Freundschaft". Bei den Märschen schweigen viele Teilnehmer. Auch gibt es keine Plakate oder Kundgebungen.

Bei jedem zweiten "Spaziergang" gibt es Gegendemos. Am vergangenen Samstag beteiligten sich an einer Gegendemonstration mehrerer Organisationen gegen "rechte Bürgerwehren" nach Veranstalterangaben rund 2.500 Menschen.

Koordinatoren kommen aus Hooligan- und Rockermilieu

"Der Koordinator der Rundgänge kommt, wie die Mehrheit der Teilnehmer, aus dem Hooligan- und Rockermilieu", so der Verfassungsschutz weiter. "Es beteiligten sich auch einige Frauen und Kinder aus dem mutmaßlichen familiären Umfeld der Mitglieder an diesen Veranstaltungen."

Mit den Rundgängen will die Gruppierung nach eigener Aussage Sicherheit im Stadtteil Essen-Steele in den Abend- und Nachtstunden vermitteln. "Durch ihre regelmäßige Präsenz will diese Gruppierung suggerieren, dass der Staat das Gewaltmonopol gegenüber Kriminellen und Flüchtlingen verloren habe", so der Verfassungsschutz. "Dabei wird auch ein vermeintlicher Gebietsanspruch der Gruppe in ihrem Viertel demonstriert." Im Verfassungsschutzbericht werden die "Steeler Jungs" als "bürgerwehrähnliche Gruppierung" bezeichnet.

Zwei Gegendemos am Donnerstag

Am Donnerstag sind zwei Gegendemos mit insgesamt 250 Teilnehmern geplant. Eine von ihnen wird von den Veranstaltern als "antifaschistische Demonstration" bezeichnet. Die Polizei hofft, dass alles friedlich bleibt. Trotzdem sei man "gut aufgestellt", sagte ein Polizeisprecher.

Anfang August organisierte die Gruppe einen "Trauerzug für den getöteten achtjährigen Jungen aus Frankfurt", an dem rund 340 Menschen teilnahmen. "Darunter befanden sich auch szenebekannte Rechtsextremisten aus Dortmund und Mönchengladbach", beobachteten die Verfassungsschützer. Nach Angaben des Verfassungsschutzes pflegen die "Steeler Jungs" intensive Verbindungen mit der "Bruderschaft Deutschland", die erstmals 2017 in Düsseldorf auftrat. Mittlerweile gibt es auch in anderen Essener Stadtteilen ähnliche Gruppierungen.

Auch die Stadt Essen ist alarmiert. "Hinter einer vermeintlich harmlosen Fassade verbirgt sich womöglich ein bundesweit agierendes Netzwerk mit intensiven Kontakten in die extreme rechte Szene", heißt es in einer Resolution des Stadtrats.