Lügde und die Folgen

Polizei ist mit dem Massendelikt Kinderpornografie überfordert

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) will Ermittlungsarbeit reformieren

Tatort Lügde: Ein Bagger steht vor der bereits zum Teil abgerissenen Parzelle des mutmaßlichen Täters auf dem Campingplatz Eichwald. | © picture alliance/dpa

Lothar Schmalen
19.06.2019 | 19.06.2019, 15:17

Düsseldorf. Die Polizei in NRW ist offenbar mit dem Massenanfall von Delikten im Bereich der Kinderpornografie überfordert. Von 1.895 Verfahren seien nur 228 in der Datenauswertung. Allein 557 Durchsuchungsbeschlüsse warteten noch auf ihre Vollstreckung. „Diese Zahlen zeigen klar: Die Ermittlerinnen und Ermittler in den Behörden schaffen es nicht, den riesigen Datenmengen Herr zu werden", so NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).

Reul will die Ermittlungsarbeit der Polizei in dem Bereich deshalb neu aufstellen. Er legte einen Maßnahmenkatalog vor – erster Ausfluss der von ihm nach dem Fall des Kindesmissbrauchs von Lügde im Innenministerium eingerichteten Stabsstelle Kinderpornografie/ Kindesmissbrauch.

Als erstes habe er die Kreispolizeibehörden aufgefordert, das Personal in dem Bereich mindestens zu verdoppeln, sagte Reul. Derzeit sind in diesem Bereich 105 Stellen besetzt. Außerdem soll die Aufbereitung und Auswertung der elektronischen Daten in Kinderpornografie-Verfahren bis Ende 2020 beim Landeskriminalamt zentralisiert werden, um die Polizeibehörden zu entlasten. Dabei soll neue Software und Hardware zum Einsatz kommen, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz das Datenmaterial sortiert, bevor Sachbearbeiter eine Sichtung vornehmen.

Ermittlungen zu Kinderpornografie sollen zum Schwerpunkt werden

Das Thema Kinderpornografie solle in den Polizeibehörden Chefsache werden und zu den kriminalstrategischen Schwerpunkten der kommenden Jahre gehören, so Reul weiter. Die Polizeipräsidenten und Landräte (Chefs der Kreispolizeibehörden) forderte er auf, bis zum 1. August Konzepte für die Bekämpfung der Kinderpornografie vorzulegen.

Bereits in der vergangenen Woche hatten die Innenminister der Länder auf Initiative von Reul die Bundesregierung aufgefordert, Straftaten im Bereich des sexuellen Missbrauchs und Kinderpornografie als Verbrechen einzustufen und die gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auf ein Jahr anzuheben.

„Der Konsum von Kinderpornografie ist kein Bagatelldelikt, sondern ein abscheuliches Verbrechen. Deshalb sollten wir es in Zukunft auch wie ein Verbrechen bestrafen", sagte der Minister.
Unterdessen geht das Parteipolitische Hickhack in Düsseldorf um den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Kindesmissbrauchsfall Lügde weiter. Inzwischen liegen dem Landtag zwei unterschiedliche Anträge der Regierungsfraktionen CDU und FDP auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite vor. Versuche, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren sind bislang gescheitert. Während CDU und FDP als erstes das fehlerhafte Verhalten der Jugendbehörden untersuchen wollen, geht es der Opposition vor allem um das verhalten des Innenministeriums in Fall Lügde.

Information

Künstliche Intelligenz im Einsatz


Bis Ende 2020 soll die Aufbereitung und Auswertung von Daten im Düsseldorfer Landeskriminalamt zentralisiert werden. Hierbei soll neue Software und Hardware zum Einsatz kommen, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz das Datenmaterial sortiert, bevor Sachbearbeiter eine Sichtung vornehmen. Dies soll die Ermittler in den Kreispolizeibehörden von der Auswertearbeit entlasten.