Düsseldorf

Junge Raser nutzen Carsharing-Autos für illegale Autorennen

Die Eröffnung eines Autoverleihs sei in etwa so leicht, wie die einer Pommesbude, sagt ein Experte.

Vor allem kleine Autoverleiher geben jungen Fahrern PS-starke Leiwagen. | © picture alliance/dpa

Andrea Frühauf
11.03.2019 | 11.03.2019, 16:58

Düsseldorf. In Stuttgart ist ein 20-Jähriger mit einem 550-PS-starken und 300 Kilometer schnellen Mietwagen nachts durch die Stadt gerast und hat ein Auto mit zwei Insassen erfasst. Die beiden waren sofort tot. Ähnliche Fälle ereigneten sich auch in NRW.

Laut Stuttgarter Zeitung hatte der Raser den Jaguar F-Type – R bei dem kleinen, auf Sportwagen spezialisierten Verleih Royal Motors in Nürtingen gemietet. Laut Geschäftsbedingungen müssen die Fahrer nur 19 Jahre alt sein. Der Jaguar wird ab 149 Euro pro Tag angeboten.

Es sind vor allem kleine Autoverleiher, die es sehr jungen Fahrern ohne Probleme ermöglichen, PS-starke Leihautos zu bekommen, wie Erich Rettinghaus, NRW-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, sagt. Junge Raser nutzen nach seinen Beobachtungen verstärkt auch Carsharing-Autos für illegale Rennen. Vor allem in Berlin und im Ruhrgebiet gebe es eine Tuning- und Raserszene.

"Mit Minis Fahrstreifen-Hopping"

Rettinghaus hat es in Kreuzberg schon selbst erlebt, wie junge Männer mit Minis Autorennen fuhren und sich ein wildes „Fahrstreifen-Hopping" lieferten. Er warnt: „Autorennen kann man auch mit kleinen Autos machen." Selbst mit 40 PS könne zu hohes Tempo in Anliegerstraßen tödlich enden.

Der Polizeigewerkschafter fordert schon seit Jahren strengere gesetzliche Vorgaben. Er kritisiert: „Jeder kann heute einen kleinen Autoverleih eröffnen. Dafür gibt es nur ein paar Vorschriften, ähnlich wie bei einer Pommesbude."

Auch günstige Zeittarife von Carsharing-Anbietern (ohne Benzin- und Verschleißkosten, mit Versicherung) animieren junge Männer dazu, leichtfertig aufs Gaspedal zu drücken, bis der Kolben glüht. Beim Anbieter Car2Go von Mercedes liegt das Mindestalter lediglich bei 18 Jahren. Den Führerschein müssen Fahrer seit einem Jahr besitzen. Zwar erhalten 18-Jährige meist nur den kleinen Smart. Aber Reckinghaus hat selbst diesen Kleinstwagen nahe dem Potsdamer Platz schon auf dem Dach liegend gesehen.

Bei Drive Now (BMW) sind neben Benzinkosten, Versicherung und Kfz-Steuer auch Parkkosten inklusive. Hier müssen Kunden zumindest das Mindestalter von 21 Jahren vollendet haben. Reckinghaus: „Mancher Automieter, lässt dann einen jüngeren Fahrer ans Steuer."

Führerscheinbesitz mindestens ein Tag

Selbst bei dem internationalen Mietauto-Anbieter Sunny Cars (München), laut dessen Homepage das Mindestalter für Fahrer eines Mietfahrzeugs in den meisten Ländern zwischen 21 und 25 Jahren liegt („für höhere Fahrzeugklassen kann es auch noch darüber liegen."), sind die Grenzen fließend. „In Deutschland ist die Vermietung in einigen Städten auch an 18-jährige Fahrer möglich", heißt es in München. In den USA sei dies in New York City und Minnesota erlaubt. Warum? „Wir haben Partner."

Der große Mietauto-Anbieter Sixt vermietet seine Fahrzeuge je nach Fahrzeuggruppe (Kleinwagen bis Luxuswagen) an Kunden ab 18 (etwa den BMW 1er, Führerscheinbesitz mindestens 1 Tag) bis 25 Jahren. "Eine Abweichung des Mindestalters ist in Abhängigkeit zum Fahrzeug möglich", heißt es in den Anmietinformationen.

Oft sind es Wiederholungstäter. So wie in Bad Oeynhausen, als ein 22-Jähriger mit Tempo 113 statt erlaubten 50 Stundenkilometern bei einer Kontrolle erwischt wurde. Gegenüber den Beamten gab er an, seinen Führerschein erst vor einer Woche wieder bekommen zu haben, da er zuvor wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ein einmonatiges Fahrverbot hatte.

Stufenführerschein gefordert

Rettinghaus fordert harte Strafen zur Abschreckung und von der Bundesregierung, endlich zu handeln. „Die Polizei kann nicht für Kontrollen an jeder Straße stehen." Er schlägt die Einführung eines Stufenführerscheins vor – abhängig von der Motorisierung der Fahrzeuge. „Mit 18 kann man kein Auto mit mehr als 500 PS fahren. Verkehrsteilnehmer müssen viel Glück haben, wenn Idioten fahren."

Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte im Dezember einen 29-jährigen Raser wegen fahrlässiger Tötung eines Fußgängers zu drei Jahren Haft. Das Gericht ließ den Mordvorwurf der Anklage nicht zum Prozess zu. Es konnte keinen Tötungsvorsatz erkennen.

In Bielefeld werden Unfälle, die junge Fahrer verursachen, von der Polizei nicht statistisch erfasst. „Wir haben die jungen Wilden, sprich die 18- bis 24-Jährigen, ohnehin in puncto Alkohol, Drogen und Geschwindigkeit im Blick", sagt Polizeisprecher Stefan Tiemann. Er betont in Anspielung auf einen Unfall: Auch wer alleine mit hohem Tempo durchstarte, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen, „fällt unter den Tatbestand eines Rennens".