Bielefeld. Wie ein typischer ostwestfälischer Unternehmer wirkt er nicht. Reinhard Christian Zinkann, Präsident des Industrie- und Handelsclubs (IHC) und geschäftsführender Gesellschafter der Miele-Gruppe, ist ein fröhlicher Mensch, witzig und meist gut gelaunt. Auf der Mitgliederversammlung des führenden Wirtschaftsclubs der Region kann er, wie in seiner Firma, nur erfolgreiche Zahlen verkünden. Da kommt keine Langeweile auf.
Zinkann ist kein Antityp, kein Schöngeist, der zufällig in die Wirtschaft geraten ist. Vielmehr erscheint der 56-Jährige wie ein Liebling der Götter. Einer, der im Wohlstand geboren ist, aus dem Großbürgertum stammt, vieles weiß und manches kann. Jemand, der über Bildung und Ausbildung verfügt, eloquent und intelligent ist – und sich unbeschwert freuen kann, wie ein Primaner nach einem Bubenstreich.
Den ehemaligen Salem-Schüler, der in Freiburg, Cambridge, Massachusetts und Köln studiert hat, betrachten aber manche wie einen Sonnyboy im gereiften Alter. Oder, wie einen fröhlichen, großen Jungen, den gelernte Sorglosigkeit auszeichnet. Dieser Mann ist aber ein hochgewachsener, gewichtiger Mann mit breiten Schultern, an die sich so manche Frau gern anlehnen würde.
Vor IHC-Mitgliedern versucht der Club-Präsident, die drögen Regularien unterhaltsam zu präsentieren. Er erinnert an ein erfolgreiches Vereinsjahr, kündigt neue Highlights an und zitiert nebenbei gern Sentenzen von Klassikern. Das Club-Programm kann sich wieder sehen lassen. Als Mitglied im Industrie-Club Düsseldorf und im Übersee-Club Hamburg hat der Ostwestfale gute Vergleichsmöglichkeiten. OWL schneidet dabei hervorragend ab.
Ein Homme de Lettres aus Gütersloh
Der geschäftsführende Gesellschafter von Europas größtem Hausgerätehersteller, der sich vor allem um Vertrieb und Marketing kümmert, ist auffallend präsent. Ein Homme de Lettres aus Gütersloh. Der Geschäftsmann trägt bevorzugt Zweireiher, liebt bunte, teure Seidenkrawatten, Ziertuch, Goldsiegelring und Manschettenknöpfe aus Sterling-Silber. Ein Hauch von Eleganz.
2012, bei seiner zweiten Hochzeit, dieses Mal mit der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Amélie von Wallenberg-Pachaly, die in Bielefeld eine Praxis betreibt, genoss er sichtbar die öffentliche Aufmerksamkeit.
Liste der Ehrenämter
Die Zahl der Ehrenämter von Reinhard Zinkann ist beachtlich: Aufsichtsratsmandate (Dräger, Nobilia, Krombacher), Präsident im IHC und im Städtischen Musikverein Gütersloh, im Beirat der Stiftung Mozarteum Salzburg, Schatzmeister des Stifterverbandes der Wissenschaft, Vorstand der Familienunternehmer und der Vorsitz in der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe. In dieser Funktion wird er am Mittwoch in Münster wieder den Träger des „Preises des Westfälischen Friedens" bekannt geben. Besonderen Stellenwert für den Vertriebs- und Marketing-Kenner hat auch das Amt als Sprecher der Hausgeräte-Fachverbände.Der promovierte Diplom-Kaufmann, Vater eines 20-jährigen Sohnes, hat sich als Student neben Volks- und Betriebswirtschaft mit Geschichte, Musikwissenschaft und Philosopie intensiv befasst. In der Familientradition bewies er aber Selbstdisziplin, sorgte für familiäre Kontinuität. Doch wenn er, das Einzelkind, der Firmenerbe, der zwei jüngere Geschwister im Kindesalter verloren hat, nicht Familienunternehmer geworden wäre, dann hätten sich ihm auch andere Berufsfelder öffnen können. Vielleicht eine Wissenschaftskarriere, eine Philosophie-Professur.
Reinhard Zinkann ist Erbe in einer Firmendynastie, die in ihrer Bilanz seit 1899, mit Ausnahme von Kriegszeiten, keine roten Zahlen geschrieben hat. Der Spross einer Industriellenfamilie erkennt sein privilegiertes Leben als Chance an, ,,als unglaubliches Geschenk". Davon gibt er in seinem ehrenamtlichen Engagement gern etwas zurück. Auch als Stifter. Reichskanzler Bismarck hatte also nicht generell recht:,,Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt."
"Man erbt nicht Vermögen, man erbt Verantwortung"
Zinkann kann noch einmal, 2017, als IHC-Präsident wiedergewählt werden. Und er wird kandidieren. Mit sechs Mitstreitern im Präsidium, alles aktive ostwestfälisch-lippische Unternehmer-Erben, bildet er eine verschworene Gemeinschaft. Sie alle wetteifern intern ein bisschen um die besten Kontakte zu Referenten.
"Von den Besten lernen", dieses Club-Motto bleibt gültig. Wachstum auf der einen, Verjüngung auf der anderen Seite, ist erklärtes Ziel. Aber: Masse kann es nicht sein, doch es kann auch nicht immer Klasse sein, betont der Vorsitzende im Gespräch. Jeder, der aufgenommen werden will, muss zwei Bürgen stellen.
Der Miele-Co-Chef, der der FDP nahe steht und der zwölf Jahre im Vorstand des CDU-Wirtschaftsrates mitgemischt hat, ohne Parteimitglied zu sein, ist kein Politiker, aber er kann politisch denken. Und im Internet ist er bereits mit einem klugen Satz verewigt: "Man erbt nicht Vermögen, man erbt Verantwortung."
Zeit für große Hobbys? Segeln, Jagd, Skifahren, Oldtimer (BMW) und Musik (Oper) sind in seiner Biographie wirkungsvoll angemerkt. Und verdientes Geld ausgeben, muss der tätige Mensch ja auch. Eine eigene Immobilienfirma bemüht sich für ihn um lukrative Objekte.
Reinhard Zinkann, der philosophierende Manager und großbürgerliche Intellektuelle, weiß – nicht zuletzt als Katholik – um die Bedingtheit des Lebens. "Überheblichkeit in der Form ist immer ein Zeichen von Schwäche." Er zitiert seinen Großvater: "Zum Erfolg führt kein Lift, da muss man schon die Treppe steigen. Und auf der Treppe trifft man auch die, die runter gehen." Opa Zinkann spann einst den roten Faden vor dem Enkel noch weiter: "Auf der Treppe hat man auch noch Zeit für ein Gespräch. Im Lift gehts zu schnell – in beide Richtungen."
Sie interessieren sich für die Geschichte von Miele? Dann klicken Sie sich durch unseren Zeitstrahl und verfolgen, wie sich das Unternehmen auch unter Zinkanns Einfluss entwickelt hat: