Bielefeld. Seit Ende 2020 wird über die zunehmende Verbreitung neu aufgetretener Virusvarianten von SARS-CoV-2 berichtet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft inzwischen fünf davon als besorgniserregend ein, darunter auch die neueste mit dem Namen Omikron alias B.1.1.529. Sie soll die bisher komplexeste Version sein. Besorgniserregende Varianten unterscheiden sich von den herkömmlichen laut RKI in ihren Erregereigenschaften wie der Übertragbarkeit.
Doch warum gibt es immer wieder neue Versionen von SARS-CoV-2? Grund dafür ist das Erbgut, dass sich bei RNA-Viren ständig verändert. In einer Art Wettlauf setzen sich jene durch, die dem Virus einen Vorteil verschaffen: Das kann eine beschleunigte Verbreitung sein oder die Fähigkeit, Antikörpern des Wirts zu entgehen.
Die alten Bezeichnungen aus Buchstaben und Zahlen, wie B.1.1.7 für die zunächst in Großbritannien entdeckte Virusvariante, erlaubt es Fachleuten, die Verwandtschaftsverhältnisse in einer Art Corona-Stammbaum nachzuvollziehen. Auch wenn manchmal von "der britischen Variante" die Rede ist: Die genaue Herkunft ist ungeklärt. Mittlerweile benennt die WHO die Varianten nach Buchstaben des griechischen Alphabets, um Diskriminierungen zu vermeiden. Welche es inzwischen gibt und wie wirksam die Impfstoffe gegen sie sind, im Überblick.
Alpha (B.1.1.7)
Die erste Probe, in der die Variante nachgewiesen wurde, stammt aus dem September 2020. In ersten Schätzungen hieß es, sie verursache 50 bis 70 Prozent mehr Infektionen im Vergleich zu früheren Formen. Alpha hatte in Deutschland im Frühjahr die dritte Welle angefacht - inzwischen ist es nur noch in wenigen Fällen in Europa nachgewiesen. Sie ist leichter von Mensch zu Mensch übertragbar als die zuvor zirkulierenden Varianten und weist eine höhere Reproduktionszahl auf, so dass ihre Ausbreitung schwerer einzudämmen ist. Es gibt Hinweise darauf, dass Alpha mit einer erhöhten Fallsterblichkeit in allen Altersgruppen einhergeht. Hinweise auf eine substantiell verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe gibt es bislang nicht.
Beta (B.1.351)
Diese Variante wurde das erste Mal im Dezember 2020 in Südafrika entdeckt. Vermutet wird, dass sie entstand, weil ein hoher Anteil der Bevölkerung schon eine Corona-Infektion durchgemacht hatte. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass Menschen, die mit der ursprünglichen Variante infiziert waren oder einen auf dieser beruhenden Impfstoff erhalten haben, weniger gut vor einer Infektion mit Beta geschützt sind, da die neutralisierenden Antikörper, die das Immunsystem gebildet hat, gegen das veränderte Virus weniger wirksam sind. Auch für diese Variante wird laut RKI eine höhere Übertragbarkeit diskutiert.
Gamma (P1)
Diese Variante wurde erstmals im brasilianischen Staat Amazonas nachgewiesen und ähnelt in ihren Veränderungen der Beta-Variante. Experimentelle Daten deuten auch für diese Variante auf eine reduzierte Wirksamkeit neutralisierender Antikörper bei Genesenen beziehungsweise Geimpften hin. Eine erhöhte Übertragbarkeit wird auch für diese Virusvariante angenommen.
Delta (B.1.617.2)
Diese Variante wurde erstmals im Oktober 2020 in Indien nachgewiesen und dominiert derzeit das Geschehen in vielen Ländern, darunter auch in Deutschland. Delta zeichnet sich laut RKI durch Mutationen aus, die die Übertragbarkeit des Virus erhöhen und mit einer reduzierten Wirksamkeit der Immunantwort in Verbindung gebracht werden. Studien deuten darauf hin, dass nach vollständiger Impfung ein sehr guter Schutz vor schweren Krankheitsverläufen durch Delta besteht.
Omikron (B.1.1.529)
Über diese Variante berichtete das südafrikanischen Gesundheitsministerium zuerst am 24. November 2021. Bereits zwei Tage später wurde sie von der WHO zur besorgniserregenden Virusvariante erklärt. In Nigeria soll die Variante sogar bereits im Oktober aufgetreten sein, konnte aber erst jetzt nachgewiesen werden. Die Übertragbarkeit der Variante und die Wirksamkeit von Impfstoffen festzustellen wird bis zu mehreren Wochen dauern. Untersuchungen zeigen laut RKI, dass Omikron unabhängig von der derzeit dominierenden Delta-Variante entstanden ist. Sie besitzt im Vergleich zum ursprünglichen SARS-CoV-2 aus Wuhan eine ungewöhnlich hohe Zahl von rund 30 Aminosäureänderungen im Spike-Protein, aber auch viele Mutationen, deren Bedeutung unklar ist. Die Variante wurde bereits in mehr als zehn Ländern weltweit nachgewiesen, darunter auch in Deutschland.
Mit Material der dpa und des RKI.