Bielefelder Arbeitgeberverband fordert: Stromnetze aus Staatssäckel zahlen

Bielefeld. Der Bielefelder Unternehmer Reinhard Tweer warnt vor wachsenden Problemen für die Industrie in OWL und ganz Deutschland. Große Sorgen machen dem Gießerei-Chef, der auch Vorsitzender des Unternehmerverbandes der Metallindustrie Ostwestfalen (Bielefeld, Herford, Minden) ist, die Kosten für Energie und Löhne. Bei den Energiekosten gehe es etwa um die Netznutzungsentgelte, die beim Strom mehr als 20 Prozent des Endpreises ausmachen. &bdquo;Die Netzentgelte müssen runter“, fordert der Metall-Arbeitgeber. Letztlich gehe es bei den für die Stromversorgung nötigen Leitungen ja um Infrastruktur für die Allgemeinheit. Eine Entlastung für Privatleute ebenso wie für Unternehmen wäre möglich, wenn der Staat einspringe, die Finanzierung wäre machbar durch einen Sondertopf, der etwa im Zuge einer Reform der Schuldenbremse eingerichtet würde. Bürokratie und fehlender Pragmatismus Tweer und Karsten Schürmann, der Hauptgeschäftsführer des Metallindustrie-Verbandes, machen die Tiefe der Krise an der massiven Investitionszurückhaltung im Inland fest: &bdquo;Der unternehmerische Mut ist in vielen Unternehmen abhandengekommen“, diagnostiziert Schürmann. Ein zentraler Grund für die schlechte Stimmung sei die zunehmende Bürokratie. Hinter langwierige Genehmigungsverfahren und aufwendigen Dokumentationspflichten stehe offenbar die Unterstellung, dass &bdquo;alle Unternehmer unehrlich handeln“. Ein Knackpunkt in allen Wirtschaftsbereichen sei &bdquo;der fehlende Pragmatismus“ in den öffentlichen Verwaltungen. &bdquo;Ja, die Regierenden machen sich schon Gedanken über einen Bürokratieabbau, aber es tut sich kaum etwas“, beklagt Tweer. Dabei könnte gerade hier die Verbesserung der Rahmenbedingungen &bdquo;eine positive Stimmung erzeugen“. Lesen Sie dazu auch: Bielefelder Unternehmer rechnet Ministerin sein Strompreis-Problem vor Für Unruhe sorgen derzeit die Gerüchte über eine angeblich drohende Schließung von drei oder mehr Werken des größten deutschen Industriekonzerns VW und den Abbau zehntausender VW-Arbeitsplätze. Ohne eine starke Industrie seien der Wohlstand des Landes und am Ende gar das deutsche Gemeinwesen gefährdet, warnt Tweer. Und wenn die Industrie nach China, Vietnam oder Indien abwandere, sei dies am Ende auch schlecht für das Klima und die Arbeitsbedingungen – denn in vielen der Länder, die im Standortwettbewerb mit Deutschland stehen, seien die ökologischen und sozialen Standards deutlich schlechter als hierzulande. Tarifkonflikt und Warnstreiks in OWL Mitten im Tarifkonflikt zwischen IG Metall und Metall-Arbeitgebern nimmt Tweer eine vermittelnde Haltung ein: Deutschland sei seit langem ein Hochlohnland, entsprechend erhöhte Preise würden von den Kunden akzeptiert, im Gegensatz zu den Aufschlägen für die erst durch den Ukraine-Krieg rasant gestiegenen Energiekosten. &bdquo;Gute Löhne sind auch wichtig für den sozialen Frieden, und ohne Gehaltserhöhungen gehen die besten Leute weg“, sagt Tweer. Doch die Forderungen müssten zu den Gegebenheiten passen, und die aktuelle 7-Prozent-Forderung der IG Metall passe nicht in die Landschaft angesichts von Konjunkturflaute, mangelnden Aufträgen und Kurzarbeit in vielen Unternehmen von den Gießereien (&bdquo;auch wir haben Kurzarbeit“) bis hin zu Autozulieferern, Möbelherstellern oder Elektrotechnikkonzernen. Nach dem Ende der Friedenspflicht ist unterdessen die Warnstreikwelle auch in der Region OWL angekommen: In Bielefeld war der Warnstreikauftakt pünktlich zur Mitternacht beim Automobilzulieferer Gestamp in Brackwede. Etwa 200 Teilnehmer zählten Ute Herkströter und Oguz Önal von der IG Metall. In Paderborn war der Beginn der Warnstreikwelle beim Autozulieferer Benteler ebenfalls mitten in der Nacht. Hier waren 450 Beschäftigte aus drei Benteler-Werken zusammengekommen. &bdquo;Für die ersten neun Monate werden null Prozent angeboten“ Die IG Metall hat eine Erhöhung der Monatsentgelte um sieben Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten gefordert. Zudem sollen die Ausbildungsvergütungen um 170 Euro überproportional ansteigen. Die Arbeitgeber haben nach Ansicht der Arbeitnehmervertreter bisher nur ein enttäuschendes Angebot vorgelegt. Eine Lohn- und Gehaltserhöhung um 1,7 Prozent soll es demnach ab Juli 2025 geben, weitere 1,9 Prozent dann ab Juli 2026. Lesen Sie dazu auch: Metall-Unternehmer in OWL sind verunsichert Das Paket soll eine Laufzeit von 27 Monaten haben. Ute Herkströter kritisiert die Arbeitgeber: &bdquo;Das Angebot, das uns als Entgelterhöhung um 3,6 Prozent verkauft werden soll, ist in Wahrheit nur ein Angebötchen“, klagt sie. &bdquo;In den ersten neun Monaten bis Sommer 2025 sollen die Beschäftigten mit null Prozent abgespeist werden“. Knut Giesler, der Bezirksleiter der IG Metall in NRW, moniert, das erste Angebot decke weder die erwartete Inflation der nächsten Jahre, noch berücksichtige es den großen Druck, den die Beschäftigten aufgrund der hohen Inflation der letzten Jahre immer noch in ihrem Geldbeutel spüren. Die dritte Verhandlungsrunde beginnt für NRW an diesem Donnerstag (31. Oktober) in Neuss.

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