Arbeitskampf in Bielefeld: Metaller bereit zu langem Warnstreik

Bielefeld. Ute Herkströter macht als erfahrene Gewerkschafterin erst einmal klar, was das Kernziel der IG Metall ist: &bdquo;Wir wollen die Arbeitsplätze hier am Standort erhalten“, ruft sie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Frühschicht des Maschinenbauers DMG Mori Bielefeld zu. Gut 200 Beschäftigte der Konzerntochter, die bis 2023 noch als Gildemeister GmbH firmierte, sind an diesem Morgen vor die Tore des Werkzeugmaschinenbauers gekommen. Sie haben die Arbeit niedergelegt, um die Arbeitnehmerseite durch einen zweistündigen Warnstreik im Kampf um eine siebenprozentige Erhöhung der Löhne und Gehälter zu unterstützen. Dabei weiß Herkströter natürlich, dass sich ausgerechnet bei DMG Mori die wenigsten Produktionsmitarbeiter Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. &bdquo;Wir müssen mit unseren Maschinen keine Angst haben, unsere Produkte sind sehr gut und gefragt“, sagt ein Betriebsrat. &bdquo;Wir sind in Deutschland derzeit das erfolgreichste Werk unseres Konzerns“, glaubt ein Maschinenbauingenieur. Der Standort Bielefeld habe auch technologisch die Nase vor dem ewigen Rivalen, dem größeren Schwesterwerk von DMG-Mori im bayerischen Pfronten. Lesen Sie auch: IG Metall macht weiter mit Warnstreiks Umso größer scheint hier die Bereitschaft zu sein, für einen Lohnaufschlag auch Flagge zu zeigen. Als Herkströter fragt: &bdquo;Seid ihr bereit zu einem 24-Stunden-Warnstreik?“, antworten die Beschäftigten mit lautem Pfeifen und kräftigem Applaus. &bdquo;Das nehme ich mal als Zustimmung“, freut sich die Geschäftsführerin der IG Metall in Bielefeld. Angebot der Arbeitgeber laut Gewerkschaft nicht ausreichend Die Ausweitung des Arbeitskampfes und der Aufruf zu ganztägigen Warnstreiks könnten den Arbeitgebern drohen, wenn es in der vierten Runde der Tarifverhandlungen, die am 11. November in Hamburg für die IG-Metall-Bezirke Küste (fünf norddeutsche Bundesländer) und Bayern beginnt, keine Einigung gibt. Immerhin hatten die Arbeitgeber schon in der zweiten Runde ein Angebot vorgelegt (plus 3,6 Prozent in zwei Schritten), ein &bdquo;Angebötchen“, wie die Gewerkschaften finden. Lesen Sie auch: Großer Warnstreik der IG Metall bei Diebold Nixdorf in Paderborn Dass die Arbeitgeber ungewohnt früh Beweglichkeit gezeigt hätten, sei zwar lobenswert, finden die Metaller, aber letztlich sei das Angebot nicht akzeptabel: &bdquo;Die ersten neun Monate sollen wir null Aufschlag erhalten, nada“, schimpft Herkströter. Buh-Rufe geben ihr recht – so nicht. Zu den Forderungen der IG Metall gehört neben dem siebenprozentigen Lohnaufschlag auch eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 170 Euro: &bdquo;Da sind wir nur noch Mittelfeld“, klagt Herkströter und verweist auf andere Branchen, die dem Nachwuchs inzwischen höhere finanzielle Anreize bieten. Die Aufschläge würden dringend benötigt, um die Kaufkraft zu stärken, sagt sie überzeugt. Auch hier erntet sie keinen Widerspruch. Die Frage, ob die beachtlichen Wünsche der Gewerkschaft in einer Zeit von wirtschaftlicher Stagnation, Kurzarbeit in vielen Unternehmen und zunehmenden Pleiten nicht zur Unzeit kommen, liegt in der Luft, auch jetzt, vor den Hallen der in japanischer Hand befindlichen DMG Mori AG. Auch in OWL müssen viele Firmen sparen, Kurzarbeit und Stellenabbau gibt es in prominenten Unternehmen von ZF bis Miele, betroffen sind Elektrotechnikkonzerne ebenso wie Möbelhersteller. Lesen Sie auch: Kurzarbeit bei Claas im Kreis Gütersloh – 900 Mitarbeiter betroffen Weitere Streiks bei Miele, Benteler und HiroLift in Bielefeld Ute Herkströter ist vorbereitet und nimmt den Bedenken den Wind aus den Segeln: Ja, es müsse besondere Regeln für angeschlagene Firmen geben, die bereit sind, ihre Zahlen offenzulegen. Aber: &bdquo;Die börsennotierten Unternehmen in Deutschland erzielen im Schnitt 6,1 Nettoumsatzrendite“, erklärt sie, das sei ein stolzer Wert. Was jetzt von Konzernen wie Schaeffler, wo Tausende Jobs abgebaut werden sollen, oder Volkswagen, wo ganze Werke in Gefahr sind, zu hören sei, gehe auf Managementfehler wie eine zu starke Expansion zurück. Das führe zu Angst und Schwarzmalerei: &bdquo;Aber Lohnverzicht ist keine nachhaltige Antwort auf Managementfehler.“ Lesen Sie auch: Schaeffler kündigt Abbau von 4.700 Stellen an Die deutsche Metall- und Elektroindustrie hat 3,9 Millionen Beschäftigte. In NRW haben sich allein am Dienstag 13.000 Beschäftigte aus 128 Betrieben an Warnstreiks beteiligt, die größte Kundgebung mit 2.500 Teilnehmern aus 22 Firmen gab es in Lemgo. Und die Warnstreikwelle geht noch an diesem Mittwoch weiter: Die Frühschichten der Bielefelder Standorte von Miele, Benteler und HiroLift sind diesmal zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Auf dem Boulevard hinter dem Hauptbahnhof ist von 9.45 bis 11 Uhr eine Kundgebung geplant.

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