Weidmüller, Wago und Co.: Elektrotechnik-Konzerne in OWL greifen zur Kurzarbeit

Bielefeld. Die großen Elektronik- und Verbindungstechnik-Unternehmen in OWL sind ein Pfund für die Region. Phoenix Contact, Beckhoff, Wago, Weidmüller und Harting bilden das Herz des Technologie-Spitzenclusters IT's OWL, sie produzieren von der Elektroklemme bis zum Industrie-PC alles, um elektrische Verbindungen herzustellen, Fabriken zu vernetzen und Maschinen zum Laufen zu bringen. Gemeinsam bieten sie weltweit fast 50.000 Arbeitsplätze; 2022 erzielten sie insgesamt 8,7 Milliarden Euro Umsatz. Nach mehreren sehr erfolgreichen Jahren ist die Entwicklung nun ins Stocken geraten. Die fünf Großunternehmen, zu deren Branche in OWL noch kleinere Wettbewerber wie Conta Clip in Hövelhof gehören, melden schrumpfende Auftragseingänge. Mehrere setzen auf Kurzarbeit, um der sinkenden Auslastung der Kapazitäten zu begegnen. Phoenix Contact schont Ressourcen "Nach zwei Jahren mit überdurchschnittlich hohen Wachstumsraten von über 20 Prozent war zu erwarten, dass es eine Pendelbewegung zurück geben wird", erklärt Eva von der Weppen, die Sprecherin von Phoenix Contact. Sie spricht von einer "Korrektur aus der teilweisen Überhitzung der Vorjahre" - ein strukturelles Problem gebe es nicht. Der von Frank Stührenberg geführte Blomberger Konzern ist mit 22.000 Mitarbeitern und 3,6 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2022 ein Schwergewicht der Branche und eines der weltweit führenden Unternehmen. In die Herstellung von Produkten für Elektrifizierung und Automatisierung werde weiter investiert, doch die finanziellen Ressourcen müssten auch geschont werden. Das Unternehmen steuert wohl auf Kurzarbeit zu: Angesichts der Rückgänge im Auftragseingang würden die Rahmenbedingungen für Kurzarbeit geprüft und Informationen aus allen Bereichen des Unternehmens ausgewertet. In Blomberg gehe man davon aus, dass die "Korrekturphase nicht weiter als in das 2. Halbjahr des nächsten Jahres" reichen werde, so Eva von der Weppen. Danach werde wieder Wachstum erwartet. Bauflaute trifft auch Beckhoff Hans Beckhoff, Inhaber und Chef von Beckhoff Automation in Verl, rechnet im laufenden Jahr noch "mit einem guten Umsatzwachstum, resultierend aus bestehenden langlaufenden Aufträgen". Im Auftragseingang aber sei ein "drastischer Rückgang" zu bemerken. Das Unternehmen mit rund 6.000 Mitarbeitern ist am Markt unter anderem mit eigenen Industrie-PCs erfolgreich und verbuchte 2022 gut 1,5 Milliarden Euro Umsatz. Überbestellungen hätten zuletzt zu einer Auftragsblase geführt, so die Analyse: "Diese Blase wird jetzt aufgelöst", sagt Beckhoff. Ein Grund sei schlicht die weltweite konjunkturelle Eintrübung. Da das Unternehmen auch in der Gebäudeautomation aktiv ist, werde dieser Beckhoff-Bereich auch von der Flaute in der deutschen Baukonjunktur getroffen. Auf eine Belebung hofft Hans Beckhoff im zweiten Quartal 2024. Wago hofft auf zweite Hälfte 2024 Die Mindener Wago-Gruppe, mit rund 9.000 Mitarbeitern Weltmarktführer mit Federklemmen, verspürt ebenfalls einen Rückgang des Auftragsvolumens für das nächste Jahr. 2022 hatte das von Heiner Lang geführte Unternehmen noch einen Rekordumsatz von 1,34 Milliarden Euro verbucht, im laufenden Jahr werde ein Geschäft auf stabilem Niveau erwartet. Im Sinne einer vorausschauenden Arbeitsplatzsicherung müssten die Produktionskapazitäten jedoch angepasst werden: Um die Beschäftigung für die Zukunft zu sichern, "haben beziehungsweise werden wir temporär Kurzarbeit in fast allen Bereichen einführen", erklärte Wago-Sprecherin Tina Meyer. "Wir streben an, die Kurzarbeit so kurz wie möglich zu halten, um die Auswirkungen auf die Mitarbeitenden zu minimieren." Gründe für die Entwicklung seien etwa die schwache Konjunktur, die gestiegenen Zinsen und höhere Energie- und Rohstoffpreise. Wago sei zudem auch im Gebäudesektor tätig und von der Baukrise mitbetroffen. Auch die rückläufigen Bestellungen im Maschinenbau machen sich bei Wago bemerkbar, eine Trendwende sei hier noch nicht in Sicht. Wie die deutschen Wirtschaftsforscher, die für 2024 wieder mit Wachstum rechnen, erwartet auch Wago in der zweiten Hälfte 2024 eine Belebung. Weidmüller will "auf Sicht fahren" Weidmüller in Detmold verweist wie Wago auf die schwache Lage im Maschinen- und Anlagenbau: Der Maschinenbauverband VDMA berichte von einer "verlangsamenden Wirkung der derzeitigen Wirtschaftslage auf den Auftragseingang". Dies spiegele sich auch bei Weidmüller wider. "Als vorsichtige Kaufleute haben wir uns daher entschieden, vorerst auf Sicht zu fahren", teilte das Unternehmen mit. Eine Maßnahme sei dabei die Einführung von Kurzarbeit ab Oktober in der Produktion sowie in Büro- und Verwaltungsbereichen. Mit rund 6.000 Mitarbeitern habe Weidmüller 2022 unter der Führung von Volker Bibelhausen einen Umsatz von 1,17 Milliarden Euro erzielt. Auch die Detmolder gehen von einer Erholung im zweiten Halbjahr 2024 aus. Harting befürchtet Umsatzrückgang Beim Technologieunternehmen Harting in Espelkamp wird "aufgrund der derzeitigen geringeren Auftragseingänge" für das aktuelle Geschäftsjahr ein Umsatzrückgang befürchtet. Bereits seit dem Frühsommer würden alle Möglichkeiten der flexiblen Produktionssteuerung genutzt. Kurzarbeit gehöre punktuell mit dazu, erklärte Unternehmenssprecher Detlef Sieverdingbeck. Vorstandschef Philip Harting hatte für das Geschäftsjahr 2021/22 mit 1,06 Milliarden Euro erstmals einen Umsatz oberhalb der Milliardengrenze gemeldet. Doch nun diagnostizieren die Espelkamper erhebliche Standortprobleme: Die Energiekosten seien nicht wettbewerbsfähig, Probleme gebe es beim Zugang zu Rohstoffen und Fachkräften, unzureichende Investitionen in die Digitalisierung und eine überbordende Bürokratie sorgten ebenfalls für ein schwaches Investitionsklima in Deutschland. "Investitionen finden außerhalb Deutschlands statt - davon profitieren internationale Wettbewerber."

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