Krankenkassen warnen für 2024 vor weiter steigenden Beiträgen

Berlin/Bielefeld. Die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sind zum Jahreswechsel auf ein Rekordhoch gestiegen und werden nach Angaben der Krankenkassen auch 2024 weiter steigen, wenn die Bundesregierung nicht gegensteuert. Um zu verhindern, dass die Versicherten weiter belastet werden, fordern die Kassen die Ampel-Koalition dazu auf, die im Koalitionsvertrag versprochene Milliarden-Entlastung endlich umzusetzen. Aktuell liegt der durchschnittliche Kassenbeitrag bereits bei 16,1 Prozent. Er setzt sich zusammen aus dem allgemeinen Beitragssatz, der seit 2015 bei 14,6 Prozent des Bruttolohns liegt, sowie dem Zusatzbeitrag. Dieser wird von den Krankenversicherungen bestimmt und variiert. 2023 liegt der durchschnittliche Zusatzbeitrag bei 1,5 Prozent. Die finanzielle Schieflage der GKV ist nach Auffassung der größten Krankenkasse in OWL, der AOK Nordwest, auf eine verfehlte Gesundheitspolitik der vergangenen beiden Jahrzehnte zurückzuführen. &bdquo;Die Bundesregierung muss endlich die Kehrtwende einleiten und dafür Sorge tragen, dass Ausgaben- und Einnahmenentwicklung wieder ins Gleichgewicht kommen“, fordert Johannes Heß, AOK-Verwaltungsratsvorsitzender. &bdquo;Die letzten Kostendämpfungsgesetze stammen aus den 1990er-Jahren. Seitdem geht es nur noch um Kostensteigerungen“, moniert Thomas Johannwille, Vorstand der Bertelsmann BKK und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der BKK in OWL. &bdquo;In der Politik hat offenbar niemand den Mut offen zu hinterfragen, wie wir als alternde Gesellschaft künftig noch unsere Sozialsysteme finanzieren können.“ Kassen: Versicherte zahlen Zeche für gesetzlich verordnete Mehrausgaben Bisher mussten nach Angaben von Johannwille und Heß vor allem die beitragszahlenden Versicherten die Zeche für die gesetzlich verordneten Mehrausgaben zahlen, etwa durch die Erhöhung der Zusatzbeiträge, den Griff in die Kassenrücklagen und die Entnahme von Reserven aus dem Gesundheitsfonds. &bdquo;Damit wurden die erheblichen Finanzierungsprobleme der GKV nicht gelöst, sondern immer wieder nur verschoben. Das muss endlich ein Ende haben“, sagt Heß. Johannwille rechnet jedoch nicht mit dringend notwendigen Reformen. &bdquo;Bis Ende Mai musste Gesundheitsminister Lauterbach Vorschläge zur künftigen GKV-Finanzierung vorlegen. Diesem gesetzlichen Auftrag ist er jedoch bis heute nicht nachgekommen.“ Da das Jahr 2022 sowie das erste Quartal 2023 für die GKV nicht so schlimm liefen wie erwartet, warte die Bundesregierung nun lieber ab. &bdquo;Für den Rest von 2023 sowie die kommenden Jahre rechnen wir jedoch mit einem deutlich steigenden Finanzierungsbedarf.“ Zum einen, weil verschobene Behandlungen nachgeholt würden. Zum anderen aufgrund inflationsbedingter Kostensteigerungen sowie Tarifabschlüssen. Kassen fordern Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel Überfällig ist nach Auffassung der Krankenkassen deshalb, dass der Bund versicherungsfremde Leistungen ausreichend finanziert, insbesondere die Beitragspauschalen für Bürgergeld-Empfänger. Derzeit erhalten die Krankenkassen laut Heß für jeden Bezieher eine Monatspauschale von 114,14 Euro, die jedoch nur einem Drittel des tatsächlichen Leistungsbedarfs entspreche. &bdquo;Insgesamt würden die Beitragszahler der GKV um fast zehn Milliarden Euro pro Jahr entlastet, wenn der Bund auskömmliche Beiträge für diesen Personenkreis zahlen würde“, sagt Heß. Diese Forderung unterstützt auch Johannwille, der zudem eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel fordert. &bdquo;So könnte die Politik die Kosten nachhaltig senken und die Beitragszahler der GKV erheblich entlasten. Das ist dem Staat zuzumuten, denn warum sollte der Staat weiter voll an Gesundheitsausgaben mitverdienen?“ Der Verband der Ersatzkassen rechnet bei einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente mit Entlastungen von sechs Milliarden Euro für die GKV. Doch auch die auskömmliche Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Empfängern sowie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel reichen aus Sicht der Krankenkassen nicht für eine dauerhafte Stabilisierung der GKV-Finanzen aus. Nötig sei zudem eine Strukturreform im Gesundheitswesen, die eine zukunftsorientierte Krankenhauslandschaft und Notfallversorgung sowie den Einstieg in eine sektorenübergreifende Versorgungsgestaltung ermöglicht.

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