Die harte Wahrheit über den Aufstieg als Jungunternehmer

Paderborn/Berlin. Julian Leitloff aus Paderborn ist ein erfolgreicher Gründer von Unternehmen und er tut etwas, was in der Wirtschaftsszene eher verpönt ist: Der 31-Jährige redet offen über Geld. Über das Geld, das er verdient. Und das Geld, das er investiert hat. Und auch das Geld, das verloren ging. Warum tut er das? &bdquo;In der Start-Up-Szene gibt es so viele Mythen, von denen die meisten gar nicht stimmen", sagt Leitloff: &bdquo;Damit will ich aufräumen." Elon Musk und Marc Zuckerberg seien für viele Vorbilder, &bdquo;aber die wirken doch wie Astronautentum – einfach unerreichbar." Zugleich aber verströmten sie den Eindruck des garantierten Erfolges. &bdquo;Und das ist ganz weit weg von der Realität." Leitloff hat das Gründerdasein selbst durchlebt. Nicht nur einmal. Nicht immer erfolgreich. Doch am Ende mit Perspektive. &bdquo;Wichtig ist, dass man weiß, worauf man sich einlässt als Gründer, und das tun viele nicht." &bdquo;Warum soll ich das nicht erzählen?" Heute steht Julian Leitloff gut da. Er führt ein Unternehmen, das er selbst mitgegründet hat. In einer Zeitschrift wurde er nach seinem Verdienst gefragt und gab unumwunden 5.000 Euro brutto an und auch, wofür er die so ausgibt. &bdquo;Warum soll ich das nicht erzählen?" Beinahe wäre alles anders gekommen. Nix mit Gründerkarriere. Nach der Schule beginnt Leitloff ein Bachelor-Studium für Business Administration und steigt in ein Trainee-Programm bei der Deutschen Bank ein. Könnte eine gesicherte Laufbahn werden. Ist aber nicht seins. Er beginnt ein Masterstudium an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, und da trifft er sie - diese Studenten, &bdquo;die einfach machten, die etwas ausprobierten, die sich an Start-ups wagten. So clever waren die aber nun auch nicht." Soll heißen: das kriege ich doch auch hin. Es spricht etwas an in ihm, der schon als Schüler Websites gebaut hat, einen kleinen Gitarrenhandel nach dem Unterricht auf die Beine stellte. &bdquo;Aber an Unternehmertum habe ich dabei nie gedacht." Das geschieht erst, als er bei einem Auslandsaufenthalt seinen selbstständigen Gastvater erlebt. Der hinterlässt Eindruck bei ihm. &bdquo;Der Mann hat unglaublich viel gearbeitet, aber diese Freiheit in seiner Selbstbestimmung, das wollte ich auch." Überleben mit Büchsenbier und Konservensuppen 2012 springt Leitloff im Alter von 22 Jahren selbst ins kalte Wasser. Er gründet mit guten Freunden in Berlin &bdquo;Stilnest" - ein Start-up. Ihre Idee: Schmuck aus dem 3D-Drucker zu vertreiben. Onlinehandel verknüpft mit Social Media. Doch statt des schnellen Geldes und eines kometenhaften Aufstiegs erlebt er, was es heißt, etwas aufzubauen. Die Jungs ernähren sich von Büchsenbier und Konservensuppen, weil sie sich selbst so gut wie kein Gehalt gönnen. &bdquo;Sonst passt die Kalkulation nicht." Manchmal hat Leitloff gar kein Bargeld mehr. Immer wieder muss er um die Mittel der Investoren kämpfen. Zusagen heißen noch lange nicht, dass am Ende wirklich Geld fließt. &bdquo;Aber ohne Startkapital geht es nicht". Was nach Abenteuer klingt, wird zur harten Landung in der Realität. Nicht nur finanziell. Auch menschlich. &bdquo;Wenn du ein Unternehmen führst, musst du Entscheidungen treffen, das wird von dir erwartet", sagt Leitloff. Mit 25 Jahren führt er plötzlich 24 Mitarbeiter. Doch manche dieser Entscheidungen tun einfach nur weh. Wie die, seinen besten Freund Raoul an die Luft zu setzen. Mit ihm hatte er die Idee zum Start-up, doch Raoul passt nicht zum Weg des Unternehmens, zur Projektarbeit. &bdquo;Solche Entscheidungen machen einsam und verändern dich, das weiß ich heute." &bdquo;Stilnest" macht seinen Weg. Leitloff wird vom renommierten Forbes-Magazin unter die 30 besten Gründer unter 30 in Europa gewählt. Der Lorbeerkranz auf dem Kopf des noch immer jungen Unternehmers. Er ist da gerade mal 26 Jahre alt. Weil er aber den Reiz des Neustarts braucht, steigt er aus und versucht sich an etwas Neuem. Mitstreiter sind schnell gefunden, Investoren auch, doch dann erwischt es diesmal ihn: die Mitgründer wollen plötzlich nicht mehr mit ihm arbeiten. Sie kommen mit seinem Führungsstil nicht klar. Man trennt sich, und Leitloff steht ohne Aufgabe da. &bdquo;Seitdem weiß ich, was der Gallier Majestix meinte, wenn er sich davor fürchtet, dass ihm der Himmel auf den Kopf fällt."Die Panikattacke und zitternde Hände Heute ist Julian Leitloff weiser: &bdquo;Scheitern gehört zum Gründen dazu, man fällt mindestens einmal auf die Klappe", sagt er. Damit müsse man umgehen können. Auch mit der Leere nach einem Misserfolg. &bdquo;Wer das nicht kann, soll es lieber bleiben lassen." Sagt es und erzählt von dunklen Stunden und Tagen, in denen er sich Panikattacken nahe fühlte und seine Hände zitterten. Vielleicht sei es sogar besser, wenn man sich erst mit einer gewissen Lebenserfahrung an Start-ups wage. &bdquo;Dann hat man einen anderen Horizont, ein Netzwerk, vielleicht finanzielle Reserven, und man kennt sich selbst besser. Als ich anfing, wusste ich doch noch nicht mal wirklich, wer ich bin." Auf der anderen Seite ist man in der Jugend ungebunden. Hat man erst mal Familie und Haus, kann man sich ein Scheitern kaum leisten. &bdquo;Und der Stress, auf keinen Fall scheitern zu dürfen, hat schon manchen kaputt gemacht." Ab 2017 baut er erfolgreich Fractal mit auf, ein IT-Unternehmen, das Firmen beim Crowdinvesting unterstützt. Dort ist er bis heute CEO. &bdquo;Sind Sie zufrieden mit Ihrem Einkommen?", wurde er neulich gefragt. Die trockene Antwort: &bdquo;Ja, sonst würde ich es mir erhöhen." Fünf Jahre zuvor hatte er auf die gleiche Frage bei viel weniger Einkommen geantwortet: &bdquo;Ja, denn es reicht." Die Perspektiven verschieben sich mit dem Erfolg. Dem hart erarbeiteten Erfolg mit Büchsenbier und Suppen aus der Konserve.

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