Insolvenzverfahren eröffnet

Karstadt-Schließungen: Betriebsräte verbünden sich mit Bürgermeistern

Verdi kritisiert geplante Schließungen von Galeria Karstadt Kaufhof und will auch die Politik in NRW unter Druck setzen. Der NRW-Städtetagvorsitzende Clausen richtet Appell an das Land.

Bundesweit pprotestieren Gewerkschafter  gegen die geplanten Schließungen von Karstadt-Filialen --  wie hier auf der Frankfurter Zeil.
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Andrea Frühauf
01.07.2020 | 01.07.2020, 17:43

Essen/Bielefeld. Die Betriebsräte von Galeria Karstadt Kaufhof wollen Druck auf die Politik und die Geschäftsführung der Warenhauskette ausüben, um geplante Schließungen doch noch zu verhindern. „Wir versuchen in allen betroffenen Kommunen, mit den Oberbürgermeistern oder Bürgermeisten ins Gespräch zu kommen", sagte Nils Böhlke, Gewerkschaftssekretär im Landesfachbereich Handel, nach einer Versammlung in Essen.

Kundgebung in Essen

Allein in NRW sind von den geplanten Schließungen 18 Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof – darunter auch in Bielefeld und Gütersloh – sowie vier Häuser von Karstadt Sports und fünf Häuser von Karstadt Feinkost betroffen. Zu der Versammlung mit anschließender Kundgebung in Essen kamen gestern insgesamt 60 Betriebsräte – je zwei pro Haus. Damit seien 30 der 43 Häuser in NRW vertreten gewesen, so Böhlke. Auch aus Bielefeld waren Arbeitnehmervertreter in Essen. Betroffen sind laut dem Gewerkschafter insgesamt knapp 2.500 Beschäftigte in NRW (inklusive Karstadt Sports und Karstadt Feinkost). Bundesweit will der Konzern 62 seiner 172 Filialen dichtmachen. Insgesamt seien bundesweit 7.000 Beschäftigte betroffen.

"Die Innenstädte veröden"

Die Verdi-Fachbereichsleiterin für den Handel in NRW, Silke Zimmer, kritisierte die geplanten Schließungen scharf: „Keine Stadt kann eine Bauruine in 1A-Lage gebrauchen. Deshalb haben die Schließungen eine fatale Wirkung nicht nur auf die betroffenen Beschäftigten. Sie gehen sowohl zu Lasten der Kundinnen und Kunden, denen die Einkaufsmöglichkeiten in den Städten verloren gehen. Sie gehen aber auch zu Lasten der Kommunen in denen die Innenstädte veröden und sie gehen zu Lasten des stationären Einzelhandels, dem die Besucherströme durch die großen Warenhäuser wegbrechen."

Der neugewählte Städtetagvorsitzende, Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD), sagte: „Dass viele traditionsreiche Filialen schließen sollen, trifft die Städte hart." Der Städtetag sei mit dem Unternehmen, Gewerkschaften, dem Einzelhandel und anderen Akteuren in Kontakt. Er appellierte an das Land, sich für den Erhalt möglichst vieler Filialen einzusetzen.

Kritik am Umgang der Konzernspitze mit Bürgermeistern

Verdi sei ständig mit der Konzernspitze in Kontakt, betonte Böhlke. „Sie sagen, dass sie Gespräche mit Vermietern der Immobilien führen. Aber wie gut werden die umgesetzt?", fragte er skeptisch. „Wir hören Signale, dass die Bürgermeister alles andere als damit zufrieden sind, wie die Geschäftsführung mit ihren Anfragen umgeht." Die Beschäftigten verzichteten bereits mit dem im Dezember abgeschlossenen Integrationstarifvertrag auf Weihnachts- und Urlaubsgeld und damit im Schnitt auf 8 Prozent ihres Einkommens.

Das Amtsgericht Essen ordnete derweil für die Warenhauskette und acht verbundene Unternehmen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung an. Betroffen seien auch die Tochterunternehmen Karstadt Sports, Galeria Logistik, Sportarena, Le Buffet, Dinea Gastronomie Karstadt Feinkost, Atrys I und Saks Fifth Avenue Off 5th Europe.