
Brüssel. Beim Restaurantbesuch ein Glas Leitungswasser umsonst dazu? Diesen Service sollen Gäste auch in Deutschland künftig öfter genießen können: Ein neues EU-Gesetz drängt die Gastwirte dazu, Trinkwasser kostenlos oder für eine Mini-Gebühr auf den Tisch zu stellen – als Alternative zu teurerem Mineralwasser aus der Flasche. Die Trinkwasser-Richtlinie der EU sieht auch andere Verbesserungen vor: Geplant sind viel mehr öffentliche Wasserspender, an denen man unterwegs den Durst löschen kann.
Um das neue EU-Gesetz wurde monatelang gerungen, in der Nacht zu Donnerstag einigten sich die Unterhändler vom EU-Parlament und EU-Rat der Mitgliedstaaten in Brüssel. Umkämpft war unter anderem ein neues Ziel für die Gastronomie in Europa: Teile des EU-Parlaments hätten gern eine verbindliche Verpflichtung für die Gastwirte festgeschrieben, ein Gläschen Wasser aus dem Hahn umsonst zu servieren. Beschlossen wurde am Ende eine Empfehlung, kein Zwang. Die EU will die Bereitstellung von Leitungswasser – kostenlos oder gegen eine geringe Servicegebühr – nun fördern, bei Details sind die Mitgliedstaaten gefragt.
Gastronomen fürchten um Einnahmen
In Deutschland hatte es gegen weitergehende Pläne Proteste aus der Gastronomie geben, Gastwirte fürchteten Umsatzeinbußen; denn das mitunter üppig kalkulierte Mineralwasser ist eine bedeutende Einnahmequelle. In südlichen Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien ist das kostenlose Wasser zum Essen oder zum Kaffee dagegen gängige Praxis.
Der CDU-Europaabgeordnete und Gesundheitsexperte Peter Liese warb um Verständnis für den Kompromiss: „Nicht alles, was vernünftig ist, kann aus Brüssel zentral angeordnet werden“, sagte Liese. Es sei eine gute Idee, in Restaurants Leitungswasser umsonst oder für einen geringen Preis abzugeben. Die EU solle dies den Gastronomen aber nicht vorschreiben: „Wir brauchen Unterstützung für Restaurantbesitzer, die diesen Weg gehen, und sehr viel mehr Informationen für die Bevölkerung. Dann wird der Markt dies regeln.“
Strengere Schadstoffgrenzwerte beschlossen
Liese verwies ebenso wie der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold auf zahlreiche weitere Vorteile für Verbraucher: So soll es künftig mehr öffentliche Wasserbrunnen geben, an denen sich jedermann unterwegs versorgen kann. Ziel ist es, die Flut von Einweg-Plastikflaschen einzudämmen. „Leitungswasser ist, insbesondere was die Umwelt- und Energiebilanz angeht, sehr viel besser als Mineralwasser, das oft weite Transportwege hinter sich hat“, meinte Liese. „Ein Liter Mineralwasser belastet die Umwelt im Schnitt tausendmal mehr als ein Liter Leitungswasser.“
Außerdem wurden strengere Grenzwerte für bestimmte Schadstoffe beschlossen, etwa für gesundheitsschädliches Blei (der Schwellenwert wird auf 5 Mikrogramm pro Liter halbiert). Erstmals gibt es auch einen Grenzwert für Bisphenol-A, das unter anderem in der Kunststoffherstellung eingesetzt wird. Giegold sagte: „Das Leitungswasser in den Haushalten wird durch strengere Grenzwerte für Hormongifte sauberer werden. Viele Menschen werden dadurch kein Trinkwasser mehr kaufen müssen, sondern können auf Leitungswasser umsteigen.“ Der Grünen-Politiker lobte die neue Richtlinie auch als Erfolg für die Demokratie: Die Richtlinie geht auf einen Vorstoß der Europäischen Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“ zurück.