Brakel. Medienfrosch Paul, eine dekorative Figur, begrüßt die Besucher im Eingangsbereich der "Schulze-Brakel Schaumstoffverarbeitungs GmbH" - dem nach eigenen Angaben Weltmarktführer für Mikrofonwindschütze. Auch er hat ein Mikro mit Schaumstoffüberzug in der Hand, doch Interviews führt er keine. Besonders viel Besuch bekommt er wohl auch nicht, denn Geschäftsführer Archibald Schulze-Cleven reist lieber zu seinen Kunden, die auf der ganzen Welt verteilt sind.
"Ich habe festgestellt, wenn man einen Kunden einmal besucht hat, springt er nicht mehr ab", sagt der 75-Jährige. Außerdem müssten kulturelle Besonderheiten beachtet werden. Schulze-Cleven, der die Firma von seinem Vater übernommen hat, will noch in diesem Jahr in den Ruhestand gehen. Ein Nachfolger sei bereits in Sicht, der auch neue Märkte angehen wird.
Es geht ums Marketing
"Alle Medien wollen im Bild sein", beschreibt Archibald Schulze-Cleven das Erfolgsgeheimnis seines Unternehmens, das seit 2002 Windschütze produziert. Nicht selten würden auf Pressekonferenzen Mikrofon-Dummys von Fernsehanstalten aufgestellt, die gar nicht vor Ort seien. "Früher ging es nur darum, durch Windschütze die Plopp-Geräusche zu unterdrücken, die beim Sprechen ins Mikro entstehen können. Das ist in den Hintergrund gedrückt. Heute geht es ums Marketing", erklärt der 75-Jährige.
Außerdem erwecke es einen viel professionelleren Eindruck bei Menschen, wenn sie einem Reporter mit Senderkennzeichung auf dem Mikrofon begegnen. "Dabei ist das Produkt auch durch nichts zu ersetzen", meint Vertriebsleiterin Susanne Johnson. Hinzu komme, dass die Windschütze regelmäßig nachbestellt werden müssen, da sie leicht schmutzig ihre Strahlkraft verlören - oder weil sich die Logos der Sendeanstalten ändern.
Nicht mehr nur für Medien
Gleichzeitig ergäben sich durch das Internet neue Möglichkeiten. Immer mehr Kunden fragten nach Windschutz-Lösungen für das Smartphone - und das sind längst nicht nur noch Medien. Auch Firmen, Fußballvereine oder Youtube-Stars lassen ihre Logos auf die Schaumstoffüberzüge drucken, sei es für den Podcast, für Veranstaltungen oder andere Gelegenheiten. Schulze-Cleven arbeitet außerdem am Direktvertrieb an die Mikrofonhersteller.
"Bislang ist unsere Stärke, dass wir relativ kurzfristig auch in geringen Mengen und in Spitzenqualität produzieren können", so der Geschäftsführer. In China könnten Kunden nur große Stückzahlen mit langen Lieferzeiten ordern. Weitere Windschutzhersteller sitzen in England und der Türkei. Die Konkurrenz ist also rar. Zukünftig sollen durch die Versorgung der Mikrofonhersteller aber auch Massenaufträge an Land gezogen werden.
Massenauftrag für KLM
So wie für die niederländische Fluggesellschaft "KLM". Die "Schulze-Brakel Schaumstoffverarbeitungs GmbH" mit ihren 35 Mitarbeitern produziert nach Angaben des Geschäftsführers jeden Monat 10.000 sogenannte "Hygienesets", bestehend aus zwei kleinen Windschützen für die Headsets der Piloten. Auch die Automobilindustrie wird von der Brakeler Firma beliefert: In Massen werden Schutzschläuche aus Schaumstoff gefertigt, die Kabel in Fahrzeugen schützen und den Fahrer vor nervigen Geräuschen bewahren sollen.
Beflockung ermöglicht mehrere Farben
Der neue Geschäftsführer, mit dem noch Gespräche laufen und dessen Namen Schulze-Cleven nicht nennen möchte, darf sich also über einen wachsenden Markt freuen. Für problematisch hält Schulze-Cleven jedoch die aktuelle amerikanische Politik: "Wir haben gute Kunden im Iran und in Russland, aber mit den Embargo-Maßnahmen ist es schwierig."
82 Prozent der Waren gehen laut dem 75-Jährigen ins Ausland. In der Produktion werden gerade Windschütze für einen Fernsehsender in Paraguay rot beflockt. "Die elektrostatische Beflockung ist nötig geworden, um mehrfarbige Windschütze zu ermöglichen", erklärt Mitarbeiter Christian Weidlich. Weiße Windschütze müssten immer beflockt werden, weil das Material (Polyurethan) nicht UV-beständig ist und ansonsten vergilbe.
Vitrinen voller Musterstücke
Je nach Wunsch werden dann bestimmte Stellen abgeklebt und die übrigen mit Leim versehen. Nach dem Auftragen des Flocks aus Polyamid oder Viskose muss der Windschutz zunächst trocknen, bevor die Logos aus dem Sieb- oder Digitaldruck aufgebracht werden. Hier ist Handarbeit gefragt. Je nach Aufwand liege der Preis dann zwischen 16 und 60 Euro. Von jedem Auftrag behält die Firma ein Muster - zahlreiche, volle Vitrinen zeugen davon. Weiterer Platz ist aber vorhanden.