Bielefeld. Als Lasse Rheingans in seiner Werbeagentur den Fünf-Stunden-Tag einführte, erklärten ihn nicht wenige schlicht für verrückt. Arbeitszeit von 8 bis 13 Uhr, bei gleicher Bezahlung, gleichen Rechten, gleichem Urlaubsanspruch? Kann nicht funktionieren.
Funktioniert doch! Viel Beachtung hat Rheingans erfahren, Preise bekommen. Und jetzt hat er auch ein Buch über das Projekt geschrieben. „Die 5-Stunden-Revolution. Wer Erfolg will, muss Arbeit neu denken", heißt das Werk mit 224 Seiten. Ob man das Buch an einem Fünf-Stunden-Arbeitstag durchlesen kann, muss sich allerdings erst noch erweisen.
Geschrieben hat er es jedenfalls nicht an einem 5-Stunden-Tag. Sondern meist spät abends. Am Wochenende. Und im Urlaub. Acht Monate hat er gebraucht. Ein Glück für ihn, dass die Ehefrau stillgehalten hat. „Die findet das Thema auch spannend", sagt Rheingans. Und lacht.
Das Interesse an dem Versuch war groß

„Einfach irre" sei das (Medien-)Interesse an seinem 5-Stunden-Projekt gewesen. Immer neue Anfragen gab es, Einladungen zu Diskussionsrunden und stapelweise Bewerbungen, nachdem erst diese Zeitung über das Modell berichtet hatte und dann bundesweit weitere Medien aufgesprungen waren. „Das war wirklich verrückt. Das hätte ich mir nicht träumen lassen."
Fast folgerichtig kam der Vorschlag mehrerer Verlage, ein Buch zu schreiben. Der Campus-Verlag machte schließlich das Rennen. Im Buch berichtet Rheingans wie es gelungen ist, seine Agentur auf den 5-Stunden-Tag umzustellen. Die Selbstbeschränkung war die Reaktion auf Dinge, die aus seiner und der Sicht vieler Arbeitnehmer verkehrt laufen. „Es wird zu viel gearbeitet, es gibt zu wenig Freizeit und die Welt dreht sich immer schneller."
So funtkioniert das Arbeitszeitmodell
Seine Alternative: „Fünf Stunden hochkonzentriert arbeiten bis zur Mittagspause – das kann dasselbe Ergebnis bringen wie die üblichen acht bis neun Stunden." Wer nachmittags freie Zeit hat, der kommt morgens hoch motiviert zur Arbeit. Der weiß, wofür er dann fünf Stunden lang diszipliniert und konzentriert arbeitet.
Das geht nicht ohne Regeln. Es wird seltener gequasselt, soziale Medien bekommen wenig Raum, das Handy bleibt zumeist in der Schreibtisch-Schublade. Gespräche ufern nicht mehr aus, für Konferenzen gibt es einen klaren Fahrplan – und kein offenes Ende.
Deutschland braucht neue Arbeitskonzepte
Deutschland habe reichlich Nachholbedarf, was neue Arbeitskonzepte angeht, findet Rheingans. Das Arbeiten in Teams, „agiles Arbeiten", der Abschied von Hierarchien – all das klappt anderswo auf der Welt schon viel besser. Auch diese Botschaft will Rheingans mit seinem Buch verbreiten.
Das sei schon ein tolles Gefühl, das eigene Buch in den Händen zu halten, gibt er zu. „Vor kurzem noch ein Word-Manuskript im Rechner, jetzt ein richtiges Buch – das ist schon etwas Besonderes." Eigentlich sollte das Buch heute offiziell erscheinen, Amazon ist allerdings schon vorgeprescht. Erst hat Rheingans sich darüber geärgert, inzwischen hat er es abgehakt.
Stattdessen amüsiert er sich prächtig über die Nachfrage, worüber er denn sein nächstes Buch schreiben will. „Nein", sagt er. Konkret geplant sei noch nichts. Und doch. Den Kern hat er bereits im Kopf. „Es geht um die Erkenntnisse hinter dem Fünf-Stunden-Konzept. Um die Dinge, die wir gelernt haben."