Wirtschaft

Hunderte Arbeitsplätze fallen bei Gerry Weber weg - Aktienkurs explodiert

Spekulanten nutzen angesichts der vom kriselnden Modehersteller Gerry Weber angekündigten drastischen Sparmaßnahmen die Gunst der Stunde.

Viele Filialen werden geschlossen. | © picture alliance/dpa

Andrea Frühauf
08.04.2019 | 09.04.2019, 17:59

Halle. Die Ankündigung, dass der insolvente Modehersteller Gerry Weber bundesweit 120 Filialen schließen will und 454 Stellen wegfallen sollen, sorgte am Montag bei der Aktie für ein Kursfeuerwerk. Gegen 18 Uhr lag der Kurs fast bei 55 Cent und damit gut 37 Prozent im Plus. Einen Tag später war die Aktie nach starken Schwankungen gegen 18 Uhr knapp 59 Cent wert. Allerdings war das Papier nur binnen eines Jahres um knapp 93 Prozent abgestürzt. 

Erst kürzlich hatte die Aktionärsschützerin Jella Benner-Heinacher (DSW)  Anleger vor dem Kauf der Gerry-Weber-Aktie gewarnt. Sie sah das Papier des insolventen ostwestfälischen Modeherstellers als Spielball von Spekulanten. Die DSW erhalte vermehrt Anfragen von sehr spekulativen Anlegern, die überlegten, wieder in die Aktie einzusteigen. „Wir als DSW warnen davor", betonte Benner-Heinacher vor wenigen Wochen. Schließlich sei es völlig unklar, ob das Unternehmen die Insolvenz in Eigenverwaltung auch schaffen werde.

Hoffnung auf Turnaround

Die jetzige Ankündigung des neuen Vorstandschefs Johannes Ehling, der schon wegen bereits ergriffener Maßnahmen "Rückenwind im Markt" verspürte und am Freitag von der mit Arbeitnehmervertretern vereinbarte Streichliste berichtete, zeigte offenbar Wirkung. Hoffnung auf einen Turnaround würden auch die Worte von Johannes Ehling machen, berichtete das Anlegermagazin Der Aktionär.

Genau solche Worte würden die besonders Mutigen unter den Börsianern hören wollen. Der Aktionär habe bereits vor einigen Wochen darauf hingewiesen, dass die Chancen auf einen nachhaltigen Turnaround nicht schlecht stünden. Denn: In der laufenden Planinsolvenz habe Ehling den Vorteil, unter Beachtung des Insolvenzrechts, an elementare Dinge wie Arbeitsverträge oder Mietverträge heranzugehen. Damit würden massiv Kosten gespart.

Auch Paragon kam wieder auf die Beine

Ehling sieht zudem eine Angebotslücke, da einige Hersteller von klassischer Damenmode wie Basler oder Delmod am Markt gescheitert seien. Auch das gibt Spekulanten Auftrieb. An der Börse spekulieren laut dem Anlegermagazin bereits einige frohlockend darauf, dass Gerry Weber die nächste Paragon werde. Denn der Delbrücker Autozulieferer Paragon war auch hochverschuldet, als er Ende 2009 ebenfalls eine Planinsolvenz anmeldete. Heute ist Paragon mit seiner Tochter Voltabox sehr erfolgreich.

Die anerkannten Forderungen seien damals bei Paragon mit einer Quote von 12,7 Prozent befriedigt worden. Bei Gerry Weber sei allerdings ein Forderungsverzicht von 40 bis 60 Prozent unerlässlich. Die Chancen auf eine Rettung des Modemachers stünden aber gar nicht mal so schlecht. "Mutige Anleger können mit einer kleinen Position auf ein Überleben spekulieren", hieß es weiter.

Allerdings dürften Aktienbesitzer angesichts der großen Verschuldung des Unternehmens künftig einen Großteil ihres Wertes abschreiben müssen.