Angst vor dem Blackout

Städten fehlt Notfallplan für großen Stromausfall

Das Bundesamt warnt: Deutschland ist auf einen großflächigen Energie-Ausfall schlecht vorbereitet. Auch in Bielefeld sind „noch viele Fragen offen“

Zappenduster: In Berlin-Köpenick ist das Licht ausgegangen. | © picture alliance/dpa

Andrea Frühauf
01.03.2019 | 01.03.2019, 08:48

Bielefeld. Ein Blackout legte kürzlich Berlin-Köpenick gut 30 Stunden lang lahm. Betroffen waren 31.000 Haushalte. Selbst für den Notruf fehlte Strom. In Münster saßen im harten Winter 2005 rund 250.000 Menschen teils mehr als drei Tage ohne Strom im Kalten. Auf den Straßen herrschte Chaos. Ein Anschlag könnte dramatischere Folgen haben. Deutschland ist dafür schlecht gerüstet.

„Für einen großflächigen und lang anhaltenden Stromausfall gibt es keinen Notfallplan", wie das ARD-Politmagazin „Kontraste" herausfand. Demnach sind laut Bundesinnenministerium Länder und Kommunen für die Krisenbewältigung zuständig. Ein Lagezentrum von Bund und Ländern sammele nur Infos und koordiniere die Verteilung von Notstrom-Aggregaten. Selbst Diesel-Vorräte zum Betrieb der Aggregate könnten im Ernstfall nicht verteilt werden.

Notstromaggregate reichen nicht aus

In Münster konnten die vorhandenen 80 Notstrom-Aggregate lediglich die Innenstadt teilweise mit Strom versorgen. Auch die Notstrom-Aggregate der Stadtwerke Bielefeld reichen nicht aus, um „riesige Stadtviertel wie Berlin-Köpenick zu versorgen", so Sprecherin Birgit Jahnke. Krankenhäuser hätten für solche Notfälle selbst vorgesorgt. Fällt eine Stromleitung aus, können die Stadtwerke mit einigen Schaltungen eine zweite Leitung freischalten, wie es in einigen Straßenzügen schon vorgekommen ist. „Aber es kann dumme Zufälle geben wie in Berlin", räumt Jahnke ein. Bauarbeiter hatten dort bei einer Bohrung neben dem Hauptkabel auch das Ersatzkabel beschädigt. Bielefeld stehe mit seinen Vorkehrungen aber besser da als der Bundesschnitt, verweist Jahnke auf Aussagen der Bundesnetzagentur. Das Stromnetz an der Stadtgrenze hat zwei Einspeisepunkte (Eickum, Bechterdissen). „Dass beide Punkte ausfallen, ist unwahrscheinlich." Bei einem großflächigen Ausfall seien die Netzbetreiber zuständig.

Trinkwasserversorgung ist gut abgesichert

„Es kann nicht Ziel sein, jeden Haushalt mit einem Notstrom-Aggregat zu versorgen", betont Bielefelds Katastrophenmanagerin Anja Ritschel. Vielmehr müsse die Stadt im Ernstfall Anlaufstellen bieten und die Kommunikation sicherstellen. Die Stadt befasse sich seit 2017 systematisch mit dem Thema und habe gemeinsam mit Polizei und Stadtwerken an der Akademie für Notfallschutz und Krisenmanagement einen Workshop besucht. „Die überlebenswichtige Trinkwasserversorgung ist gut abgesichert." Ritschel räumt ein: „Natürlich sind noch viele Fragen offen." Bürger sollten selbst vorsorgen und Trockennahrung vorhalten.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz warnte bereits 2018, Deutschland müsse sich besser vorbereiten. Die Verwundbarkeit der digitalen Gesellschaft durch Angriffe und Stromausfälle sei weiterhin extrem hoch, bemängelt auch Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionschef der Grünen. "Trotz einer jahrelangen Diskussion und mehrerer Vorfälle, die wir als Warnsignale verstehen müssen, sind wir weiterhin für derartige Großschadenslagen nicht gut aufgestellt." Es reiche nicht aus, wenn das Bundesinnenministerium auf Länder und Kommunen verweise.