
Bielefeld. Hinter den Mauern des Bielefelder Familienunternehmens Dr.Oetker gibt es immer wieder Dinge, die die verschwiegene Familie gerne von der Öffentlichkeit fernhalten würde. Dies gilt vor allem für den jahrelangen Streit zwischen den acht Geschwistern, die aus den drei Ehen des verstorbenen Patriarchen Rudolf August Oetker hervorgingen. Im Gesellschafter-Streit um die Macht im Konzern könnten nun die nachrückenden Enkel eine wichtige Rolle spielen, um den Konflikt zu lösen.
Christian Oetker (70), der mittlere Bruder der ehemaligen Konzernchefs August und Richard Oetker, hat sein Achtel am Konzern (12,5 Prozent) an seinen Neffen Markus von Luttitz übergeben, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte. Christian Oetker saß ehemals im Beirat des Familienunternehmens und war Leiter der Oetker-Marktforschung. Sein in München lebender 53-jähriger Neffe, ein Enkel von Rudolf August Oetker, hat nichts mit dem Pudding-, Pizza- und Sektgeschäft der Unternehmensgruppe zu tun.
Der Unternehmer von Luttitz ist ein Sohn der Innenarchitektin Bergit Gräfin Douglas. Sie stammt aus der zweiten Ehe des verstorbenen Patriarchen Rudolf August Oetker und war in zweiter Ehe mit dem 2016 verstorbenen Frankfurter Kunstvermittler und früherem Chef von Sothebys Deutschland, Christoph Graf Douglas, verheiratet. Ihren eigenen Anteil (12,5 Prozent) hatte Douglas schon 2015 an ihren Sohn Ludwig Graf Douglas (32) – den Halbbruder von Markus von Luttitz – übergeben.
Markus von Luttitz, der im Dezember Miteigentümer der Oetker-Gruppe wurde, ist ein Marketingexperte und produziert Filme. Er habe im Umfeld des Privatfernsehens Karriere gemacht, heißt es. Ihm gehört die Medienstrand GmbH & Co. KG, eine Agentur für Markenintegration und Spezialvermittlung. Der Mediendienstleister hat nach eigenen Angaben ein gutes Netzwerk in Industrie und zu Medien.
Und es gibt einen dritten Oetker-Enkel, der bereits zum Gesellschafterkreis gehört. Die älteste Tochter aus erster Ehe des Patriarchen, Rosely Schweizer, hatte ihrem Sohn Rudolf Schweizer (51) ihren Anteil (12,5 Prozent) laut Lebensmittelzeitung bereits 2010 übergeben. Die Übergabe der Unternehmensanteile noch zu Lebzeiten hat bei den Oetker-Gesellschaftern auch wegen steuerlicher Aspekte Tradition. Der Enkel Rudolf Schweizer sitzt neben August und Alfred Oetker bereits als drittes Familienmitglied im Beirat des Familienunternehmens. Die vier weiteren Mitglieder kommen laut Richtlinien nicht aus der eigenen Familie.
Der heutige Beiratschef August Oetker, der in diesem Jahr 75 Jahre alt wird, wird das mächtige Kontrollgremium Ende März verlassen. Damit dürfte sich der Streit mit dem an die Macht drängenden Halbbruder und Beiratsvizevorsitzenden Alfred Oetker, der vergebens um die Konzernführung gekämpft hatte und dem seine Geschwister Ferdinand und Julia zur Seite stehen, weiter zuspitzen. Denn die Frage ist: Welches Familienmitglied rückt in den siebenköpfigen Beirat, und wer übernimmt den Vorsitz als Nachfolger von August Oetker?
Bislang galt es als naheliegend, dass August Oetkers Sohn Philip in den Beirat nachrücken könnte. Denn diese Lösung hatte August Oetker schon vor Jahren selbst in Aussicht gestellt. Philip ist bislang Leiter des Vertriebs bei der an Maersk verkauften Reederei Hamburg Süd. Der Oxford-Absolvent arbeitet seit elf Jahren in Hamburg. Und auch Richard Oetkers Sohn Carl werden gute Qualitäten nachgesagt. Damit käme die nächste Generation ans Ruder.
Doch Alfred, Ferdinand und Julia, die drei Kinder aus der dritten Ehe von Rudolf-August Oetker mit Maja, kämpfen derzeit an anderer Front. Sie haben wie berichtet vor dem Landgericht Bielefeld eine Feststellungsklage gegen die Wahl des neuen Beiratsmitgliedes Anna Maria Braun eingereicht. Um Familienunternehmen zu verstehen, brauche es einen Psychologen, hatte August Oetker vor einiger Zeit in einem Interview gesagt.