Wirtschaft

Oetker-Familie streitet um Macht im Konzern

Die jüngeren Oetker-Nachkommen und Mitgesellschafter gehen gerichtlich gegen die Beiratswahl vor. Selbst an externen Mitgliedern entzündet sich ein Machtkampf.

Geschwister aus dritter Ehe: Carl-Ferdinand, Julia und Alfred Oetker, der das Unternehmen ursprünglich leiten wollte. Alfred Oetker hatte vor dem Verkauf der Reederei Hamburg-Süd aufgrund des wachsenden Kapitalbedarfs nicht ausgeschlossen, dass die Unternehmensgruppe den Aktienmarkt benötigen werde. | © Christian Weische

Andrea Frühauf
19.01.2019 | 28.01.2019, 18:28

Bielefeld. Es war lange Zeit ruhig beim Bielefelder Dr. Oetker-Konzern. Der Familienstreit zwischen den Halbgeschwistern um die Führung der Oetker-Gruppe schien mit der Wahl von Alfred Oetker zum stellvertretenden Beiratsvorsitzenden befriedet. Doch die Ruhe war offenbar trügerisch.

Jetzt fechten die drei Nachkommen aus dritter Ehe des vor zwölf Jahren verstorbenen Patriarchen Rudolf-August Oetker die jüngste Wahl zur Besetzung des mächtigen Beirates an, der das Unternehmen kontrolliert. Alfred, Carl Ferdinand und Julia Oetker haben eine Feststellungsklage beim Landgericht Bielefeld eingereicht, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Über den Inhalt der Klage konnte er nichts sagen, da sie noch nicht zugestellt sei. Der Oetker-Konzern hüllte sich in Schweigen. Alfred Oetker (51), der das Unternehmen ursprünglich leiten wollte, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

"Enervierender Zwist der Puddingsippe"

Wie berichtet hatte sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr (52) zum 1. Oktober nach sieben Jahren aus dem Oetker-Beirat zurückgezogen. Mit dem Verkauf der Reederei Hamburg-Süd fiel der Logistik-Bereich bei der Oetker-Gruppe weg. Dass das Bielefelder Familienunternehmen damit für den Topmanager, der einst die Frachtlinie Lufthansa Cargo geleitet hatte, weniger interessant war, wie Spohr selbst verlauten ließ, klingt plausibel.

Entscheidend für Spohrs Abgang dürfte der „enervierende Zwist der Puddingsippe sein", vermutete aber schon damals das Manager Magazin. Spohr habe intern stets für eine versöhnliche Linie plädiert. So war er an der Entscheidung beteiligt, Alfred Oetker Anfang 2015 zum stellvertretenden Beiratschef zu ernennen. „Der westfälische Frieden blieb trotzdem aus."

"Anna Maria Braun ist noch zu unerfahren"

Spohrs Nachfolgerin im Beirat ist inzwischen die Juristin Anna Maria Braun, künftige Chefin des Medizintechnik-Herstellers B. Braun (Melsungen). Die 39-jährige Familienunternehmerin gehört damit zu den vier externen Mitgliedern des siebenköpfigen Kontrollgremiums, das der ehemalige Konzernchef August Oetker (74) nur noch in diesem Jahr leitet. Er ist der älteste Sohn des verstorbenen Patriarchen und ein Halbbruder von Alfred (55), Ferdinand und Julia. Alle acht Oetker-Nachkommen aus drei Ehen sind Gesellschafter und zu gleichen Teilen am Familienunternehmen beteiligt.

Mitte Dezember sollen laut Spiegel die älteren Oetker-Geschwister, zu denen auch der letzte familieneigene Konzernlenker Richard Oetker gehört, Anna Maria Braun zur Wahl gestellt haben. Die drei jüngeren Oetker-Nachfahren hätten die Kandidatin aber aus formalen Gründen abgelehnt. Begründung: Die Wahl entspreche nicht den strengen Richtlinien des Gesellschaftsvertrags. Die 39-Jährige sei noch zu unerfahren, zudem stehe sie den älteren Oetkers nahe. Andere Kandidaten seien nicht zugelassen worden.

Nein-Stimmen als Ja-Stimmen gewertet

Die Abstimmung der acht Gesellschafter soll 5:3 ausgegangen sein, die Dreiviertelmehrheit wurde demnach verfehlt. Dennoch habe Versammlungsleiter August Oetker die Wahl für gültig erklärt: Denn das Stimmverhalten der jüngeren Oetkers beruhe auf „treuwidrigen" Gründen, die Nein-Stimmen seien deshalb als Ja-Stimmen zu zählen. Alfred, Ferdinand und Julia Oetker reichten aus Protest die Feststellungsklage beim Landgericht Bielefeld ein, das die Wahl prüfen soll.

Der Partiarch „RAO", wie er genannt wurde, hatte für Streit im Beirat vorgesorgt und verfügt, dass familienfremde Mitglieder dort die Mehrheit stellen sollten. Doch selbst an familienfremden Mitgliedern entzündet sich nun ein Machtkampf seiner Kinder.

Immerhin scheint das Tischtuch noch nicht ganz zerschnitten zu sein. Ferdinand Oetker geht nach seinem Abgang beim familieneigenen Bankhaus Lampe zwar unternehmerisch eigene Wege. Er hält die Mehrheit an der Wink Stanzwerkzeuge GmbH & Co. KG (Neuenhaus). Doch die Wink Holding sitzt in Bielefeld an der Lutterstraße 14 – da, wo auch Dr. Oetker sitzt.

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