Delbrück. Momentan ist der Kontakt unterbrochen. Auch Martin Kolek aus Delbrück hat keine Nachrichten von Carola Rackete, deren Hausarrest in Italien am Dienstagabend aufgehoben wurde. Die Kapitänin der Sea-Watch 3, Kolek hat sie 2016 kennen gelernt. Unter ihrem Kommando war er drei Wochen auf dem Mittelmeer unterwegs, hat Schiffbrüchige an Bord genommen und versorgt.
600 Menschen wurden damals aufgenommen und an größere Schiffe übergeben. „Carola hat darauf bestanden, dass man Kapitän sagt, nicht Kapitänin", erinnert sich Kolek, der den Posten des 1. Offiziers innehatte.
"Es sterben Menschen"
Das Kommando auf der Sea-Watch 2 habe sie damals aus Notwendigkeit übernommen, weil der ursprünglich vorgesehene Schiffsführer abgesagt hatte. Kolek hat Rackete ein Jahr später für sein Buch „Neuland" interviewt. Über ihre Motivation, sich in der Seenothilfe einzusetzen, sagte sie: „Ich habe noch nie verstanden, warum man selbstverständliche Sachen auch noch erklären soll. Es sterben Menschen und wir können deren Zahl zumindest verringern."
Seit 2016 ist der Kontakt zu Rackete nicht abgebrochen, sagt Kolek. 2018 hat er sie auf Malta wieder getroffen. Damals war das Schiff festgesetzt und am Auslaufen gehindert worden. Die letzten Kurznachrichten seien am Samstag kurz vor dem Einlaufen der Sea-Watch 3 in Lampedusa ausgetauscht worden.
Seitdem ist der Kontakt abgerissen. Rackete sei das Risiko der Inhaftierung bewusst gewesen, so Kolek. „Das ist allen klar, die seit 2016 auf Hilfseinsätze fahren." Diesen Menschen gehe es jedoch um fundamentalere Gesetze als die juristischen. Sie wollen nicht hinnehmen, dass in ganz Europa die Bereitschaft so groß sei, das Seerecht zu brechen.
"Die Situation wird sich wiederholen"
Allerdings sei das internationale Seerecht für Einzelfälle geschaffen worden, nicht für die Rettung so vieler Menschen. Kolek: „Da müsste sich die Politik ranmachen und das Seerecht neu schreiben." Die Politik müsse sich auch davon verabschieden, eine gemeinsame europäische Regelung zur Aufnahme von Geflüchteten finden zu wollen. „Wenn es Länder gibt, die sich strikt weigern, wird es nie eine Regel geben", so Kolek. Dann lasse man weiter Menschen ertrinken.
Rackete schrieb 2017: „Wohin man auch guckt, der Kompass ist bei vielen ausgefallen." Ihr eigener Kompass hat sie wieder aufs Mittelmeer geführt. Während alle Welt auf sie schaut, sind noch andere Schiffe von Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer unterwegs. Kolek: „Die Situation wird sich wiederholen."