Delbrück

Delbrücker Aktivist: „Rettungsschiffe haben eine klare Aufgabe“

Interview mit dem Delbrücker Musiktherapeuten und Aktivisten Martin Kolek

War auf dem Mittelmeer: Martin Kolek aus Delbrück. | © Privat

22.07.2017 | 03.08.2017, 16:04

Der Delbrücker Musiktherapeut und Aktivist Martin Kolek hat kein Verständnis für die Vorwürfe, dass freiwillige Helfer im Mittelmeer mit libyschen Schleppern kooperieren würden.

Herr Kolek, Sie haben sofort auf die Anschuldigungen der Politiker reagiert. Warum?
Martin Kolek:
Mit diesen Aussagen will man die Hilfsorganisationen schwächen und die Bevölkerung verunsichern, damit sie weniger spendet. Denn die Freiwilligen finanzieren sich durch Spenden. Das ist eine mutwillige Zerstörung menschlicher Solidarität aus strategischen Gründen. Die Helfer sollen einfach nicht mehr aufs Meer fahren, damit sie nicht mehr über die Situation auf dem Wasser berichten können.

Also ist an den Vorwürfen nichts dran?
Kolek: Diese Vorwürfe sind absurd. Ein Hineinfahren vor die Küste in libysches Hoheitsgewässer kann lebensgefährlich sein. Das findet nur unter Rücksprache und unter direkter Koordination mit der Rettungsleitzentrale in Rom statt, so dass die Militärschiffe immer Kenntnis darüber haben. Auch eine Zusammenarbeit mit Schleppern ergibt keinen Sinn. Auf den Booten selbst befinden sich zudem keine Schlepper mehr. Jedes motorisierte Helferschiff ist jederzeit über die Datenbank Marinetraffic im Internet einsehbar. Selbst wenn das Automatische Identifikationssystem ausfällt – die Rettungsschiffe mailen zusätzlich alle zwei Stunden ihre Position, Geschwindigkeit und Fahrtrichtung an die Rettungsleitzentrale in Rom und sind damit räumlich einschätzbar. Es ist Blödsinn, dass dort ein Schiff versteckt werden kann.

Wie läuft denn eine Rettung von Flüchtlingen ab?
Kolek: Die Rettungsschiffe haben eine klare Aufgabe: Flüchtlingsboote sichten, Rücksprache mit der Rettungsleitzentrale halten, Rettungswesten ausgeben und schließlich die Menschen auf größere Schiffe verteilen. Es gibt ein klares Prozedere, wie vorgegangen wird. Es fahren eigentlich genügend Frontexschiffe mit großer Besatzung rum. Wenn man wüsste, dass sie helfen und die Menschen sicher sind, dann müssten die Freiwilligen nicht mehr raus. Aber das ist anscheinend nicht so. Es ist absurd: Waffenlieferungen werden unterstützt – Kriegsschiffe an Libyen geliefert – aber keine zivilisierte Rettung von Menschen. Die Einzigen die hier profitieren sind die Militärs auf beiden Seiten und diejenigen, die meinen, sie hätten die Macht und das Recht, über Menschen zu bestimmen.

INFORMATION


Kritik

In den vergangenen Tagen gab es Kritik an Hilfsorganisationen, die Flüchtlinge vor dem Ertrinken retten. Österreichs Innenminister warf Organisationen vor, dass sie vor der libyschen Küste mit Schleppern kooperieren würden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière kritisierte, dass Helferschiffe ihre Position verschleierten.