Als englischer Landschaftspark wurde der Sielpark in Bad Oeynhausen im Jahr 1900 angelegt. Etwa 50 Hektar groß ist das Areal nördlich der Kurgebiete von Bad Oeynhausen. Mit weiten Wiesenauen, hohen Bäumen und einem 1990 neu eröffneten Gradierwerk ist der gepflegte Park an den Ufern der Werre ein ideales Freizeitgebiet. Besonders für Radfahrer.
Besondere Bad Oeynhausener Stadtführung
Eine Stadtführung mit dem Fahrrad. Mal was anderes. Klingt spannend und ist es auch. Der Weg ist das Ziel. Mit Geschichten, die selbst für Bad Oeynhausener neu sind. Gezielt Pausen zu machen und dabei gleichzeitig interessante Hintergrundinformationen und Geschichten über Bad Oeynhausen zu erfahren, steht im Mittelpunkt. Es macht Spaß, Christian Barnbeck zuzuhören. Wer auf seine Mimik und Gestik achtet, kann ihm entspannt folgen. Mit einem Augenzwinkern und seinen Entertainerqualitäten gelingt es ihm, seine Gäste sehr aufmerksam zuhören zu lassen. Der 33-Jährige, der sonst vor allem im Kurpark und in der Innenstadt von Bad Oeynhausen mit seinem Fachwissen und seiner authentischen Art die Historie wieder ein Stück lebendig werden lässt, hat sich neue Konzepte ausgedacht. Wegen der Corona-Pandemie war dies teilweise auch notwendig.
Stadtführungen während Corona
„Radtouren mit 15 Personen sind derzeit möglich. Mehr Teilnehmer sind leider nicht erlaubt", sagt Christian Barnbeck. Die Nachfrage sei groß, die Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Staatsbad Oeynhausen gut.
„Ich habe an der Universität in Hamburg Klassische Archäologie mit dem Schwerpunkt Griechenland und Rom und Frühgeschichtliche Archäologie mit dem Schwerpunkt Norddeutscher und Skandinavischer Raum studiert", sagt der Stadtführer. „Während meines Studiums bin ich zurück nach Bad Oeynhausen gezogen. Auch, weil ich es vermisst habe. Dann hatte ich die Idee, dort nebenberuflich Stadtführungen zu machen, um mein Studium zu finanzieren. Damals hat die Bad Oeynhausener Architektur bei mir für einen Aha-Effekt gesorgt. Es gibt hier römische Landvillen, griechische Tempel und auch Skulpturen, verarbeitet in der Architektur des 19. Jahrhunderts." Er habe sich auf Kur und Tradition in Europa sowie Waldbaden seit der Antike konzentriert und im Selbststudium das Lokalwissen angeeignet. „Mit einer Architektur-Führung bin ich in Bad Oeynhausen gestartet. Das war 2012", erklärt Barnbeck. „Im Laufe der Jahre habe ich Ideen für neue Führungen und andere Kulturangebote, immer in Kombination mit lokaler Geschichte und Europageschichte entwickelt." Es sei ihm für seine Arbeit wichtig, „nicht altbackene Heimatgeschichten zu erzählen, sondern unsere Heimat auch mit Europa zu verbinden".
Sultan von Sansibar war 1928 in Bad Oeynhausen
Das gelingt ihm auf der Radtour durch die Ortsteile Werste und Rehme. Wir fahren zum Steinkammergrab neben einer Hauptstraße in Werste. Halten an einem Neubau, auf dessen Gelände bis vor einigen Jahren der Sielhof stand. Ein bekanntes Restaurant in der Nähe der Werster Tennisplätze, das in den 1920ern als Flughafen-Restaurant genutzt wurde. Christian Barnbeck berichtet über das Projekt nach der damaligen Westflug GmbH. Sogar eine Flugverbindung nach Norderney gab es damals. 1927 weilte Gustav Stresemann am Bad Oeynhausener Jordansprudel, der Sultan von Sansibar wurde 1928 mit einem schwarzen Chrysler zum Hotel Königshof neben dem Kurpark chauffiert. Er kurte in der Badestadt im heutigen Süden des Kreises Minden-Lübbecke. Wir fahren weiter durch den Sielpark. Mit Mund-Nasen-Schutz, den wir auf der Radtour nur hier brauchen, gehen wir ins Bülow-Brunnen-Gebäude und schauen uns nahe des Gradierwerks an, woher die Sole kommt. Die gibt es in Bad Oeynhausen noch immer. Wie schon in den 20ern. Weiter geht es am Sielbad vorbei zum Weser-Werre-Kuss auf der Rehmer Insel, zur historisch höchst interessanten Kirche in Rehme und dem Ortskern, dann weiter zur ehemaligen Schokoladen-Fabrik und auf die Spuren des Colon Sültemeyer, dessen Schweine Salzkristalle fanden und ihn zur Schlüsselfigur der Stadtgeschichte machten. Barnbeck erzählt und beschreibt bis ins kleinste Detail. Alle hören aufmerksam zu. Bis zum Schluss, gegen 18.30 Uhr.
„Ich habe kein Patentrezept wie es gelingt, Leute drei Stunden bei der Stange zu halten", sagt der 33- Jährige. „Es macht mir viel Spaß, Themen zu vermitteln. Leider ist die Lokalgeschichte in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr ins Hintertreffen geraten. Wir sind jetzt in einer gesellschaftlichen Situation, in der sich viele wegen der Beschleunigung und Über-Informationen, die überall herrschen, zu wenig mit dem beschäftigt haben, was vor ihrer Haustür passiert. Es wurde lieber durch die Welt gereist. Zum Glück gibt es jetzt hier den Überraschungseffekt, das Fremde im Bekannten zu entdecken. Immer mehr junge Leute nehmen auch das Angebot meiner Führungen wahr. Das freut mich."
In Bad Oeynhausen ist nicht nur der Kurpark interessant
In den ersten Jahren habe er einen starken Fokus auf den Kurpark und die Innenstadt gehabt. Die Auseinandersetzung damit habe dazu geführt, dass er sich für die besondere Situation der alten Stadtteile der jungen Stadt interessiert habe. Barnbeck: „Ich habe deshalb die Westfälische Geschichte mehr in den Blick genommen. Vor ein paar Jahren sind wir mit einem Oldtimer-Bus durch alle Stadtteile Bad Oeynhausens gefahren." Das Motto lautete „Oeynhausen Panorama-Fahrt". Der Ortsteil Rehme habe eine profunde und lange Geschichte, die genau dokumentiert ist. „Es lässt sich zwischen der Stadt Bad Oeynhausen und ihren Stadtteilen gut eine Verbindung herstellen", sagt der Stadtführer. „Ich bereite mich nicht speziell auf Führungen vor. Ich lese nach wie vor Bücher zur Lokalgeschichte und daraus entstehen Ideen für Präsentationen. Das Steinkammergrab in Werste stelle ich zum Beispiel nicht in einem kleinen, lokalen Kontext vor, sondern ich gehe auch auf europäischer Ebene auf die Bedeutung ein." Der Flugplatz im Siel sei auch interessant. „Es gibt viele kleine, versteckte Sachen. Das ist an der Lokalgeschichte das Besondere. Bei großen Sehenswürdigkeiten haben die Leute sofort ihre eigenen Assoziationen. Der Begriff Achtsamkeit steckt für mich ganz stark in Stadtführungskonzepten."
Durch die Corona-Pandemie sei das Programm „relativ flexibel" dieses Jahr. Er werde diesmal auf die Wetterverhältnisse achten: „Sonst ist der November mein Urlaubsmonat. Wenn es einen halbwegs goldenen Herbst mit ein paar schönen Tagen gibt, würde ich die Führungen eventuell noch länger anbieten." Bei Gruppenbuchungen müsse er penibel auf die Corona-Vorgaben achten. Christian Barnbeck: „Für die organisatorische Unterstützung der vergangenen Wochen bin ich dankbar. Das war sehr hilfreich und motivierend."