Es ist einer der ersten heißen Sommertage des Jahres. An diesem Freitag ist der Bürgerpark in Bielefeld gut besucht. Sonnenanbeter auf Decken mit einem kühlen Getränk, Hundebesitzer, tobende Kinder – und unter einer der alten, schattigen Eschen eine Gruppe sportlich aktiver Frauen und Männer. In Zweiergruppen absolvieren sie ein Zirkeltraining. Rote Köpfe und Schweißperlen halten sie nicht davon ab, sich in der frühen Abendsonne auszupowern: Sie kriechen wie Spiderman auf allen Vieren über das Gras, machen Kniebeuge auf Balance-Pads, sprinten, springen und stoßen mit aller Kraft einen schweren Gewichtsball in den Boden, um ihn gleich wieder aus der Kniebeuge heraus aufzuheben. Begleitet wird das Szenario von einem stets gut gelaunten Mann. Er ist mit dem Timer seines Smartphones Herr über die Zeit: „Noch 30 Sekunden!"; „Das linke Bein und den rechten Arm ausstrecken und den Rücken dabei schön gerade lassen!"; „Ok, Wechsel!"; „Super, und jetzt nochmal richtig Power geben!" Wer einen Motivator sucht, ist bei Trainer und Personal-Coach Holger Pante genau richtig. Nach dem Motto „Wir treibens draußen" ist er mit seiner Crossout-Community ganzjährlich in Bielefeld Open-Air aktiv.
FREILUFT-TRAINING
Holger Pante ist 49 Jahre und hat einen „bunten Lebenslauf", wie er selbst sagt. Der Weg zum Sport – für ihn kein direkter. Als Kaufmann ins Berufsleben gestartet, kam er über den Städte- und Landschaftsbau zum Sport als Berufung. „Mit Mitte 20 hatte ich so etwas wie einen Life-Changing-Moment und habe realisiert, dass Bewegung und Ernährung die Themen sind, auf die ich mich ausrichten möchte", erzählt er. Crossout, so heißt sein Training-Angebot, das er seit nun fünf Jahren in Bielefeld im Bürgerpark an der Oetkerhalle allen Freiluft- und Bewegungsfreunden anbietet. Dahinter steckt ein abwechslungsreiches und ganzheitliches Intervall-Training, das Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination verbindet. Ein Fitnessworkout, das allwetterfest ist. Die Gründe liegen auf der Hand: „Der Mensch ist dafür gemacht, draußen zu sein. Frische Luft und die Natur tun uns gut, sorgen für gute Stimmung, Wohlgefühl und stärken unser Immunsystem", erklärt Holger Pante. Mit Bewegung kombiniert wird der Effekt gefördert, „die Sauerstoffaufnahme wird gestärkt und ganz nebenbei noch Vitamin D getankt". Teilnehmerin Kristine ist schon seit mehr als drei Jahren Crossout-Mitglied und bestätigt, was Pante über den Draußen-Sport sagt: „Ich fühle mich seitdem fitter und gesünder. Ich bin selten bis gar nicht mehr krank. Und der Sport tut immer gut, auch an einem Wintertag. Dann zieht man sich eben einfach ein bisschen wärmer an und los gehts."
HOCH INTENSIV
„Begonnen wird immer mit einem Warm-up, bei dem die Muskulatur auf Betriebstemperatur gefahren wird und Verletzungen vorgebeugt werden", erklärt Holger Pante. Dann folgt der „intensive" Hauptteil: In Zweiergruppen werden im Zirkel Übungen mit dem eigenen Körpergewicht und verschiedenen Kleingeräten absolviert – nach dem Prinzip des High-Intensity-Intervall-Trainings (HIIT): Eine Minute volle Power an der jeweiligen Übungsstation geben, dann 30 Sekunden durchschnaufen, weiter gehts zur nächsten Station. „Durch die hohe Intensität kommt es zu einem Kalorien-Nachbrenneffekt, der das Fett quasi schmelzen lässt und gleichzeitig die Muskulatur stärkt und strafft." An die persönliche Grenze gehen, um seine Grenzen zu erweitern. „Wer in seiner Komfortzone bleibt, kommt nicht voran. Es geht darum sich zu belasten, aber nicht zu überlasten", sagt Holger Pante. Jede Woche gibt es daher auch andere, neue Übungen, „damit es neue Reize gibt und erst gar kein Gewöhnungseffekt eintreten kann."
Wer nun meint, das sei Sport nur für junge, motivierte Hüpfer, der irrt. In der Crossout-Community kommen alle zusammen, die Lust auf Outdoor-Sport in der Gruppe haben und fit sein wollen. „Wir sind eine bunt gemischt Truppe. Von Anfang-Mitte 20 bis Ü-50 sind hier alle Altersgruppen vertreten, ein paar Teenies und Ü-60er sind auch dabei", berichtet Holger Pante. Fit zu sein hat eben keine Altersgrenze. Jeder, der keine körperlichen Vorschäden hat und sich belastbar fühlt, kann mitmachen. Im Zweifel wird dies in einem Vorgespräch geklärt. „Natürlich bringt nicht jeder die gleichen körperlichen Fähigkeiten mit", sagt Holger Pante, „das muss er auch gar nicht. Jede Übung kann individuell skaliert werden. Es gibt leichte, mittlere und schwere Ausführungsvarianten, sodass jeder an sein Fitness-Level angepasst, trainieren kann."
MIT SPORT ZUM TROTZ
Doch noch so viel Motivation und sportlicher Ehrgeiz können nichts ausrichten, wenn ein Virus einen Strich durch den gemeinsamen Sport im Park macht. Die Krise ist auch an Holger Pante und Crossout Bielefeld nicht spurlos vorbeigegangen. „Der Lockdown hat mich natürlich unmittelbar beruflich betroffen. Montags haben wir noch trainiert, am Dienstag war es verboten, in Gruppen Sport zu machen." Doch Holger Pante wäre nicht Holger Pante, wenn er in der Krise nicht auch eine Chance sehen würde. „Es ging um meine Existenz. Ich wusste, dass ich auf die Situation direkt reagieren muss. Ich habe mich mit der entsprechenden Technik ausgestattet und gleich am Donnerstag ein Live-Mitmachvideo für die Crossout-Mitglieder angeboten", erzählt er. Auch wenn Sport in Gruppen nicht möglich war, wollte er den Kontakt zu den Crossout-Mitgliedern aufrechterhalten, indem er sie mit weiteren Mitmach-Videos und Sport-Challenges motivierte und als Dankeschön Personaltrainings gab. „Ich habe die Zeit auch dazu genutzt, unseren Online-Auftritt und die Website auszubauen und Trainings zu planen, um auf den Tag X vorbereitet zu sein, an dem alles wieder losgeht. Du bist kein Opfer der Umstände. Du hast nur bedingt Einfluss auf die Situation, aber immer Einfluss auf den Umgang mit ihr. Nicht nur das positive Denken ist wichtig, sondern viel mehr auch das Tun", meint Holger Pante.
Das Herz schlägt hoch und heftig und das Gesicht glüht. Die Sportler liegen schwer atmend auf der Sportmatte, trotzdem blicken sie zufrieden hinauf zum Blätterdach über ihnen. Ein lauer Luftzug bringt beim Cool-Down – der letzte Teil des Crossout-Trainings – etwas Abkühlung. „Manche sagen ja: Sport ist am schönsten, wenn er vorbei ist", sagt Holger Pante mit einem Lachen und schaut zufrieden auf die vor ihm liegenden Sportler. Recht hat er. Wer aber erst gar keinen Sport treibt, wird dieses gute Gefühl erst gar nicht erleben.
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