Im Zoo Osnabrück ist es still geworden. Keine Kinder, die über die Wege flitzen und freudig an den Gehegen stehen, um ihre Eltern auf das Treiben der Affen oder Elefanten aufmerksam zu machen. Keine Zoo-Mitarbeiter, die den Besuchern interessante Informationen zu den 2.200 Tieren im weitläufigen Areal am Schölerberg erzählen. Der Zoo ist fast menschenleer. Denn seit dem 17. März sind die Türen dicht. „Aufgrund der aktuellen Lage bleibt der Zoo bis auf Weiteres geschlossen!", steht auf einem Schild vor dem Eingang. Das Corona-Virus hat auch den Osnabrücker Publikumsmagneten nicht verschont. Um die Ansteckungszahlen einzudämmen, mussten deutschlandweit alle Anbieter von Freizeitaktivitäten vorübergehend schließen.
Nicht nur für die Zoo-Mitarbeiter ist dies eine ungewohnte Situation, auch viele Zoo-Tiere merken, dass etwas anders ist als sonst. Ist es für sie nicht sogar positiv, wenn niemand gegen die Glasscheiben klopft? Genießen Giraffen und Gorillas die Ruhe und Einsamkeit?
Besonders Buschi vermisst die Besucher
„Die Tiere reagieren aufmerksamer, wenn zum Beispiel mal ein Pfleger vorbeikommt, und beobachten dann genau, was sich vor ihrem Gehege tut", sagt Zoo-Sprecherin Hanna Räckers. Einige Tierarten seien jetzt deutlich neugieriger als zu Zeiten mit Besuchern. „Zum Beispiel unsere Kapuzineraffen verfolgen ganz genau, wer sich auf den Besucherwegen bewegt und spüren denjenigen nach." Auch die Hyänen oder Servale seien sehr viel neugieriger.
Besonders der Star des Zoos, Orang-Utan-Männchen Buschi, vermisst die Besucher vor seinem Gehege. „Er hat immer sehr gern das rege Treiben beobachtet", erzählt Räckers. „Das fehlt ihm natürlich." Die Tierpfleger würden das aber durch verschiedene Beschäftigungsaktionen wieder ausgleichen. Auf direkte Streicheleinheiten müssen die Tiere allerdings verzichten. Seitdem in einem New Yorker Zoo die Ansteckung eines Tigers mit dem neuartigen Corona-Virus bestätigt wurde, gelten auch im Kontakt mit den Zoo-Tieren in Osnabrück verschärfte Maßnahmen. Direkter Kontakt mit den Tieren wird so weit wie möglich vermieden. Ist dies nicht möglich, kommt eine Schutzausrüstung aus Mundschutz und Handschuhen zum Einsatz. Beim Umgang mit den Menschenaffen arbeiten die Pfleger sogar in kompletter Schutzausrüstung, da durch die hohe genetische Übereinstimmung zum Menschen das Risiko einer Ansteckung höher sein kann.
Keine Einnahmen - der Lockdown ist sehr schmerzhaft
Der Lockdown ist für den Zoo sehr schmerzhaft. Anders als andere Zoos leben die Osnabrücker nicht hauptsächlich von öffentlichen Geldern, sondern von den Eintrittsgeldern. Bis zu 75 Prozent machen diese von den Gesamteinnahmen aus. Da der Zoo momentan geschlossen ist, werden auch keine Einnahmen erzielt. Trotzdem laufen die Kosten für Personal oder Tierfutter weiter. Denn die Tiere wollen natürlich auch in Corona-Zeiten gefüttert und gepflegt werden. So entstehen jeden Monat Kosten in Höhe von 290.000 Euro allein für die Tiere. Die monatlichen Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 500.000 Euro.
Der Zoo versucht zwar mit Kurzarbeit für einige Bereiche wie Verwaltung und Kasse die Kosten zu senken. Doch das Gros der Beschäftigten, die Tierpfleger, wird auch weiterhin benötigt und kann somit nicht in Kurzarbeit geschickt werden.
Corona führt zu einer riesigen Lücke in der Kasse
Die Einnahmesituation hat sich in den vergangenen Wochen geradezu katastrophal entwickelt. Durch die Schließung des Zoos am 17. März ist kaum Geld in die Kasse geflossen. Im März wurden noch 190.000 Euro eingenommen, im April aber 0 Euro. Dabei ist der Frühling eine umsatzstarke Zeit, wie der Vergleich zum Vorjahr zeigt: Im März 2019 generierte der Zoo durch Besuchereintritte 375.000 Euro, im April waren es sogar 1.052.000 Euro. Corona führt somit zu einer riesigen Lücke in der Kasse, die den Zoo in den Ruin treiben könnte. Und vor Anfang Mai ist eine Öffnung unrealistisch. Aktuell geht man davon aus, die Zootüren wieder am 4. Mai zu öffnen. Aber auch danach könnte es schwierig werden, wenn die Besucher aus Ansteckungsangst zu Hause bleiben.
Diese Existenzangst steht im krassen Gegensatz zur Stimmung vor ein paar Wochen und Monaten. Denn 2019 war für den Zoo Osnabrück ein Rekordjahr. Mit mehr als eine Million Besucher war er so erfolgreich wie noch nie in seiner 83-jährigen Geschichte. Die Erlöse aus Eintrittsgeldern beliefen sich auf üppige 6,72 Millionen Euro. Diese Erfolgsstory wollte der Zoo natürlich 2020 fortschreiben und wurde nun durch Corona ausgebremst.
Erfolgreiche Spendenaktionen
Um diese Vollbremsung etwas abzumildern, haben sich die Mitarbeiter an die Öffentlichkeit gewandt und mehrere Spendenaktionen ins Leben gerufen, die auf ein großes Echo gestoßen sind. So konnte der Zoo nach nur einer Woche bereits 100.000 Euro an Spenden verzeichnen. Die Stadt Osnabrück will zusätzlich jeden Euro verdoppeln, der bis zum 21. April eingegangen ist. Kurz vor Ende der Frist lag der Stand bei fast 176.000 Euro – gut 60 Prozent der monatlichen Tierkosten.
Zudem bietet der Zoo momentan verbilligte Jahreskarten (Retter-Karten) sowie Merchandising und Tierpatenschaften, die für zusätzliche Einnahmen sorgen. „Infolge der hohen Spendenbereitschaft und Hilfsbereitschaft können wir den April überstehen", sagt Pressesprecherin Räckers erleichtert und warnt zugleich: „Eine längerfristige Schließung wäre nur mithilfe von öffentlichen Mitteln durchzuhalten."
Corona zeige aber, was für ein tolles Team im Zoo arbeitet und wie viele Menschen dem Zoo in dieser schwierigen Zeit bei Seite stehen. „Wir haben in kürzester Zeit eine große Spendenkampagne gemeinsam auf den Weg gebracht", sagt Räckers. Für sie ist es eine schöne Erfahrung – und vermutlich das einzig Positive an dieser Situation, zu sehen, wie viel Unterstützung dem Zoo entgegenkommt, sei es durch Spenden oder durch aufmunternde Worte.
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Mut zur Zukunft: Erfolgsgeschichten aus der Region
Mit langsamen und vorsichtigen Schritten nimmt das öffentliche Leben wieder Fahrt auf. Damit das so weitergeht, ist es weiterhin geboten, auf sich und andere aufzupassen – durch Distanzhalten, Händewaschen und das Tragen von Masken. Genauso wichtig sind aber Einfallsreichtum, Optimismus, Solidarität und Treue. Wie Ideen in die Tat umgesetzt werden und wie man mit positiven Gedanken an neue Projekte herangeht, zeigen wir in unseren Erfolgsgeschichten aus der Region. Beschrieben werden Menschen, Unternehmen und Institutionen, die trotz Krisenzeiten den Mut nicht verloren haben und die mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln um eine gute Zukunft kämpfen.
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