Berin/Herford

Initiative will Linksruck in der SPD verhindern - Herfords Bürgermeister ist dabei

Der frühere SPD-Landeschef Michael Groschek sammelt unter dem Namen "Die wahre SPD" einflussreiche Genossen um sich.

Herfords Bürgermeister Tim Kähler | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Lothar Schmalen
09.06.2019 | 10.06.2019, 18:36

Düsseldorf. In der SPD formiert sich offenbar Widerstand gegen einen Linksruck in der Partei. Getrieben wird er von einer Gruppe einflussreicher Sozialdemokraten aus dem NRW-Landesverband der Partei, darunter der frühere nordrhein-westfälischen SPD-Landeschef und Ex-NRW-Verkehrsminister Michael Groschek. Als Ideengeber gilt der frühere Oberhausener SPD-Chef Hartmut Schmidt. Inzwischen nennt sich die Initiative „Die wahre SPD". Mit dabei ist auch Herfords Bürgermeister Tim Kähler.

Mehrere Bundestagsabgeordnete haben sich angeschlossen

„Uns eint der Wille zu verhindern, dass auf dem nächsten Bundesparteitag nur über Linksaußen gestürmt wird", sagt Groschek. Die Initiative sei der Überzeugung, dass weder eine Linkswende noch eine Oppositionssehnsucht die Sozialdemokraten aus der Krise führen werde. „Die SPD muss sich darauf besinnen, dass sie die Volkspartei der linken Mitte ist", so Groschek.

Nach Angaben von Schmidt haben sich mehrere Bürgermeister, Geschäftsführer, ehemalige Wirtschaftsminister und Bundestagsabgeordnete angeschlossen. Neben Herfords Bürgermeister Kähler nannte er den Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach, den Dinslakener Bürgermeister Michael Heidinger, den früheren SPD-Landeschef Hartmut Schartau, den früheren NRW-Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold, den Oberhausener Bundestagsabgeordneten Dirk Vöpel und Gunther Adler.

Konferenz im September

Adler war von 2012 bis 2014 Staatssekretär in Groscheks NRW-Verkehrsministerium, dann Staatssekretär in verschiedenen Bundesministerien (zuletzt in Seehofers Innenministerium) und ist jetzt einer der Chef der neuen Autobahn GmbH des Bundes.

Im September wolle die Initiative eine Konferenz veranstalten, um Anregungen für den Bundesparteitag zu formulieren. Nach Pfingsten werde „Die wahre SPD" mehr öffentlich kommunizieren, sagt Tim Kähler. Die SPD sei keine Partei der Verstaatlichung, sondern eine Partei der Arbeit, sagt Kähler in Anspielung auf die von Juso-Chef Kevin Kühnert angestoßene Diskussion. Die Sozialdemokraten hätten immer auf Ökonomie und Wachstum gesetzt. Nur so könnten die Herausforderungen der Klimakrise und die Digitalisierung bewältigt werden. Initiator Schmidt formuliert es so: „Die Wirtschaftskompetenz gehört zum Markenkern der SPD."

Austausch der SPD-Spitze gefordert

Tim Kähler unterstreicht, dass bei den Personaldiskussionen in der SPD diejenigen in den Blick genommen werden sollten, „die schon einmal gezeigt haben, dass sie Politik können, und Wahlen gewonnen haben." Dazu gehörten erfolgreiche Kommunalpolitiker ebenso wie erfolgreiche Ministerpräsidenten.

Eine der Initialzündungen für den Zusammenschluss von Pragmatikern in der SPD könnte eine nichtöffentliche Sitzung der SPD-Gruppe von Kommunalpolitikern am vergangenen Dienstag auf dem Städtetag in Dortmund gewesen sein. In einer zweistündigen Debatte über den Zustand der SPD haben dort bereits viele Kommunalpolitiker gefordert, die SPD-Spitze müsse komplett ausgetauscht und an ihre Stelle erfolgreiche Politiker der Landes- und Kommunalebene treten.

Hartmann: Regionalkonferenzen sind eine Möglichkeit

Auch der SPD-Landesverband NRW versucht, sich in der Debatte um die Zukunft der SPD zu sortieren. Erst tagt Freitagabend der Landesvorstand, dann kommen am Samstagvormittag in Oberhausen Bundes- und Landtagsabgeordnete, Unterbezirksvorsitzende und Oberbürgermeister der SPD in NRW zusammen.

Das erste Ergebnis: In einem vom Landesvorstand einstimmig bei zwei Enthaltungen beschlossenen Brief an die drei kommissarischen Bundesvorsitzenden der SPD, Malu Dreyer, Thorsten Schäfer-Gümbel und Manuela Schwesig, fordert die NRW-SPD bei den bevorstehenden Personalentscheidungen eine frühzeitige Einbeziehung der Mitglieder. „Wir können uns Regionalkonferenzen mit einer anschließenden Mitgliederbefragung gut vorstellen", erläutert SPD-Landeschef Sebastian Hartmann anschließend im Gespräch mit der Neuen Westfälischen.

Skepsis in Bezug auf Doppelspitze

Eher skeptisch steht der mitgliederstärkste Landesverband der SPD einer Doppelspitze gegenüber. Dafür müssten erst einmal geeignete Kandidaten bereitstehen, sagt Hartmann. Es gebe viele Doppelspitzen, die nicht funktioniert hätten, ergänzt er und verweist auf frühere Beispiele bei den Grünen sowie die Linke. „Nur weil die Doppelspitze mit Habeck und Baerbock bei den Grünen gerade ausnahmsweise einmal gut funktioniert, muss die SPD sie nicht gleich einführen", meint Hartmann.

In dem Brief an das Spitzen-Trio spricht sich die NRW-SPD gegen eine Vorverlegung des für Dezember geplanten Bundesparteitags. „Wir brauchen Zeit zur inhaltlichen Beratung", heißt es in dem Brief, der dieser Zeitung vorliegt. Die Evaluierung der Großen Koalition soll demnach erst im Dezember erfolgen.