
Bielefeld. Er bestimmt zunehmend das Bild in Vorgärten: Kies. In Metallkörben als Heckenersatz oder gleich als ganzes Beet. Modern sei das, sagen die einen. Pflegeleicht, die anderen. Städte und Kreise in NRW sehen aber zunehmend ein Problem: eines mit der Umwelt.
Denn überall wo Steine die Vorgärten versiegeln, finden Tier und Natur keinen Lebensraum mehr. Es entstehen Hitzeinseln in Wohngebieten, Luftqualität und Artenvielfalt leiden. Was vermeintlich Gartenarbeit ersparen soll - wobei mit Plastikfolien ausgelegte Steinbeete schnell zu Überschwemmungen führen - bezeichnen Landschaftsgärtner und kommunale Mitarbeiter als "eine grauenvolle Entwicklung" und "Natur-Entfremdung".
Erste Städte und Kreise überlegen nun, ob und wie sie Hausbesitzer zur Begrünung verpflichten können. Doch geht das überhaupt? Und wenn ja, wie? Und wie gehen andere Städte in NRW mit der Angelegenheit um? Ein Überblick:
Wo stehen die Stein-Vorgärten schon auf der politischen Agenda?
In Ostwestfalen geht es im Kreis Gütersloh aktuell am höchsten her. In Halle soll in einem Neubaugebiet "lebensfeindliche Umgebung" zukünftig untersagt werden. Man will Anwohner aber auch informieren und nicht nur die Verbotskeule schwingen. In Steinhagen wurden die "Vorgärten des Grauens" am Donnerstag im Bauausschuss diskutiert, ein Baumschulbesitzer hatte den Antrag gestellt, Steingärten zu verbieten.
In Paderborn gibt es aktuell keine Bestrebungen, stärker gegen Steingärten vorzugehen, sagt Pressesprecher Jens Reinhardt auf Anfrage. Das liegt aber auch daran, dass die Bebauungspläne bereits geändert sind. Auch für Herford gilt das. Hier allerdings sind "wasserundurchlässige Vliese" und größere Schotterflächen bereits unzulässig, erklärt Christiane Manthey, Biologin im Dienst der städtischen Stadtplanung. Und: Spätestens ein Jahr nach Bezug müssen nicht bebaute Flächen begrünt werden.
Doch auch in anderen Städten in NRW greifen Kommunen durch. In Neubausiedlungen in Xanten oder Dortmund sind Schotter, Split oder Kies schon verboten. Zusätzlich wird die Begrünung von Flachdächern Pflicht, auch bei Umbauten an bestehenden Gebäuden, berichten die Ruhr Nachrichten.
Sind Stein-Vorgärten wirklich pflegeleichter?
Von Landschaftsgärtnern, und die sollten es ja wissen, bekommt man hierzu eine klare Antwort: Auf lange Sicht ganz bestimmt nicht. Wo man anfangs vielleicht kein Unkraut jäten muss, finden in liegengebliebenem Laub Pflanzensamen irgendwann doch einen geeigneten Nährboden, erklärt der Salzufler Landschaftsgärtner Philippe Le Corre. Oft bahnt sich nach Jahren auch das Unkraut einen Weg durch die Plastikböden der Beete - und effektives Jäten in der Steinwüste ist quasi unmöglich.
Im Kampf gegen das Unkraut griffen viele zu Unkrautvernichtungsmitteln, sagt Ulrich Kaminsky, Chef des Umweltzentrums Heerser Mühle in Bad Salzuflen. "Doch der Einsatz von Pestiziden ist absolut verboten und strafbar." Er fordert eine Öko-Gebühr für versiegelte Flächen ähnlich der sogenannten Niederschlagswassergebühr, die auf Abwasser erhoben wird, das von versiegelten Flächen in die Kanalisation gelangt.
Richtig angelegt können Steingärten aber auch Lebensraum für Flora und Fauna sein, wie ein Experte vom Naturschutzbund auf der Landesgartenschau in Bad Lippspringe 2017 bewies. Dennoch sehen viele Experten in versteinerten Vorgärten einen der Gründe für zunehmendes Insektensterben.
Dürfen Kommunen und Landbesitzer Steinvorgärten verbieten?
Hausbesitzer aus der Region finden mögliche Eingriffe in ihre Vorgärten herzlich unlustig. "Das bleibt meine Sache" - so oder so ähnlich klingen viele Zuschriften, die die Redaktion erreicht haben.
Was ist also baurechtlich erlaubt? Da gehen die Positionen durchaus auseinander. In Bebauungsplänen für Neubaugebiete in Paderborn gebe es bereits Auflagen, die die Begrünung in den Vordergrund stellen, sogenannte Pflanzgebote, berichtet Jens Reinhardt. Ein Baum muss vorkommen, versiegelte Flächen sollen vermieden werden. In Herford sind wasserundurchlässige Schotterbeete hingegen bereits verboten.
Ein generelles Verbot gibt es in Paderborn und auch in Bielefeld bisher nicht. Es werde im Einzelfall entschieden, teilen Bielefelds Umwelt- und Bauamt gemeinsam mit. "Wenn es keine Regelungen gibt, entscheiden sich Grundstücksbesitzer immer häufiger gegen einen grünen Vorgarten." Deshalb besteht das Umweltamt auch zunehmend darauf, in Bebauungsplänen die Begrünung zu regeln.
Allerdings, und das dürfte vielerorts das Problem sein, müsste stärker kontrolliert werden, ob Bauherren sich auch an die Auflagen halten. Das ist Reinhardt zufolge nicht überall der Fall. Er sagt grundsätzlich: "Was die Leute auf ihrem Privatgrund machen, da ist unser Einfluss endlich." Beim Gebäudebestand gelten ohnehin die früheren Bebauungspläne. Und da fehlen Verbote noch.