Kerpen

Veranstalter: 50.000 Demo-Teilnehmer am Hambacher Forst

Gerichtsentscheidung gibt den Teilnehmern der Kundgebung Rückenwind

Demonstranten am Hambacher Forst. | © Reuters

06.10.2018 | 06.10.2018, 19:45
Ein Demonstrant auf zwei Rädern "Kohleausstieg jetzt!". - © Reuters
Ein Demonstrant auf zwei Rädern "Kohleausstieg jetzt!". | © Reuters

Kerpen (dpa). Einen Tag nach dem gerichtlich verfügten Rodungsstopp haben am Hambacher Forst bei Köln mehrere tausend Menschen für den Erhalt des Waldes und den Kohleausstieg demonstriert. Unter wolkenlosem Himmel herrschte entspannte Festivalatmosphäre, die Polizei zeigte anders als in den vergangenen Wochen nur zurückhaltend Präsenz. Die Kundgebung sei friedlich verlaufen, sagte eine Polizeisprecherin.

„Hier sind wirklich Tausende unterwegs, die noch einmal ein deutliches Zeichen setzen wollen", sagte Greenpeace-Chef Martin Kaiser. Die Veranstalter sprachen am Nachmittag von 50.000 Teilnehmern.

Aktivistengruppe bestreitet den Bau neuer Baumhäuser

Viele Teilnehmer liefen am Nachmittag auch in den Wald, was nach dem Ende der Räumungsarbeiten der Polizei nicht länger verboten ist. Allerdings dürften keine neuen Baumhäuser gebaut werden, sagte die Polizeisprecherin. Dagegen rief die Aktivistengruppe „Ende Gelände"  zum Bau neuer Baumhäuser im Hambacher Forst auf.

Die Demonstration war von der Polizei zunächst wegen Sicherheitsbedenken verboten worden. Das Verwaltungsgericht Aachen hob das Verbot jedoch auf. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte am Freitag einen vorläufigen Rodungsstopp für den Hambacher Forst verfügt. Der Energiekonzern RWE wollte in den kommenden Monaten mehr als die Hälfte des verbliebenen alten Waldes fällen, um dort Braunkohle abbauen zu können.

"Raus aus Kohle, Öl und Gas"

Bei der Demo gehe es aber um viel mehr, sagte Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands. „Es geht um die Frage, ob wir die ökologische Selbstvernichtung der Menschheit verhindern können oder nicht. Wir wollen nicht nur den Kohleausstieg, sondern auch raus aus Öl und Gas." Es dürfe nicht sein, dass in ein paar Jahrzehnten gesagt werde: „Wir wussten, dass der Mensch den Klimawandel verursacht, aber wir haben nicht gehandelt."

Die Gerichtsentscheidung vom Freitag sei „Rückenwind für die Arbeit in der Kohlekommission", sagte Greenpeace-Chef Kaiser, der selbst Mitglied der Kohlekommission ist. „Wir haben in den letzten Wochen und Monaten einen friedlichen und bürgerlichen Protest gesehen, der immer, immer größer wurde." Dies habe einerseits an den Provokationen von RWE gelegen, aber auch am Verhalten der Politik. Die NRW-Landesregierung habe den Konflikt „eigentlich noch geschürt, anstatt ihn zu moderieren und eine tragfähige Lösung zu finden".

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Veranstalter: 50.000 Demo-Teilnehmer am Hambacher Forst


An der Demonstration am Saum des Hambacher Forstes beteiligten sich am Samstag auch Bauern aus dem Rheinischen Tagebaurevier. Sie fuhren mit ihren Traktoren laut hupend und unter Beifall von Demonstranten an dem Protest-Gelände vorbei. „Energiewende! Stoppt Braunkohle" stand auf Plakaten oder „Bauern gegen Kohle".

INFORMATION


  • Der Hambacher Forst ist ein Wald im Kreis Düren in Nordrhein-Westfalen, von dem nur noch ein kleiner Teil erhalten ist. Ursprünglich erstreckte sich der sogenannte Bürgewald zwischen Köln und Aachen auf mehr als 4.000 Hektar. Die noch erhaltenen rund 200 Hektar Waldfläche liegen im Einzugsbereich der Ortschaften Morschenich und Manheim, die dem Braunkohletagebau weichen müssen. Das Waldstück gilt als Symbol des Widerstands gegen den Kohle-Abbau.
  • Die Bezeichnung Hambacher Forst wurde ursprünglich nur für das unmittelbar an den Ort Hambach angrenzende Teilstück des Waldgebietes verwendet. Es war das erste Waldstück, das für den Tagebau Hambach gerodet und dann zum Namensgeber der noch bestehenden Waldfläche wurde.
  • Nach der Genehmigung des Hauptbetriebsplans bis 2020 wollte die RWE Power AG eigentlich ab dem 14. Oktober weitere Teile des Hambacher Forsts für den Tagebau roden. Die verbliebenen 200 Hektar Waldfläche sollten bis auf weniger als 100 Hektar abgeholzt werden. Das Oberverwaltungsgericht Münster verhängte jedoch am Freitag einen Rodungsstopp, bis über eine Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) NRW gegen den Hauptbetriebsplan entschieden ist.
  • Insgesamt umfasst der Tagebau Hambach ein 85 Quadratkilometer großes Abbaufeld. Bis 2040 plant RWE dort den Abbau von insgesamt 2,4 Milliarden Tonnen Braunkohle. (epd)