Wahl 2027

Nach Linnemann-Vorstoß: Welche Frau Bundespräsidentin werden könnte

Wenn es um die Nachfolge von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geht, hört man viel Einigkeit aus CDU, CSU und SPD: Eine Frau soll es werden. Schon jetzt gibt Spekulationen, wer 2027 ins Schloss Bellevue einziehen könnte.

Julia Klöckner (CDU) ist die neue Bundestagspräsidentin. Sie wird auch für den Job als Bundespräsidentin gehandelt. | © Michael Kappeler/dpa

26.05.2025 | 26.05.2025, 19:10

Bei CDU, CSU und SPD haben sich bereits viele Politikerinnen und Politiker zu Wort gemeldet, dass eine Frau Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue nachfolgen soll. Zuletzt sagte das CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann mehrfach am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Miosga“. Wie belastbar ist der Vorstoß? Ein Überblick über den Stand der Dinge.

Wann ist die nächste Wahl des Bundespräsidenten und wie wird gewählt?

Der Bundespräsident ist laut Grundgesetz das Staatsoberhaupt. Die Rolle sieht vor allem repräsentative Aufgaben vor – aber nicht allein. Auch Bundesgesetze werden erst durch seine Unterschrift wirksam und er besitzt „Reservevollmachten“ für Krisen. Gewählt wird er von der Bundesversammlung, die sich allein dafür zusammensetzt aus allen Mitgliedern des Bundestages sowie einer gleich hohen Zahl von Ländervertretern. Ins Amt wird man für fünf Jahre gewählt, nur eine Wiederwahl ist erlaubt. Steinmeier ist seit 2017 der 12. Bundespräsident, seine zweite Amtszeit endet Anfang 2027.

Welche Frauen haben bisher in der Bundesversammlung kandidiert?

Bisher stellten nur FDP, CDU und SPD Bundespräsidenten, dazu kam der parteilose Joachim Gauck. Unter den Nominierten der anderen Parteien waren aber Frauen: Die SPD schlug 1979 Annemarie Renger vor, zuvor die erste Bundestagspräsidentin. 2004 und 2009 stellte die SPD die Präsidentin der Europa-Universität Viadrina, Gesine Schwan, auf. Die Linke, zuvor PDS, nominierte 1999 die Theologin Uta Ranke-Heinemann, 2010 Ex-TV-Journalistin Luc Jochimsen und 2012 „Nazijägerin“ Beate Klarsfeld. Die CDU hatte 1999 die Physikerin Dagmar Schipanski aufgestellt, zudem wurden in der Ära Merkel als mögliche Unionskandidatinnen etwa Ursula von der Leyen und die DDR-Bürgerrechtlerin Marianne Birthler gehandelt. Letztere gab Merkel 2016 einen Korb, sodass die Union dem SPD-Vorschlag Steinmeier zustimmte.

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In der Ära Merkel wurde Ursula von der Leyen als Kandidatin gehandelt. - © Philipp von Ditfurth/dpa
In der Ära Merkel wurde Ursula von der Leyen als Kandidatin gehandelt. | © Philipp von Ditfurth/dpa

Welche Mehrheiten zeichnen sich in der nächsten Bundesversammlung ab?

Stand jetzt wird das nächste Staatsoberhaupt im Frühjahr 2027 von 1260 Wahlleuten gewählt. Die meisten davon werden Union, AfD, SPD, Linke und Grüne stellen. Bis dahin werden allerdings die Parlamente von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin neu gewählt. Dadurch lassen sich die Mehrheiten schwer abschätzen. Im Moment zeichnet sich ab, dass die Union die meisten Stimmen hat, mit etwas Abstand gefolgt von zuerst SPD, dann AfD. Dahinter dürften die Grünen mit etwa einem Sechstel der Wahlleute liegen und noch einmal deutlich kleiner die Linke. Nur Mini-Kontingente entfallen auf FDP, Freie Wähler und BSW. Offen ist, ob Schwarz-Rot eine eigene Mehrheit hat oder auch um Stimmen etwa der Grünen werben muss. In den ersten beiden Wahlgängen ist eine absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich, im dritten oder in weiteren Wahlgängen reicht die relative Mehrheit.

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Kann die Union auf jeden Fall bestimmen, wer Bundespräsident wird?

Einen aus dem Grundgesetz abgeleiteten Anspruch gibt es dafür nicht. Als Koalitionspartner und mit ihrer aktuellen Mehrheit in der Bundesversammlung machen Union und SPD wohl gemeinsam einen Vorschlag. Vor dem Hintergrund, dass mit Steinmeier bis 2027 ein Sozialdemokrat (während der Amtszeit ruht die Parteimitgliedschaft) in Bellevue sitzt, macht sich die SPD keine Hoffnungen, erneut das Amt besetzen zu können. Findet die Union eine Kandidatin, die bei der SPD auf Akzeptanz stößt, stehen die Chancen für eine Christdemokratin oder Christsoziale als erste Frau im höchsten Staatsamt gut.

Wenn die Union eine Kandidatin aufstellt, wer könnte es sein?

Ilse Aigner: In Berlin wird geraunt, es gebe eine Nebenabrede zum Koalitionsvertrag, wonach innerhalb der Union die CSU das Vorschlagsrecht haben soll. Eine ernsthafte Bestätigung ist dafür bisher nicht zu bekommen. Sollte die CSU den Erstzugriff haben, gilt Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner als mögliche Kandidatin. Aigner war zuvor Bundeslandwirtschaftsministerin und Wirtschaftsministerin in Bayern. Der Politikstil der 60-jährigen gelernten Hubschrauber-Technikerin ist eher zupackend pragmatisch.

Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags, könnte als CSU-Kandidatin infrage kommen. - © Sven Hoppe/dpa
Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags, könnte als CSU-Kandidatin infrage kommen. | © Sven Hoppe/dpa

Karin Prien: Die CDU-Politikerin vom liberalen Flügel ist gerade von der Landes- zur Bundesbildungs- und Familienministerin aufgestiegen. Ihr Name fällt, wenn die Union über eine Frau für Bellevue diskutiert. Die 59-jährige Juristin ist eloquent, thematisch vielseitig, gilt als parkettsicher.

Im Kabinett Merz wurde Karin Prien (CDU) Bundesfamilienministerin. - © Bernd von Jutrczenka/dpa
Im Kabinett Merz wurde Karin Prien (CDU) Bundesfamilienministerin. | © Bernd von Jutrczenka/dpa

Julia Klöckner: Die Bundestagspräsidentin gilt auch als Option für das höchste Staatsamt. Die frühere Landwirtschaftsministerin zählt zum konservativen Flügel der CDU – sodass es gegen sie Widerstand aus der SPD geben könnte.

Beim DFB-Pokalfinale war Klöckner (r.) mit dem amtierenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (l.) zu sehen. - © Tom Weller/dpa
Beim DFB-Pokalfinale war Klöckner (r.) mit dem amtierenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (l.) zu sehen. | © Tom Weller/dpa

Annegret Kramp-Karrenbauer: Auch an die als CDU-Chefin gescheiterte Saarländerin wird erinnert, wenn es um das nächste Staatsoberhaupt geht. Die frühere Verteidigungsministerin hat sich aus der aktiven Politik zurückgezogen. Von ihrer kurzen Zeit als Parteivorsitzende bleibt, dass sie die Partei nach Angela Merkel wieder mit der CSU ausgesöhnt hat. Sie gilt als kluge Brückenbauerin.