„Schweinerei“

Merz soll wegen Wüst-Artikel an Rücktritt gedacht haben

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst soll seinen Parteichef Friedrich Merz mit einem Gastbeitrag massiv verärgert haben. Er habe im Sommer 2023 sogar hinwerfen wollen, heißt es in einem neuen Medienbericht.

Angespanntes Verhältnis: CDU-Chef Friedrich Merz (l.) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. | © Christoph Soeder

Luis Reiß
03.05.2024 | 03.05.2024, 18:24

Bielefeld. „Das Herz der CDU schlägt in der Mitte“: So lautete die Überschrift eines Gastbeitrags von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im Juni 2023 über den Kurs seiner Partei. Veröffentlicht wurde er unmittelbar vor einem Parteitag – und löste offenbar in der CDU-Spitze eine größere Krise aus als bisher bekannt. So berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, dass Friedrich Merz damals intern sogar von Rücktritt gesprochen habe.

In dem Gastbeitrag, der bundesweit Beachtung fand, hatte Wüst seine Partei vor zu viel Populismus gewarnt und für einen gemäßigteren Kurs plädiert. „Wer nur die billigen Punkte macht, der legt die Axt an die eigenen Wurzeln und stürzt sich selbst ins Chaos“, schrieb er. Das wurde allgemein auch als Spitze gegen den eigenen Parteichef gewertet, der in den Monaten zuvor immer wieder mit provokanten Aussagen aufgefallen war.

Merz’ Reaktion: „Ich werf hin’. Ich habe die Schnauze voll. Sollen sie ihren Scheiß doch alleine machen“, wird er in dem Bericht unter Berufung auf Quellen in seinem Umfeld zitiert. Er sei stundenlang außer sich gewesen. In einer Sitzung des Bundesvorstands der Partei habe er sagen wollen, „dass Wüst das machen soll. Soll er doch morgen die Rede halten. Das ist eine Schweinerei.“

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Bericht: Schäuble muss Merz beruhigen

Ähnlich habe er sich auch über Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther aufgeregt. Sowohl Wüst als auch Günther gelten immer wieder als Widersacher des Parteichefs im Rennen um die Kanzlerkandidatur 2025. Erst ein Gespräch mit dem inzwischen verstorbenen CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble habe Merz damals wieder beruhigen können.

Der Richtungsstreit ist unterdessen noch nicht ausgestanden. Wieder steht in diesen Tagen ein Parteitag der CDU bevor – und diesmal ist es Günther, der sich in der „FAZ“ streitbar zu Wort gemeldet hat. Er warb dort für mehr Offenheit für Kooperationen mit der Linkspartei. Auf Bundesebene empfahl er zudem eine Koalition von CDU und Grünen nach der nächsten Wahl. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verwies unmittelbar auf den Unvereinbarkeitsbeschluss zur Zusammenarbeit mit den Linken – schloss Gespräche mit den Grünen aber nicht aus. Parteichef Merz äußerte sich, zumindest öffentlich, zunächst nicht.