
Berlin. Auf dem kommenden Parteitag der CDU dürften sich die Kaffeetassen türmen. Wenn die Delegierten im Mai in Berlin zusammenkommen, müssen sie sich auf viele Tagesordnungspunkte gefasst machen. Nicht nur das neue 74-seitige Grundsatzprogramm, bei dem die Parteiführung mit bis zu 1.000 Änderungsanträgen rechnet, soll beschlossen werden. Auch die Parteigremien werden neu gewählt.
Und hier könnte es zu Kampfkandidaturen kommen, auch wenn die CDU-Führung dies eigentlich vermeiden will. Immerhin stehen nur vier Wochen später Europa- und Kommunalwahlen an, bei denen Geschlossenheit hilfreich ist. Die Landesverbände und Vereinigungen, die auf mehr Einfluss auf den Kurs der Partei pochen, bringen sich nun in Stellung.
Wer wird Chef des CDU-Sozialflügels?
So hatte der Sozialflügel bereits am Wochenende ihren Chef, den NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, für einen Vizeposten der CDU nominiert. Laumann wird im Herbst nicht erneut als CDA-Chef antreten, strebt aber an, von dem CDU-Präsidium in den Rang der Vizechefs aufzusteigen.
Auch der Hessische Landesverband unter Führung des wiedergewählten Ministerpräsidenten Boris Rhein will möglicherweise jemanden für den Posten ins Rennen schicken, wie die „Bild“-Zeitung berichtet: die Chefin des Hessischen CDU-Fraktion, Ines Claus. Die 46-Jährige ist in der CDU beliebt, führt als einzige Frau eine CDU-Landtagsfraktion, und soll sich gut mit Merz verstehen.
Ein Kandidat zu viel?
Eine Bestätigung gibt es dafür bislang nicht: „Frau Claus äußert sich nicht dazu“, heißt es in der Wiesbadener Parteizentrale. Nach dem CDU-Wahlsieg bei der Landtagswahl war man parteiintern aber bereits davon ausgegangen, dass die hessischen Christdemokraten erneut einen Vizeposten für sich beanspruchen. Bei den vergangenen Wahlen hatten sie verzichtet, um Platz für Andreas Jung aus Baden-Württemberg zu machen.
Sollten Laumann und Claus antreten, gibt es einen Kandidaten zu viel für das Präsidium, da durch den Aufstieg von Carsten Linnemann (früher Vize, heute Generalsekretär) nur ein Posten frei wird. Führende CDU-Politiker zeigen sich hinter vorgehaltener Hand zuversichtlich, dass dies noch aufgelöst werden könne. Ins Spiel wird auch eine Satzungsänderung gebracht, damit statt fünf nun sechs Stellvertreter möglich sind. Das Adenauerhaus winkt derzeit allerdings ab.
So ist die Lage der ostdeutschen CDU
Auch die Landesverbände im Osten fordern mehr Repräsentanz, und haben sich auf einen Kandidaten für das Präsidium geeinigt: Sie wollen den Thüringer CDU-Chef Mario Voigt ins Rennen schicken, der als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im Herbst etwas Stärkung gut brauchen könnte. Er könnte den Posten von Laumann übernehmen, wenn dieser Vizechef werden sollte. In der CDU ist die Voigt-Personalie aber umstritten. „Das ist risikoreich“, warnt ein CDU-Bundestagsabgeordneter. Die Befürchtung ist groß, dass es im Thüringer Landesverband doch CDU-Leute gibt, die nach der Landtagswahl mit der AfD zusammenarbeiten wollen.
Kritisch gesehen wird in der CDU auch die Stärke des NRW-Landesverbandes in den Gremien. Mit Merz und Linnemann besetzt der Landesverband bereits die wichtigsten Parteipositionen. Zudem kommen neben Laumann noch weitere Vertreter aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland hinzu: NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach sowie Unionsfraktionsvize und früherer Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Spahn wolle laut einer Quelle erneut kandidieren.
Was ist mit der Kanzler-Frage?
Eine zentrale Personalfrage soll auf dem Parteitag hingegen nicht geklärt werden: die K-Frage. „Ich neige dazu vorzuschlagen, die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur nach den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland zu treffen“, sagte Merz kürzlich der FAZ. „Sonst werden diese Wahlen zu sehr zu einer vorgezogenen Bundestagswahl.“ Die Landtagswahlen finden am 1. September und am 22. September statt.
Schon CSU-Chef Markus Söder, mit dem Merz diese Frage in erster Linie entscheiden will, hatte diesen Zeitplan gefordert. Die Landesverbände im Osten schlossen sich dem an: Zoff um die Kanzlerkandidatur soll ihnen nicht den Wahlkampf verhageln.