Marschflugkörper für die Ukraine? Debatte in der SPD

Wenn der Regen nicht gewesen wäre, hätte der Termin von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) fast etwas Gemächliches gehabt. Beim Besuch der Bundeswehr-Gebirgsjäger im bayerischen Bad Reichenhall trotteten auch deren Last-Maultiere am Minister vorbei. Aber eben: der Regen. Und außerdem die Frage nach den deutschen Soldaten im Niger nach dem Militärputsch – und nach der Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine. Die Soldaten in Afrika seien sicher, verkündete Pistorius. Dem Drängen der Ukraine nach dem neuen Waffensystem des Typs Taurus, die mit einer Reichweite von über 300 Kilometer auch russische Stellungen weit hinter der Frontlinie erreichen könnten, gab er nicht nach. &bdquo;Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass das jetzt gerade nicht unsere vorrangigste Priorität hat“, sagte er und verwies auf die USA, die diesen Waffentyp schließlich auch nicht liefere. Das war am vergangenen Donnerstag. Am Wochenende gesellte sich nun ein SPD-Bundestagsabgeordneter zur Gruppe der Verteidigungsexperten aus FDP, Grünen und Union, die die Lieferung forderten. &bdquo;Die Gegenoffensive stockt, eine nennenswerte Luftwaffe zur Unterstützung hat die Ukraine nicht. Da bleiben nur Lenkwaffen wie Taurus-Marschflugkörper, mit denen die ukrainische Armee die von den Russen angelegten Minenfelder überwinden und Territorium zurückerobern könnte“, sagte der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz dem &bdquo;Spiegel“. Er sprach von einem Déjà-Vu: &bdquo;Wie schon in der Panzerfrage lehnen wir jetzt die Abgabe von wichtigem Gerät ab, das am Ende wohl doch geliefert werden wird.“ "Es gibt keine Trendwende" Eine persönliche Meinung von Schwarz sei dies, heißt es dazu in der SPD. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Nils Schmid, präzisiert auf Anfrage dieser Redaktion: &bdquo;Es gibt keine Trendwende in der SPD-Fraktion. Wir unterstützen das Vorgehen von Minister Pistorius. Das bedeutet: Es gibt keine roten Linien, aber wir handeln in enger Abstimmung mit den USA. Und die USA liefert bisher keine Marschflugkörper.“ Das Problem sei unter anderem die Ausbildung. &bdquo;Es wäre nicht möglich, unsere Spezialisten zur Zielerfassung mitzuschicken, da wir eine direkte Beteiligung an dem Krieg ausschließen“, sagt Schmid. &bdquo;Wichtig bleibt außerdem, das Risiko einer Eskalation zu minimieren. Deutsche Waffen dürfen zudem nicht auf russischem Gebiet eingesetzt werden. An entsprechende Vereinbarungen hat sich die Ukraine bisher gehalten.“ Gegen die Marschflugkörper wird das Bedenken vorgebracht, dass sie auch russisches Territorium erreichen könnten. Beim grünen Koalitionspartner stieß die SPD-Position auf Kritik: Die Debatte sei irritierend, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sara Nanni, dieser Redaktion. &bdquo;Alles, was wir selbst zur Verteidigung nutzen würden, sollte doch auch als Lieferung für die Ukraine in Frage kommen.“ Es sei unverständlich, dass diskutiert werde, ob die Abgabe von Marschflugkörpern politisch gewollt sei. &bdquo;Wenn es technisch möglich ist und wir sie aktuell nicht selber brauchen, sollten wir es möglich machen.“

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