Abzug aus der Ukraine: Sind Russlands brutale Wagner-Söldner wirklich weg?

Nach der Annexion der Krim 2014 kämpften Wagner-Söldner verdeckt im Donbass, später wurden sie zu Russlands Aushängeschild für den brutalen Kampf um die symbolträchtige Stadt Bachmut. Nach einer monatelangen Schlacht, Tausenden Toten und Verwundeten auf beiden Seiten, verkündete Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin im Mai schließlich die Eroberung der nur aus Häuserruinen bestehenden Geisterstadt. Anschließend wollte sich Wagner offiziell bis August vollständig aus der Ukraine zurückziehen, doch daran gibt es Zweifel. Kremlchef Wladimir Putin hatte die Kämpfer aufgefordert, einen Zeitvertrag mit dem russischen Verteidigungsministerium zu unterzeichnen. Wie viele der Wagner-Söldner auf das Angebot eingingen, ist unklar. Doch selbst Prigoschin räumte ein, dass einige seiner Männer nun für die russische Armee kämpfen, der Großteil sei ihm aber nach Belarus gefolgt. &bdquo;Die große Kampftruppe, wie wir sie in der Ukraine kannten, nimmt jedoch nicht mehr am Krieg teil“, sagt Wagner-Expertin Karen Larsen vom Danish Institute for International Studies (DIIS) dieser Redaktion. Putin hatte der russischen Zeitung &bdquo;Kommersant“ gesagt, er beabsichtige nicht, die Wagner-Gruppe zu zerschlagen, sondern möchte sie als geschlossene Einheit weiterhin in der Ukraine kämpfen lassen. Ob diese Pläne tatsächlich umgesetzt werden, ist nicht bekannt, sagt Larsen. Der Einsatz von Wagner sei aber weiterhin möglich, sagt sie. &bdquo;Inoffizielle Operationen in Russlands Krieg gegen die Ukraine, sowohl jetzt als auch in Zukunft, können weiterhin von der Wagner-Gruppe durchgeführt werden, auch wenn sie sich offiziell zurückgezogen und nach Weißrussland verlagert hat.“ Expertin: "Blutzoll war extrem hoch" Laut Russland-Expertin Sarah Pagung von der Körber Stiftung haben sich die einstigen Wagner-Kämpfer dem russischen Militär angeschlossen, sind mit Prigoschin nach Belarus gegangen oder hätten ihren Dienst beendet. &bdquo;Ich halte das für ein anhaltende und plausible Entwicklung, da Wagner und Prigoschin als politische Machtfaktoren beseitigt werden sollen“, sagt sie dieser Redaktion. Russischer Söldner anderer Organisationen könnten aber nachrücken. &bdquo;Es ist möglich, dass wir andere Organisationen dieser Art in der Ukraine sehen werden.“ Prigoschin selbst hatte sich immer häufiger kritisch über die russische Kriegsführung in der Ukraine geäußert und auf mangelnde Erfolge hingewiesen. &bdquo;Was haben wir denn erreicht?“, stellte er in dem Video die rhetorische Frage und fuhr fort: &bdquo;Wir haben die Ukraine zur bekanntesten Nation der Erde gemacht.“ Beobachter wie die dänische Wissenschaftlerin Larsen werten &bdquo;einen Teil der Wagner-Operationen als militärischen Erfolg für den Kreml“. Sie verweist darauf, dass Wagner die Front halten und sogar Territorium gewinnen konnte, als die Streitkräfte der Russischen Föderation auf dem Rückzug war. &bdquo;Aber der Blutzoll war extrem hoch“, sagt Larsen und berichtet von &bdquo;Selbstmordkommandos“, bei denen Kämpfer schlecht ausgerüstet und ohne die nötige Ausbildung an die vorderste Front geworfen wurden. 22.000 Söldner sind nach Angaben von Prigoschin getötet, 40.000 verwundet worden. Dabei habe Wagner laut Larsen gerade einmal über etwa 80.000 Kämpfer verfügt. Mehrere tausend Mitglieder der Söldnergruppe sind nun auf der neuen Wagner-Basis Tsel in Belarus stationiert. Dies berichtete der britische Geheimdienst in seinem täglichen Bericht. &bdquo;Satellitenfotos zeigen, wie seit Mitte Juli 2023 Hunderte Fahrzeuge an der zuvor meist leeren Gebäuden eingetroffen sind.“ 300 Zelte und 200 Fahrzeuge seien identifiziert worden, darunter Lastwagen und Kleinbusse, jedoch nur wenige gepanzerte Fahrzeuge. Nach Angaben des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko sollen die Söldner künftig belarussische Soldaten trainieren. Ein in belarussischen Medien veröffentlichtes Video zeigt angeblich erste gemeinsame Übungen. Zugang zu belarussisches Equipment Schweres Gerät ist im Video und auch auf den Satellitenfotos nicht zu sehen. &bdquo;Sie brauchen auch kein schweres Gerät, wenn Belarus das neue Trainingsgelände der Wagner-Gruppe wird, von wo aus sie Kampfflugzeuge für ihre Einsätze in Afrika bereitstellen“, sagt Larsen dieser Redaktion. Belarus könnte zur Drehscheibe für die Afrika-Flüge werden und in den afrikanischen Einsatzgebieten habe Wagner bereits Material vor Ort. Zudem hält die Expertin es für möglich, dass Wagner Zugang zu belarussischem Equipment erhält. Die Präsenz der Söldner in Belarus hat inzwischen immer mehr Besorgnis bei den Nachbarländern Polen und Litauen ausgelöst. Litauens Präsident Gitanas Nauseda sprach von einer ernsthaften Bedrohung und möglichen Provokationen an der Grenze. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki berichtete von mehr als hundert Söldnern nahe der Suwalki-Lücke, durch dessen Einnahme Russland die Baltenstaaten vom restlichen Nato-Gebiet abschneiden könnte. Expertin Pagung erklärt: &bdquo;Ich halte Wagner-Truppen in Belarus nicht für eine ernsthafte Gefahr für Nato-Staaten, da auch hier die Nato-Beistandsklausel als Abschreckung wirkt.“ Zuletzt hatte Polen angekündigt, weitere Truppen zur Sicherung der Grenzen in den Osten zu verlegen. Große Teile der rund 400 Kilometer langen Grenze werden bereits durch einen fünfeinhalb Meter hohen Metallzaun geschützt. Auch Litauen hat seinen Grenzschutz massiv verstärkt. &bdquo;Russland und Belarus wollen Europa in einem konstanten Zustand des Stresses halten und so langfristig die Unterstützung für die Ukraine untergraben“, warnt Pagung.

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